2014-02-11 14:59:00

Nach dem Amtsverzicht: Learning by Doing


Einmal ist immer das erste Mal: Als Benedikt XVI. vor einem Jahr seinen Amtsverzicht bekannt gibt, schreibt er vielen Kirchenleuten damit ein Fragezeichen auf die Stirn: „Was tun?“ Auch in der katholischen Kirche gilt: Learning by Doing. Wie so ein Amtsverzicht geht, hat die Kirche in den zweieinhalb Wochen nach dem 11. Februar erlebt.

Der Countdown läuft
Nach der Verzichtsankündigung: 16 Tage Zeit, um die Sedisvakanz vorzubereiten. Deutsche Medien titeln von der „Entzauberung des Papstamtes“, Vatikansprecher Pater Federico Lombardi redet nüchtern von einem „Regierungsakt“ und bestätigt bis zum öffentlichen Amtsverzicht alle Termine des Noch-Papstes, mit Ausnahme der Woche der Fastenexerzitien für die Kurie. Staatspräsidenten, Politiker und Gläubige ziehen den Hut vor dem alten Bayer in Rom. Der Dalai Lama gibt zu, „ein bisschen traurig“ zu sein.

Die Aschermittwochsmesse wird zwei Tage nach dem 11. Februar zu Benedikts letzter, großer öffentlichen Messe als Papst. Er mahnt die Kirche noch einmal zur „Selbstreinigung“. Elf Tage nach der Verzichts-Ankündigung weiß man: Der Alt-Papst in spe wird weiterhin „Seine Heiligkeit“ heißen. Wohnen wird er gemeinsam mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein im ehemaligen Klausurkloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten.

In der Zwischenzeit beantragt die Stadt Rom 4,5 Millionen Euro Hilfen beim Staat: Denn das „außerordentliche Ereignis“ verlange „außerordentliche Ressourcen und Mittel“, wie Bürgermeister Gianni Alemanno der Regierung erklärt. Am 28. Februar, dem letzten Tag Benedikts als Papst, wird es voll. Auch Castel Gandolfo rüstet auf: Hier soll der emeritierte Papst während der Sedisvakanz wohnen.

Die letzten Amtshandlungen Benedikts
Der Noch-Papst trifft sich bis dahin mit dem Staatspräsidenten von Guatemala, er empfängt den damaligen Regierungschef Italiens, Mario Monti, genauso wie Giorgio Napolitano.

Er erlässt Änderungen im vatikanischen Staatssekretariat und schickt einen Sekretär als neuen Apostolischen Nuntius von Rom nach Südamerika. Fünf Tage vor seinem Verzicht schafft Benedikt noch eine neue Diözese im Kongo. Zwei Tage später veröffentlicht er ein Motu Proprio: In dem apostolischen Schreiben erteilt er dem Kardinalskollegium die Erlaubnis, mit dem Konklave schon zu beginnen, wenn alle Kardinäle in Rom sind. Eine einfache 2/3 Mehrheit soll zur Papstwahl reichen und auf eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht steht ab jetzt die Exkommunikation.

„Ich verlasse die Kirche nicht“ beteuert Benedikt nach seinem letzten Angelusgebet vor 20.000 Gläubigen. In seiner letzten Generalaudienz, am 27. Februar, einen Tag vor dem Verzicht, haben sich 150.000 Gläubige auf dem Petersplatz versammelt. „Die Kirche lebt“, sagt Benedikt und „Ich fühle mich nicht allein“. Am gleichen Tag geht der Besucher-Marathon im Apostolischen Palast in den Endspurt: Kurz vor knapp empfängt Benedikt noch Horst Seehofer, den Präsidenten der Slowakei, die Regenten von San Marino, den römischen Bürgermeister und enge Freunde.

Ein Papst geht in den Ruhestand
Am 28. Februar ist es dann soweit: Der Twitter-Account „@Pontifex“ verstummt, aus Papst Benedikt wird Alt-Papst Benedikt. Alle Kirchenglocken in Rom läuten, weltweit finden zahlreiche Dankesgottesdienste statt, in Portugal kleben fast eine halbe Million Papstbilder an den Fensterscheiben. Im Hubschrauber fliegt Benedikt nun Richtung Castel Gandolfo.

Achja, an seinem letzten Sonntag als Papst hat Benedikt noch eine letzte Ernennung vorgenommen: Für die vatikanische Lateinamerika-Kommission wollte er Verstärkung haben. Darum ernannte er den Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, zum neuen Ratsmitglied. Viel Zeit blieb dem allerdings nicht, um sein neues Amt auszuführen, denn er ging aus dem Konklave als neuer Papst hervor. Ob Benedikt wohl damals schon geahnt hat, dass er dem Argentinier viel mehr als nur einen Platz in der Lateinamerika-Kommission hinterlassen würde?

(rv 11.02.2014 ms)








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