Eine Konferenz wird
am Montag im Vatikan hinter verschlossenen Türen über Lösungen für den Krieg in Syrien
diskutieren. Organisatorin ist die Päpstliche Akademie der Wissenschaften. In einer
Woche dann beginnt in Genf eine große Tagung der internationalen Gemeinschaft, genannt
Genf-2, die ebenfalls nach Frieden in Syrien sucht. Für Otmar Oehring ist für einen
Genf-2-Erfolg entscheidend, dass man auch die oppositionellen Gruppen, die mit sich
reden lassen, in die Friedensgespräche mit einbindet. Das sagte der langjährige Menschenrechtsexperte
beim kirchlichen deutschen Hilfswerk Missio, der jetzt Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung
in Amman, Jordanien, ist, am Wochenende im Gespräch mit Radio Vatikan. Zugleich warnte
er vor überzogenen Erwartungen.
„Die Opposition, die ursprünglich im Clinch
mit dem Regime lag, muss an der Konferenz teilnehmen, und dann wird es natürlich auch
wichtig sein, dafür zu sorgen, dass alle staatlichen Akteure, die in irgendeiner Weise
an diesem Konflikt beteiligt sind – also z.B. auch der Iran – eingebunden werden.“
Der US-Nukleardeal mit Iran habe in Jordanien bei politischen Analysten „große Hoffnungen“
ausgelöst, „dass in der Folge auch die Syrien-Frage mit dem Iran geklärt werden könnte“,
berichtet Oehring. Dem stünden allerdings die Interessen Saudi-Arabiens und Quatars
entgegen. Radikale Islamisten, „die in Syrien einen Gottesstaat errichten wollen“,
werden sich nach seinem Eindruck nicht in eine Suche nach Frieden einbinden lassen.
Noch
heute unterstützt nach Oehrings Angaben „aus Eigeninteresse ein Großteil der syrischen
Bevölkerung, der sunnitischen Muslime, das Regime“. Dazu zählten auch die im wesentlichen
moderat eingestellten Händler, „die unter diesem Regime gute Geschäfte gemacht haben“.
Dass viele Christen in Syrien weiter zum Regime hielten, sei keine Überraschung. „Da
muss man ganz klar sagen: Das, was man hat, kennt man, und man hat auch erfahren,
dass man mit diesem Regime – mit gewissen Einschränkungen – ganz gut leben kann oder
konnte… Was man mit der Opposition bekommen würde, darunter mit der Muslimbruderschaft,
das könnte man sich denken, und das versprach natürlich für die Christen nichts wirklich
Gutes. Sie hatten einfach Angst, dass sie dann in einem islamischen Staat leben würden
– zu den Konditionen, die ein solcher Staat auf der Grundlage der Scharia ihnen auferlegen
würde.“
Dass die Christen in Syrien eine Art Brücke zwischen den streitenden
Gruppen darstellen könnten, hält Otmar Oehring für eine „übertriebene Vorstellung“,
vor allem weil die Christen „eine so kleine Minderheit sind – egal in welchem Land“.
Mit Blick auf die Vatikankonferenz zu Syrien vom Montag warnt der Nahostexperte vor
übertriebenen Erwartungen. „Ich denke, dass die Kirchenspitze bei all der Macht, die
ihr immer wieder zugesprochen wird, wahrscheinlich in Bezug auf Syrien wenig machen
kann. Sie kann natürlich auf die Akteure in diesem ganzen Konflikt, besonders auf
die in der sogenannten christlichen Welt, Einfluss nehmen, aber viel mehr wird sie
wahrscheinlich nicht machen können.“ Eine Militärintervention des Westens, wie sie
im letzten Sommer im Gespräch war, hätte „im schlimmsten Fall zu einem Flächenbrand“
führen können, „weil dann natürlich plötzlich nicht mehr Schiiten und Sunniten Feinde
gewesen wären, sondern die islamische Welt in neuerlicher Feindschaft gegenüber der
sogenannten christlichen Welt, dem Westen, verbunden gewesen wäre“. Was das bedeutet
hätte, könne man sich „leicht ausmalen“, so Oehring.
(rv 12.01.2014 sk)
Wenn
Sie auf das Lautsprechersymbol oben links klicken, können Sie unser ganzes Interview
mit Otmar Oehring, Amman, hören. Oehring äußert sich auch zur Situation der Syrien-Flüchtlinge
und zu der Frage, ob man sich nicht mittlerweile einen Verbleib Assads im Präsidentenamt
wünschen müsste.