2014-01-24 13:52:51

Syrien: Erzbischof Tomasi hofft auf Minimalkonsens


Es war das erste Mal, dass sich Vertreter der syrischen Regierung und der Exil-Opposition am Verhandlungstisch gegenübersaßen – bei der so genannten „Friedens-Konferenz“ Genf 2 am Mittwoch in Montreux lag Spannung in der Luft. Opposition und Regierung beschuldigten sich gegenseitig für das unaufhörliche Blutvergießen im Land, das bis heute schätzungsweise 130.000 Todesopfer forderte und neun Millionen Menschen in die Flucht trieb. Die Streitparteien verhandeln an diesem Freitag weiter. Für Vatikanvertreter Silvano Tomasi, der am Mittwoch in der Schweiz mit am Verhandlungstisch saß, war der erste Zusammenprall immerhin ein hoffnungsvoller Schritt:

„So haben wir zum ersten Mal ein Treffen der Konfliktparteien, das einen Minimalkonsens bringen kann, um Gewalttaten und Zerstörung – wenn nicht im ganzen Land, dann wenigstens in einem Teil Syriens – zu unterbinden. So kann ein schrittweiser Prozess der Verständigung begonnen werden, der vor allem zu einer Akzeptanz der (…) bei Genf 1 vereinbarten Punkte führen sollte: eine Übergangsregierung, der Beginn der Arbeit an einer neuen Verfassung und schließlich freie Wahlen. Auf diesem Weg wäre es möglich, die Voraussetzungen für den Aufbau von Frieden in Syrien zu schaffen. Es gibt viel zu tun!“

Auf der Genf 1-Konferenz hatten sich die Teilnehmer 2012 formal auf eine Waffenruhe und die Bildung einer Übergangsregierung geeinigt, an der die Opposition beteiligt werden sollte. Der Kompromiss war aber nie umgesetzt worden. Zentraler Streitpunkt in Montreux war jetzt die politische Zukunft des syrischen Machthabers Bashar al Assad. Erzbischof Tomasi betont, dass die Syrer die Konfliktlösung selbst in die Hand nehmen müssten, das Ausland könne den Stabilisierungsprozess lediglich begleiten. In diesem Punkt liegt der Vatikan übrigens auf einer Linie mit Russland.

„Denn die Lösung von Syriens Problem muss von den Syrern kommen: Sie sind es, die ihre Zukunft planen müssen! Die internationale Gemeinschaft sollte ihnen dabei helfen, doch die Antwort muss von ihnen kommen.“

Dass es für Genf 2 rund vierzig Staaten und internationale Organisationen an den Verhandlungstisch schafften, wertet der Vatikanvertreter insgesamt als „positiven Schritt“:

„Denn das zeigt, dass es trotz der starken bestehenden Divergenzen und der teilweisen Feindseligkeit der verschiedenen Gruppen im Syrienkonflikt eine Dringlichkeit gibt, das Gespräch aufzunehmen. Diese Sensibilität der Internationalen Gemeinschaft hat sehr konkrete Formen angenommen: Fast alle Länder haben gesprochen und offizielle Erklärungen abgegeben, die die Regierungen verpflichten, sich für Frieden zu engagieren.“

Für humanitäre Korridore

Mit der Forderung des Vatikans nach einem umgehenden Waffenstillstand in Syrien seien „fast alle“ Teilnehmer einverstanden gewesen, sagt Tomasi.

„Unter den aufgezählten Prioritäten herrschte die Überzeugung vor, dass es keine militärische Lösung des Konfliktes gibt; man muss eine Alternative suchen, den Dialog. Von fast allen wurde bestätigt, dass vor dem Hintergrund des Leids der Familien und angesichts der mehr als 130 Millionen Toten der erste Schritt ein Waffenstillstand sein muss; das gegenseitige Töten, die fortwährende Zerstörung müssen ein Ende haben!“

Auch die Dringlichkeit der humanitären Hilfe habe die Mehrheit der Konferenz verstanden:

„Ausdrücklich wurde betont, dass es in Syrien einen unmittelbaren Zugang zu humanitären Hilfen für alle hilfsbedürftigen Menschen braucht. Schulen, Krankenhäuser und Kliniken wurden zerstört, und es fehlen Medizin, die Grundversorgung und in einigen Gegenden auch Verpflegung für die Bevölkerung. Man muss unverzüglich einen Weg finden, zu den bedürftigen Personen vorzudringen: durch Hilfskorridore, mittels derer die internationalen Organisationen, etwa das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen, agieren können.“

(rv 24.01.2014 pr)








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