Franziskus trifft Flüchtlinge und Obdachlose: „Gebt nie die Hoffnung auf“
Papst Franziskus hat
am Sonntagabend erneut eine römische Pfarrei besucht – zum ersten Mal in der Innenstadt
und nicht in der Peripherie. Im „Oratorium“ der Herz-Jesu-Kirche in unmittelbarer
Nähe des Termini-Hauptbahnhofes traf er mit Flüchtlingen, Obdachlosen und Jugendlichen
zusammen. Termini ist seit jeher ein sozialer Brennpunkt in der Ewigen Stadt; die
von Salesianern geleitete Herz-Jesu-Pfarrei und ihr Sozialzentrum sind eine Anlaufstelle
für viele Bedürftige.
Habt Vertrauen zu Gott, er lässt euch auch in schwierigen
Situationen nicht im Stich! Das betonte Franziskus bei seiner Messe in der Herz-Jesu-Kirche
nahe dem Hauptbahnhof. Trotz strömenden Regens waren viele Menschen gekommen, um den
Papst zu sehen, der in einem Ford angereist war. Vor der Messe hatte Franziskus fünf
Gläubigen die Beichte abgenommen. Jesus ist „gut, sanftmütig, voller Liebe und nahe
den Armen und Kleinen.“ Er ist bei euch, hat die Kraft, Sünden zu vergeben und Frieden
zu bringen – in das Herz jedes einzelnen, so Franziskus. Und an jeden einzelnen wandte
sich der Papst dann auch, als er in der Gemeinde mit Flüchtlingen und Obdachlosen
zusammentraf. Er fand dabei sehr persönliche Worte. „Ich fühle mich bei euch zu Hause“,
so der „Papst vom anderen Ende der Welt“ zu Migranten:
„Man kann einen
Besuch machen und alle sind höflich, alles verläuft dem Protokoll entsprechend, doch
es gibt keine Wärme. Unter euch habe ich die Wärme des Willkommens erfahren, wie in
einer Familie.“
Dabei mag der Papst auch an seine anderen Begegnungen mit
Flüchtlingen gedacht haben: Auf eigenen Wunsch hatte Franziskus kurz nach Amtsantritt
die italienische Flüchtlingsinsel Lampedusa besucht, einige Wochen später machte er
Migranten im römischen Jesuiten-Flüchtlingszentrum „Astalli“ Mut. Die Herz-Jesu-Gemeinde
betreut derzeit über 400 Flüchtlinge und Asylantragssteller, darunter viele aus Afrika,
aber auch aus dem Irak und dem Iran, aus Afghanistan, Syrien, Pakistan und der Türkei.
Sie erhalten neben Italienischkursen auch Hilfe bei der Ausbildung und Arbeitsvermittlung.
„Jeder
von uns hat seine eigene Geschichte: jeder von uns. Wenn ich an meine Geschichte denke,
sehe ich viele schöne und hässliche Dinge. (…) Und wenn wir uns in der Familie treffen,
ist es schön, die schönen Dinge zu teilen, zu erzählen, wie wir die hässlichen Erfahrungen
überwunden haben, und auch die schlimmen Dinge zu teilen. Wir leiden ja alle. Der
Papst nicht? Doch, auch der ist ein Mann, ein normaler Mensch und er hat seine Leiden
und auch seine schönen Erfahrungen.“
Vor allem gehe es darum, das „Kreuz
gemeinsam zu tragen“, wandte sich Franziskus an die Flüchtlinge, unter denen auch
Muslime waren:
„Uns erscheint unser eigenes Kreuz immer am schwersten:
Nun ja, es ist unseres. Aber andere tragen ein noch schwereres. Versteht ihr? Das
ist wichtig: Unsere Erfahrungen des Kreuzes und der Bitternis unserer Herzen zu teilen.
Auch den Glauben zu teilen, als Christen und als Muslime.“
Vor den Obdachlosen,
die das Zentrum betreut, griff Franziskus dann ein Thema seiner Predigt auf: Gebt
nie die Hoffnung auf, legte er den etwa sechzig Männern und Frauen ans Herz.
„Die
Nacht wird dort am schwärzesten, wo das Morgengrauen beginnt. Und wenn sie am dunkelsten
ist, dann weil der Herr, die Sonne der Gerechtigkeit, sich nähert. Die Hoffnung bewahren:
Die Hoffnung enttäuscht nie. Nie. Die wahre Hoffnung enttäuscht nie.“
Der
Papst unterstrich die Bedeutung von Solidarität und Freundschaft, die für Menschen,
die große Entbehrungen erleiden, oft überlebensnotwendig sind. Damit hatte Franziskus
bei den Obdachlosen anscheinend einen Nerv getroffen: Sie applaudierten ihm.
„Vielen
Dank für eure Hilfe, für diese Freundschaft, euch gegenseitig zu helfen, um im Leben
voranzugehen. Es ist ein großer Unterschied, ob man allein auf der Straße des Lebens
wandelt oder an der Hand eines Freundes. Wo es Freundschaft, Nähe, Brüderlichkeit,
Frieden gibt, da ist Jesus.“
Die Begegnung mit Jugendlichen war wohl der
lebendigste Teil der Kurzvisite in der Herz-Jesu-Gemeinde. Der Papst ging sehr persönlich
auf jede der Fragen ein, die ihm die jungen Leute stellten, darunter auch: Wie kann
man Kirche erneuern? Dazu Franziskus:
„Ihr einen neuen Anstrich geben,
damit sie schöner aussieht? Nein, nein! Wir müssen die Kirche von innen erneuern!
Aber ich kann die Kirche nicht erneuern, wenn ich nicht selbst in diesem Prozess einbezogen
bin. ,Ich, ich bin die Farbe, müssen wir alle sagen. Jeder von uns muss fragen: ,Welche
Farbe macht denn die Kirche schöner? Was tue ich, damit die Kirche ihrem Auftrag gegenüber
treuer wird?‘“
Auch auf das Thema Hoffnung kam der Papst erneut zu
sprechen: Die Gesellschaft müsse solidarischer werden, appellierte der Papst. Die
Jugend habe hier einen besonderen Auftrag:
„Die Gesellschaft braucht
heute Menschen mit einem großen Herzen, einem großen, großen Herzen. Wenn du auf diesem
Weg der Hoffnung gehst, die nie enttäuscht, weite dein Herz mit deinem Wünschen. Das
ist eine schöne Arbeit für die Jugend! Habt ihr verstanden?“