Landesweit Trauergottesdienste – Wiedervereinigung der Orthodoxen?
Mit Trauergottesdiensten hat die Bevölkerung in der ganzen Ukraine am Sonntag der
mehr als 80 Toten der Straßenschlachten zwischen Polizisten und Demonstranten gedacht.
Das Oberhaupt der von Moskau abgespaltenen orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats,
Filaret, betonte, dass die Menschen ihre Feinde lieben sollten. In einem TV-Interview
sprach er sich aber für eine Bestrafung der Täter aus. Alle müssten sich für ihre
Taten verantworten. Filaret schlug der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats
zugleich eine Wiedervereinigung beider Konfessionen vor. Angesichts der aktuellen
Tragödie wünsche er sich, dass beide Kirchen ihre seit mehr als 20 Jahren andauernde
Teilung überwinden würden. Dieser Schritt würde auch die Bevölkerung einigen.
Im
Zuge der 1991 erlangten Unabhängigkeit des Landes von der Sowjetunion hatte sich ein
großer Teil der orthodoxen Kirche vom Moskauer Patriarchat getrennt und ein Kiewer
Patriarchat gegründet. Damit sollte der Einfluss Moskaus zurückgedrängt werden. Theologische
Unterschiede standen nicht im Vordergrund. Das Schisma löste einen erbitterten Kampf
um Kirchengebäude im ganzen Land aus. Wegen der Kirchenspaltung exkommunizierte ein
russisch-orthodoxes Bischofskonzil den Kiewer Patriarchen Filaret und belegte ihn
zudem mit dem strengsten Kirchenbann, dem Anathema. Zu beiden Kirchen bekennen sich
laut Umfragen ungefähr gleich viele Menschen. Die Kirche des Moskauer Patriarchats
hat allerdings deutlich mehr Pfarreien.