2014-01-20 11:21:49

Franziskus trifft Flüchtlinge und Obdachlose: „Gebt nie die Hoffnung auf“


RealAudioMP3 Papst Franziskus hat am Sonntagabend erneut eine römische Pfarrei besucht – zum ersten Mal in der Innenstadt und nicht in der Peripherie. Im „Oratorium“ der Herz-Jesu-Kirche in unmittelbarer Nähe des Termini-Hauptbahnhofes traf er mit Flüchtlingen, Obdachlosen und Jugendlichen zusammen. Termini ist seit jeher ein sozialer Brennpunkt in der Ewigen Stadt; die von Salesianern geleitete Herz-Jesu-Pfarrei und ihr Sozialzentrum sind eine Anlaufstelle für viele Bedürftige.


Habt Vertrauen zu Gott, er lässt euch auch in schwierigen Situationen nicht im Stich! Das betonte Franziskus bei seiner Messe in der Herz-Jesu-Kirche nahe dem Hauptbahnhof. Trotz strömenden Regens waren viele Menschen gekommen, um den Papst zu sehen, der in einem Ford angereist war. Vor der Messe hatte Franziskus fünf Gläubigen die Beichte abgenommen. Jesus ist „gut, sanftmütig, voller Liebe und nahe den Armen und Kleinen.“ Er ist bei euch, hat die Kraft, Sünden zu vergeben und Frieden zu bringen – in das Herz jedes einzelnen, so Franziskus. Und an jeden einzelnen wandte sich der Papst dann auch, als er in der Gemeinde mit Flüchtlingen und Obdachlosen zusammentraf. Er fand dabei sehr persönliche Worte. „Ich fühle mich bei euch zu Hause“, so der „Papst vom anderen Ende der Welt“ zu Migranten:

„Man kann einen Besuch machen und alle sind höflich, alles verläuft dem Protokoll entsprechend, doch es gibt keine Wärme. Unter euch habe ich die Wärme des Willkommens erfahren, wie in einer Familie.“

Dabei mag der Papst auch an seine anderen Begegnungen mit Flüchtlingen gedacht haben: Auf eigenen Wunsch hatte Franziskus kurz nach Amtsantritt die italienische Flüchtlingsinsel Lampedusa besucht, einige Wochen später machte er Migranten im römischen Jesuiten-Flüchtlingszentrum „Astalli“ Mut. Die Herz-Jesu-Gemeinde betreut derzeit über 400 Flüchtlinge und Asylantragssteller, darunter viele aus Afrika, aber auch aus dem Irak und dem Iran, aus Afghanistan, Syrien, Pakistan und der Türkei. Sie erhalten neben Italienischkursen auch Hilfe bei der Ausbildung und Arbeitsvermittlung.

„Jeder von uns hat seine eigene Geschichte: jeder von uns. Wenn ich an meine Geschichte denke, sehe ich viele schöne und hässliche Dinge. (…) Und wenn wir uns in der Familie treffen, ist es schön, die schönen Dinge zu teilen, zu erzählen, wie wir die hässlichen Erfahrungen überwunden haben, und auch die schlimmen Dinge zu teilen. Wir leiden ja alle. Der Papst nicht? Doch, auch der ist ein Mann, ein normaler Mensch und er hat seine Leiden und auch seine schönen Erfahrungen.“

Vor allem gehe es darum, das „Kreuz gemeinsam zu tragen“, wandte sich Franziskus an die Flüchtlinge, unter denen auch Muslime waren:

„Uns erscheint unser eigenes Kreuz immer am schwersten: Nun ja, es ist unseres. Aber andere tragen ein noch schwereres. Versteht ihr? Das ist wichtig: Unsere Erfahrungen des Kreuzes und der Bitternis unserer Herzen zu teilen. Auch den Glauben zu teilen, als Christen und als Muslime.“

Vor den Obdachlosen, die das Zentrum betreut, griff Franziskus dann ein Thema seiner Predigt auf: Gebt nie die Hoffnung auf, legte er den etwa sechzig Männern und Frauen ans Herz.

„Die Nacht wird dort am schwärzesten, wo das Morgengrauen beginnt. Und wenn sie am dunkelsten ist, dann weil der Herr, die Sonne der Gerechtigkeit, sich nähert. Die Hoffnung bewahren: Die Hoffnung enttäuscht nie. Nie. Die wahre Hoffnung enttäuscht nie.“

Der Papst unterstrich die Bedeutung von Solidarität und Freundschaft, die für Menschen, die große Entbehrungen erleiden, oft überlebensnotwendig sind. Damit hatte Franziskus bei den Obdachlosen anscheinend einen Nerv getroffen: Sie applaudierten ihm.

„Vielen Dank für eure Hilfe, für diese Freundschaft, euch gegenseitig zu helfen, um im Leben voranzugehen. Es ist ein großer Unterschied, ob man allein auf der Straße des Lebens wandelt oder an der Hand eines Freundes. Wo es Freundschaft, Nähe, Brüderlichkeit, Frieden gibt, da ist Jesus.“

Die Begegnung mit Jugendlichen war wohl der lebendigste Teil der Kurzvisite in der Herz-Jesu-Gemeinde. Der Papst ging sehr persönlich auf jede der Fragen ein, die ihm die jungen Leute stellten, darunter auch: Wie kann man Kirche erneuern? Dazu Franziskus:


„Ihr einen neuen Anstrich geben, damit sie schöner aussieht? Nein, nein! Wir müssen die Kirche von innen erneuern! Aber ich kann die Kirche nicht erneuern, wenn ich nicht selbst in diesem Prozess einbezogen bin. ,Ich, ich bin die Farbe, müssen wir alle sagen. Jeder von uns muss fragen: ,Welche Farbe macht denn die Kirche schöner? Was tue ich, damit die Kirche ihrem Auftrag gegenüber treuer wird?‘“


Auch auf das Thema Hoffnung kam der Papst erneut zu sprechen: Die Gesellschaft müsse solidarischer werden, appellierte der Papst. Die Jugend habe hier einen besonderen Auftrag:


„Die Gesellschaft braucht heute Menschen mit einem großen Herzen, einem großen, großen Herzen. Wenn du auf diesem Weg der Hoffnung gehst, die nie enttäuscht, weite dein Herz mit deinem Wünschen. Das ist eine schöne Arbeit für die Jugend! Habt ihr verstanden?“



(rv 20.01.2014 pr)








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