„Eine Reform pro Monat“ verspricht der künftige italienische Ministerpräsident Matteo
Renzi. Der Jungstar von der „Demokratischen Partei“ verdrängte seinen Parteifreund
Enrico Letta aus dem Amt des Regierungschefs; an diesem Montag hat er vom Staatspräsidenten
den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Doch von der italienischen Kirche kommen
einige Renzi-kritische Töne.
Vor allem die entschlossene Art und Weise, mit
der Parteichef Renzi nach der Macht gegriffen hat, missfällt den Machern des „Avvenire“,
der katholischen Tageszeitung, die der Bischofskonferenz gehört. „Renzi sollte sich
im Klaren sein, dass sein Bruch mit dem derzeitigen Rahmen der Politik, wie er sich
aus der Parlamentswahl vor einem Jahr ergab, und mit dem Koalitionsgleichgewicht,
das Letta 2013 geschickt hergestellt hatte, wie eine Fortsetzung der „politica di
palazzo“ mit anderen Mitteln wirkt.“ Das schreibt „Avvenire“-Direktor Marco Tarquinio
in einem Artikel. „Politica di palazzo“ meint ins Deutsche übertragen „Hinterzimmer-Politik“
oder „Kungelei“ – etwas, wogegen der selbsternannte „Verschrotter“ Renzi nach eigener
Darstellung eigentlich angetreten war.
Das sei doch ein „auffallendes Paradox“,
so die Bischofszeitung weiter: Was sich da als „Diskontinuität“ in der Regierungsführung
bezeichne, wirke in Wirklichkeit auf viele als „hässliche und kleinliche Kontinuität
mit den enttäuschenden politischen Riten und Mythen der Vergangenheit“. Immerhin geht
„Avvenire“ nicht so weit, Renzi – wie viele das tun – den „jungen Silvio“ zu nennen,
also eine frischere Ausgabe des früheren rechten Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.
Nur wenn „Italiens Tony Blair“ (so ein weiterer Vergleich, den man in diesen Tagen
öfters hört) jetzt einen „fulminanten Start“ hinlege, die „Trümmer“ beiseite räume
und namentlich „konkrete und effiziente Maßnahmen für die Familien“ ergreife, könne
Renzi die unschönen Umstände seines Weges an die Macht vergessen machen.
Auch
die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ kritisiert die Art und Weise, in der Renzi
Letta beiseitegeschoben hat. Die Regierung Renzi sei, wenn sie denn zustandekomme,
„mit einer Art Erbsünde behaftet“, so der „Osservatore“; sie werde „zeigen müssen,
dass sie imstande sei, sich davon zu erholen“. Italien brauche keine Wiederbelebung
„altbackener Rituale“ und Machtspiele, vielmehr müsse endlich „eine neue Seite aufgeschlagen“
werden. Der künftige Premier, bisher Bürgermeister von Florenz, spiele „mit hohem
Einsatz“, und damit „steht und fällt zu einem guten Teil auch die nähere Zukunft Italiens“,
so die Vatikanzeitung. Renzi solle Struktur- und institutionelle Reformen anpacken,
sonst habe sich der Wechsel im Palazzo Chigi (dem römischen Amtssitz des Ministerpräsidenten)
nicht gelohnt. Die Frage sei, ob Renzi „zu einem Programm mit so ehrgeizigen Zielen“
auch wirklich in der Lage sei.
Ausgesprochen positiv bewertet der „L´Osservatore
Romano“ den scheidenden Ministerpräsidenten Letta: Dieser habe „dem Land wieder ein
seriöses und halbwegs vertrauenswürdiges Image verschafft“. Ähnlich urteilt in Radio
Vatikan auch Alberto Lo Presti, Leiter des katholischen Studienzentrums Igino Giordani.
„Die Strenge, mit der man jetzt die Regierung Letta beurteilt, ist nicht immer gerechtfertigt.“