Bei den Versuchen,
aus der verfahrenen politischen Situation in der Ukraine heraus zu kommen, spielen
die Kirchen eine große Rolle. Das sagt Andrij Waskowycz, Caritasdirektor in der Ukraine,
gegenüber den Münchner Kirchennachrichten. Von Anfang an hätten sich die Kirchen für
die Menschenrechte eingesetzt, aber auch darüber hinaus hätten sie viel Einfluss.
„Die
Kirchen haben in der Ukraine eine große Autorität. Die Menschen vertrauen den Kirchen.
Die vertrauen nicht dem staatlichen Apparat, sie vertrauen auf keinen Fall der Polizei,
sie vertrauen kaum dem Militär, aber sie vertrauen den Kirchen. Damit haben die Kirchen
eine große Chance, als Vermittler in den Konflikten aufzutreten.“
Eine
Chance, die sie auch zu nutzen suchen, wie Waskowycz berichtet, besonders wenn es
kritisch wird und Gewalt droht.
„In bestimmten Beziehungen sind sich alle
Kirchen einig, denn es gibt einen allukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Organisationen,
der auch angeboten hat, eine Vermittlungsrolle zwischen Regierung und Protestierenden
einzunehmen. In einigen Momenten hat man das auch getan, als eine große Gefahr einer
gewaltsamen Auseinandersetzung bestand. Als sie zum Beispiel den Präsidenten bewegen
wollten, mit den Demonstranten und der Opposition in einen Dialog zu treten, hat der
Rat einen runden Tisch einberufen. In dieser Grundforderung, die Konflikte friedlich
zu lösen, sind alle Kirchen auf derselben Position.“
Damit wolle man durchaus
auch längerfristige Ziele erreichen, berichtet Waskowycz, die Zukunft des Landes liege
im Dialog. Der amtierende Präsident Wiktor Janukowytsch habe durch die Erweiterung
seiner Befugnisse die Machtbalance verschoben und durch seine Politik die weitere
Integration in die EU verhindert. Man müsse zurück zur Verfassung von 2004 und zur
Bestimmung der Politik durch Wahlen, sagt der Caritasdirektor. Seine Organisation
stehe hinter den Wünschen nach Demokratie und Menschenrechten, auch ganz praktisch.
„Mit
diesen Protesten hat die ganze Gesellschaft zu tun und somit auch die Caritas. Die
Caritas hat auf dem Maidan [dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew] die Protestierenden
unterstützt, indem sie durch die Suppenküche heiße Speisen gebracht hat. Aber die
Caritas steht auch hinter den Protestierenden, so wie auch die katholische Kirche,
die griechisch katholische und die römisch katholische Kirche in der Ukraine. Das
sind nicht Demonstrationen gegen eine Regierung, gegen die Leute, die heute an der
Macht sind. Das sind Demonstrationen für eine neue Weise der Politik in der Ukraine,
für eine Zukunft der Ukraine auf demokratischem Weg.“