Vatikanbank will Kampf gegen Geldwäsche verstärken
Die „Vatikanbank“
IOR führt ihren Kampf gegen Geldwäsche fort und arbeitet weiter daran, ihre Geschäfte
transparent zu machen. Das erklärte ihr Präsident, Ernst von Freyberg, am Mittwoch
im Gespräch mit Radio Vatikan. Die entsprechenden Richtlinien seien grundlegend überarbeitet
und aktualisiert worden; Ende 2013 habe das IOR das revidierte Regelwerk der vatikanischen
Finanzaufsichtsbehörde (AIF) vorgelegt. Unser Redakteur Stefan v. Kempis sprach mit
Ernst von Freyberg.
„Zwei Dinge haben wir letztes Jahr als besonders wichtig
definiert. Das Erste ist Compliance, das Zweite ist Transparenz. Was haben wir nun
gemacht auf dem Weg dorthin? Compliance bedeutet ja die Übereinstimmung mit Rechtsnormen;
wir haben bei uns unsere Systeme grundlegend überholt, und wenn ich ,Systeme‘ sage,
dann ist das ein System, das beim IOR anfängt, über die zuständigen Behörden des Vatikans
bis hin zu den internationalen Behörden geht, mit denen der Vatikan zusammenarbeitet.
Unser Teil ist, dass wir unser Anti-Geldwäsche-Handbuch neugeschrieben haben: Wir
haben unsere Anti-Geldwäsche-Prozesse überarbeitet, wir haben unsere Mitarbeiter trainiert.
Wir haben – und das ist die nächste Stufe des Systems – auf der Basis der vatikanischen
Gesetze unsere Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde des Vatikans (AIF) sehr
stark professionalisiert.
Was heißt das? Wann immer wir einen verdächtigen
Fall sehen, wird er nun in einem bestimmten Schema bei uns aufgearbeitet und weitergereicht.
Die AIF wiederum hat mit einer Reihe internationaler Behörden, zum Beispiel in den
USA und in Italien, Abkommen geschlossen, unter denen Informationen über verdächtige
Fälle ausgetauscht werden.
Das ist der Teil ,System‘; ein zweiter wichtiger
Teil dabei sind ,Kunden‘. Wir haben im vergangenen Jahr begonnen, alle unsere Kunden
systematisch daraufhin zu durchleuchten, ob es welche gibt, die nicht die Voraussetzungen
erfüllen, die wir wollen. Wir haben auch begonnen, alle Daten zu erfassen, die man
über seinen Kunden wissen soll – und die zum Teil bei uns nicht vorhanden waren. In
einem zweiten Schritt haben wir Transaktionen unserer Kunden daraufhin durchleuchtet,
ob es Auffälligkeiten gibt, und das sehr umfangreich.“
„IOR soll
ein Leuchtturm sein“
Die Durchleuchtung dieser Konten ist noch nicht
ganz abgeschlossen, nicht wahr?
„Wir haben zum Jahresende 2013 ca. 10.000
von 18.000 Konten überprüft. Das ist ein Moment, auch all den Kunden zu danken, für
die das auch mühsam war, denn wir sind mit vielen und aus der Sicht eines Kunden auch
bürokratischen Anforderungen gekommen, und es war hervorragend, wie unsere Kunden
dort mit uns zusammengearbeitet haben! Bis zur Mitte dieses Jahres werden wir mit
der Durchleuchtung aller Kundenkonten abgeschlossen haben.“
Gab es auch
Unzufriedenheit mit dieser Durchleuchtung? Bei einer deutschen Bank würde sich mancher
Kunde bedanken, wenn die Bank ihm hinterhertelefonieren würde: Warum haben Sie gestern
2.000 Euro abgehoben, woher kommt das Geld, wozu dient es…
„Das ist natürlich
aus der Sicht des Kunden bürokratisch und erfordert zusätzlichen Aufwand; das ist
besonders schwer für unsere Kunden zu verstehen, die ja überwiegend Orden sind und
katholische Einrichtungen, die jetzt sowieso ihre ganze Zeit damit verbringen, Gutes
zu tun in der Welt und denen es nicht unmittelbar verständlich ist, warum gerade sie
jetzt von uns so genau durchleuchtet werden. Viele unserer Kunden haben aber exakt
gleiche Erfahrungen mit ihren Banken in Italien oder in anderen Ländern; das, was
wir machen, ist ja ein Prozess, der in anderen Ländern früher eingesetzt hat, so dass
uns auch eine ganze Reihe von Kunden sagen: Es ist völlig normal, was ihr macht, und
wir sind froh, dass ihr es macht – denn zum Schluss wollen wir ja, dass das IOR ein
Leuchtturm ist. Und dass, wer bei uns seine Konten hat, als jemand gesehen wird, der
sie in einer besonders sicheren und korrekt geführten Institution hat.“
Gibt
es Kunden, die aufgegeben und ihre Gelder abgezogen haben – aus Ärger über die Bürokratie,
oder angesichts der vielen Skandale und Affären rund um die Vatikanbank in den letzten
Jahrzehnten?
„Das ist nicht in nennenswertem Umfang passiert. Für unsere
Kunden sind wir vor allen Dingen ein Dienstleister, der über Jahrzehnte sehr genau
die Realität unserer Kunden kennt und bedient. Unsere Kunden sind ja in erster Linie
Orden, und die sind dankbar für einen Dienstleister, der weiß, wie ein Orden funktioniert,
und ihn deswegen besonders gut unterstützen kann.“
Fall Scarano:
„Wir blockieren nicht“
Sie haben letztes Jahr gesagt, Sie wollen in
die Hände des Papstes mehrere Optionen für die Zukunft des IOR legen. An welchem Punkt
sind Sie jetzt – dass Sie sagen können: Alle diese Optionen sind tatsächlich umsetzbar?
Wie weit ist das IOR, damit der Papst wirklich eine Wahl hat?
„Von seiner
Seite aus hat das IOR alles getan, um es heute dem Papst zu ermöglichen, seine Entscheidung
zu treffen.“
In den italienischen Zeitungen und auch im SPIEGEL schlägt
im Moment der Fall Nunzio Scarano hohe Wellen. Nun war dieser Monsignore vatikanischer
Rechnungsprüfer in der APSA, also nicht in der Vatikanbank, aber nach italienischen
Agenturmeldungen gibt es doch Auswirkungen und Wellengekräusel bis in den IOR-Turm
hinein. Letzten Sommer haben Sie dazu einen Bericht erstellt, ist jetzt noch Weiteres
im Kommen oder zu befürchten? Etwa Hausdurchsuchungen durch die italienische „Guardia
di Finanza“ oder Ähnliches?
„Ich kann natürlich nicht zu einem individuellen
Fall Stellung nehmen. Es hat mich aber sehr gefreut, gestern von der Staatsanwaltschaft
von Salerno in einem Interview zu lesen, wie hochzufrieden sie mit der Zusammenarbeit
mit dem Vatikan sei, bei der Aufarbeitung eines solchen Falles. Das ist ganz anders
als in der Vergangenheit: Wir werden nicht gesehen als jemand, der blockiert, wir
werden als jemand gesehen, der genauso wie die italienischen Behörden dem Recht Geltung
verschaffen will.
Was natürlich nicht stimmt: dass italienische Behörden
im Vatikan Ermittlungsarbeit durchführen. Der Vatikan ist ein souveräner Staat; dafür
gibt es bei uns unsere eigenen Behörden, die mit den italienischen Behörden zusammenarbeiten.“
Ist
die Transparenz-Anstrengung des IOR eigentlich etwas Ungewöhnliches, oder machen das
andere Banken – sagen wir mal, in Deutschland – auch?
„Wenn Sie fünfzehn
Jahre zurückgehen, hielt es das IOR mit der Transparenz wahrscheinlich nicht anders
als viele Banken in der Welt. Die Anforderungen an Transparenz haben sich über fünfzehn
Jahre dramatisch geändert. Das, was wir heute machen, haben andere Banken vor zehn,
fünfzehn Jahren schon vor uns gemacht. Besonders wichtig war für uns, zum ersten Mal
in der Geschichte des IOR einen Jahresbericht zu publizieren und eine Internetseite
zu schaffen. Wir haben das gemacht, weil wir Transparenz herstellen wollen für unsere
eigenen Kunden, für die Kirche – von der wir ein Teil sind -, für unsere Korrespondenzbanken
und für die Öffentlichkeit im weiten Sinne.“
„Wir sind transparenter
als viele Banken“
In Ihrer Pressemeldung erwähnen Sie ein Handbuch,
das im Rahmen Ihrer Anti-Geldwäsche-Maßnahmen erstellt wurde. Was steht darin? Es
wird ja nicht veröffentlicht.
„In dem Handbuch haben wir detaillierte Prozesse,
wie wir Geldwäsche identifizieren. Deswegen veröffentlichen wir es auch nicht! Wir
wollen ja nicht Leuten, die das einmal versuchen würden, das Handbuch auf den Tisch
legen, welche Maßnahmen wir ergriffen haben. Es geht aber immer wieder um Prozesse,
Kontrolle – wenn man so will, Gürtel und Hosenträger –, um Geldwäsche bei uns zu verhindern.“
Während
des Vorkonklave vor einem Jahr war auch immer wieder das IOR ein Thema. Ein Kardinal
aus Nigeria soll gesagt haben: Der heilige Petrus hatte doch auch keine Bank. Sogar
Papst Franziskus hat einmal etwas Ähnliches formuliert. Was sagen Sie dazu?
„Der
heilige Petrus hat schon sehr früh getrennt zwischen Diakonie und Evangelisierung
– und hat die Diakonie Spezialisten übertragen. Die haben dafür auch Geld eingesammelt.
Die Kirche hat große Werke; alle diese Werke werden mit Geld versorgt, alle diese
Werke brauchen eine Bank, um sie zu unterstützen.“
Wie weit ist das IOR
nun mit Compliance und Transparenz?
„Als wir letztes Jahr damit angefangen
haben, sagten viele: Das ist unmöglich! Nichts könnte falscher sein, und das ist Teil
der Mythen der Vergangenheit. Es ist eine Frage der systematischen Arbeit, der Ressourcen,
die man da hineinsteckt – und wir sind heute sehr weit. Wir haben unseren Jahresbericht
ins Internet gestellt, wir sind so transparent wie jede, ja vielleicht sogar transparenter
als viele Banken! Wir haben unsere Konten in einem Maße durchleuchtet, wie das nicht
überall der Fall ist. Das heißt: Wir sind heute viel weiter, als die meisten im letzten
Jahr geglaubt haben, dass wir sein würden. Es bleibt noch viel zu tun.“ (rv
22.01.2014 sk)