An diesem Montag treffen
sich beim Studientag unter dem Titel „Syrien: Kann man gleichgültig bleiben?“ Experten
im Vatikan, um über Lösungen des Konflikts in Syrien zu beraten. Die Päpstliche Akademie
für Wissenschaften organisiert das nicht öffentliche Treffen in den vatikanischen
Gärten, zu dem u.a. Mohamed El Baradei, der frühere Chef der UNO-Atombehörde und andere
Vertreter der internationalen Politik eingeladen wurden.
Der Präsident des
Päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog, Kardinal Jean-Louis Tauran, spricht
ein Grußwort. Als Beobachter des Treffens sind unter anderem der frühere Päpstliche
Haustheologe Kardinal Georges Cottier, der chaldäische Bischof von Aleppo und Leiter
der Caritas Syrien, Antoine Audo, sowie der ständige Vatikanbeobachter bei der UNO
in Genf, Erzbischof Silvano Tomasi, dabei. Radio Vatikan hat vorab mit Tomasi über
die heikle Lage in Syrien gesprochen:
„Die Suche nach Frieden im Nahen Osten
ist ein langwieriger Einsatz für die internationale Gemeinschaft. Der Krieg in Syrien
und die Explosion der Konflikte im Irak und anderswo verlangen von uns, dass wir unsere
Kräfte verstärken um dem Leiden und der Gewalt von Million Menschen ein Ende zu machen.
Die Situation ist sehr komplex, da sich strategische Interessen großer Länder wie
Russland und der USA überlagern; hinzu kommt das Rennen um die politisch-religiöse
Führung zwischen Iran und Saudi-Arabien.“
Doch das ist längst nicht alles:
zu Bedenken sind auch die Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten sowie die Lage
der Christen in der Region, die einfach nur überleben wollen, ergänzt Tomasi. Beim
Studientag in der Casina Pio IV. soll erörtert werden, wie ein Waffenstillstand erreicht
werden kann und wie sich Hilfskorridore schaffen lassen. Weitere Themen: Die Stärkung
des interreligiösen Dialogs, ein Ende der Christenverfolgung, Wege für Wahlen in Syrien
sowie die Eindämmung des Menschenhandels und der Prostitution. Ganz schön viel also,
was da auf der Agenda steht. Erzbischof Tomasi:
„Der erste, dringende Schritt
ist es, die laufende Gewalt zu stoppen. Papst Franziskus hat klar und deutlich seine
Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten erhoben, den er in Kürze ja auch
selbst besuchen wird. Auf seine Anregung hin hat die Päpstliche Akademie der Wissenschaften
dann dieses Treffen einberufen. Experten und Persönlichkeiten aus dem religiösen Bereich
überlegen hier gemeinsam, wie wir praktische Hilfestellungen für die Syrien-Konferenz
der Vereinten Nationen geben können, die am 22. Januar in Genf abgehalten werden soll
und bei der alle politisch involvierten Parteien an einen Tisch kommen sollen.“
Einsatz
für Frieden auf allen Ebenen Nicht nur die Päpstliche Akademie der Wissenschaften
ist aktiv, um den Frieden in der Region voranzubringen, erzählt Tomasi: Der Ökumenische
Rat der Kirchen organisiert in diesen Tagen –vom 16. bis zum 17. Januar – ebenfalls
ein Treffen. Muslimische und christliche Führungspersönlichkeiten beraten dann, wie
sie die Politiker beim Friedensprozess unterstützen können. Zudem wollen sie ein erneutes
Zeichen dafür setzen, dass Frieden dringend nötig ist angesichts der Tatsache, dass
mittlerweile schon Millionen Kinder, Frauen und Männer – und unter ihnen jede Menge
Zivilisten – Opfer des blutigen Konflikts geworden sind. Auch bei den Vereinten Nationen
bringt sich der Vatikan immer wieder für Frieden in Syrien ein. Tomasi:
„Die
Mission des Heiligen Stuhls in Genf hat sich zur Syrien-Frage geäußert und tut dies
weiterhin. Sie setzt sich für Respekt und Gleichheit aller Bürger ein und für die
Wahrung der Menschenrechte durch den Staat. Es sind nicht die ethnische Abstammung
oder die religiöse Einstellung einzelner, die über Rechte und Pflichten bestimmen,
sondern vielmehr der Respekt vor dem menschlichen Wesen. Wenn wir diesen Weg der Gleichheit
aller weiterverfolgen, wird es langfristig möglich sein, Frieden und Zusammenarbeit
im Nahen Osten zu schaffen.“
Und was steht sonst noch so an bei der UNO
in Genf? Viel, berichtet der ständige Vatikanbeobachter bei den Vereinten Nationen:
„2014
wird ein sehr arbeitsreiches Jahr: Sei es für die ganz normale Arbeit des Rats für
die Menschenrechte, sei es für die Konferenz zur Entwaffnung oder für die humanitären
Notlagen durch die aktuellen Konflikte in Afrika und im Nahen Osten. Hinzu kommen
immer mehr Flüchtlinge, beispielsweise aus der Republik Zentralafrika oder dem Südsudan.
Die Präsenz des Heiligen Stuhls in Genf ist bei all dem so ein bisschen die Stimme
des Gewissens. Ganz klar Priorität hat die Suche nach Frieden – denn ohne Frieden
sind wirtschaftliche Entwicklung und ein normales und konstruktives Leben unmöglich.“