D: „Papst wird die einen oder die anderen enttäuschen müssen"
Die Ergebnisse der
Umfrage des Vatikans zur Familienumfrage stehen fest. Jetzt müssen die Bischöfe und
der Papst damit umgehen, dass offensichtlich viele Gläubige in Fragen der Verhütung,
zu Sex vor der Ehe oder zu homosexuellen Partnerschaften andere Ansichten haben als
die katholische Kirche. Bei der Bischofssynode zur Familienpastoral im Herbst dieses
Jahres wird Papst Franziskus zweifellos Erwartungen enttäuschen müssen, ist sich der
Bischof von Dresden und Meißen, Heiner Koch sicher. Koch gehört der Familienkommission
der Bischofskonferenz an. Im Gespräch mit dem Kölner Domradio sagte er:
„Die
Synode wird erst einmal eine Feststellung der Situation sein: Wie sieht es aus in
der Welt? Welche Fragen stehen an? Da wird sich natürlich schon zeigen, das ist mir
völlig klar, dass es auf der ganzen Welt sehr unterschiedliche Einschätzungen, Bewertungen,
Sichtweisen gibt. Welche Schlussfolgerung die Kirche als Ganze zieht, ist das eine.
Da hat auch jedes Land und jeder Erdteil seine spezifischen Erfahrungen.“
Viele
Gläubige erwarteten von Franziskus „Massives“, sagte Bischof Koch wörtlich.
„Und
das ist ein gewisses Problem, dass natürlich, sobald er eine Aussage macht, andere
enttäuschen wird. Also, ich sage es mal ganz konkret: Überlegt er, ob es Zugangsbedingungen,
Möglichkeiten gibt für Menschen, die einer sakramentalen Ehe leben und diese Ehe nicht
mehr führen und eine neue Beziehung eingegangen sind. Gibt es Möglichkeiten für die,
zur Eucharistie zu gehen? Wenn er ja sagt, unter gewissen Bedingungen, werden jene
enttäuscht sein, die sagen, wir müssen das hochhalten, wir sind die einzigen, die
noch zur Unauflöslichkeit der Ehe stehen. Sagt er nein, werden jene enttäuscht sein,
die erwartet haben, dass es hier eine gewisse Öffnung gibt.”
Egal, was
die Synode letztlich ergeben werde, enttäuschte Erwartungen seien quasi programmiert,
so Bischof Koch. Da stehe die Synode vor einer großen Herausforderung: Es herrsche
ein gewaltiger Erwartungsdruck in Bezug auf die Antworten, die die Synode geben werde
und auch auf die Antworten, die die deutsche Kirche die deutschen Bischöfe auf die
Umfrageergebnisse geben:
„Viele Aussagen haben den, der die gesellschaftliche
und auch die kirchliche Situation kennt, nicht überrascht. Was ansteht, ist unser
Umgehen mit diesen Antworten, und das wird ein sehr ehrliches Antworten sein. Wir
haben eine große Zahl Rückmeldungen von ganz persönlich betroffenen Menschen bekommen
und wir müssen deshalb auch würdig und achtsam und mit großer Hochachtung unsere Antworten
formulieren.“
Neun von zehn Befragten gaben bei der Umfrage an, dass sie
sich nicht an das Gebot halten, auf Geschlechtsverkehr vor der Ehe zu verzichten.
Koch betonte in diesem Zusammenhang, dass es zunächst einmal wichtig sei, die unterschiedlichen
Positionen zu verstehen:
„Die christliche, kirchliche Lehre von der Sexualität
und der Ehe bedeutet ja, ich vereinfache jetzt etwas, dass die Liebe gemeinsam wächst.
Die geistige Liebe zwischen zwei Menschen, die körperliche Liebe und die religiöse
Dimension dieser Liebe, also die spirituelle Dimension der Ehe. Das soll wachsen.
Je verbindlicher und fester es wird und je größer diese Liebe wird bis zu dem Punkt,
wo man sagt, wir gehen den Lebensweg gemeinsam - das ist ja die größte Aussage, mehr
Freiheit kann einer dem anderen nicht mehr schenken als zu sagen, ich geh jetzt mit
dir mit. Da ist eigentlich nach der Kirchenlehre der Punkt, das Zusammengehen der
sakramentalen Ehe, der körperlichen Vereinigung, des Geschlechtsverkehrs - blödes
Wort, finde ich jedenfalls in dem Zusammenhang - und der persönlichen Bindung. Und
das ist völlig auseinandergebrochen, diese Parallelisierung von geistiger, körperlicher
und geistlicher, religiöser Dimension.“
Sexualität sei heutzutage unverbindlicher,
habe offensichtlich einen geringeren Wert. Da müsse man sich dann fragen: Will man
das? Was bedeutet das für das Miteinander, auch für die Sexualität? Darüber müsse
man sprechen, so Bischof Koch. Gesellschaftlich gesehen sei die Kirche mit ihrer Ansicht
diesbezüglich sicher in der Minderheit. Es gebe aber trotzdem Möglichkeiten, die kirchliche
Lehre und die Praxis der Gläubigen wieder einander anzunähern.
„Was unterscheidet
Ehe von einer Beziehung zweier, die unverheiratet zusammen lebe? Wenn man diese Fragen
nicht mehr erörtert, dann kann man nachher auch nicht erwarten, dass Menschen sagen,
ja, das sehen wir ein, das wollen wir teilen. Nochmal: Ich sehe das als eine große
Herausforderung, vor allem aber auch ans Miteinander. Ich halte für einen sehr großen
Impuls dieser Umfrage, dass die Leute sagen, wir möchten hier in das Gespräch mit
einsteigen. Wir möchten wirklich unser Lebenswissen, unsere Lebenserfahrung eingeben.
Es kann doch nicht sein, dass wir immer nur konfrontiert werden mit Aussagen, die
andere machen. Das halte ich für das Wichtigste. Wir müssen da ins Gespräch miteinander
gehen und nicht nur ins Gespräch für uns, sondern ins Gespräch, das eine Strahlkraft
in die nicht-christliche Gesellschaft hinein hat.“