Zwei Vatikan-Diplomaten
haben in Budapest während des Zweiten Weltkriegs zahlreichen Juden das Leben gerettet.
Der italienische Historiker Matteo Luigi Napolitano hat darüber jüngst ein Buch vorgelegt.
Es trägt den Titel „Die Gerechten von Budapest“ (italienischer Originaltitel: „I Giusti
di Budapest“), denn beiden Priestern wurde die höchste Ehrung des israelischen Staates
zuteil, die Auszeichnung „Gerechter unter den Völkern“ der Holocaust-Gedenkstätte
Yad Vashem. Die beiden Judenretter waren der Nuntius in Budapest, Erzbischof Angelo
Rotta, und der Richter der Nuntiatur, Gennaro Verolino.
„Diesen beiden
Diplomaten ist es geglückt, mit verschiedenen Hilfsmitteln viele Juden zu retten.
Beispielsweise fälschten sie Dokumente oder stellten Blanko-Visa aus, oder sie mieteten
in der ungarischen Hauptstadt Immobilien und übertrugen auf diese die diplomatische
Immunität. Außerdem ist es ihnen gelungen, was sehr dramatisch und kompliziert war,
die tragischen Konvois ungarischer Juden zur österreichischen Grenze aufzuhalten,
von wo die Menschen deportiert werden sollten. Die beiden Priester hielten diese Menschenzüge
an und sagten, Stopp, wir haben Passierscheine und Visa für diese Menschen.“
Die
Nichte von Gennaro Verolino stellte Napolitano bisher unbekannte Dokumente und Briefe
aus dem Familienbesitz zur Verfügung. Sie erlaubten es dem Historiker, das Rettungswerk
der beiden Priester genauer als bisher möglich zu beschreiben.
„Die Bezeichnung
„Gerechte“ erinnert uns an eine menschliche Geschichte, das menschliche Drama dieser
Personen, die durch Lebensgefahr gingen. Da gibt es schreckliche Beschreibungen der
menschlichen und auch hygienischen Situation jener Juden und davon, wie sie behandelt
wurden von den Soldaten mit dem Pfeilkreuz, dem Symbol des ungarischen nazifreundlichen
Regimes der Zeit.“
Die beiden päpstlichen Diplomaten waren in Budapest
nicht allein mit der Organisation von Hilfe für die von Deportation und Ermordung
bedrohten Juden. Napolitano nennt die beiden schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg
und Per Johan Valentin Anger oder den italienischen Geschäftsmann Giorgio Perlasca.
Was besagt es also, dass Erzbischof Angelo Rotta und sein Mitarbeiter Gennaro Verolino
ihre Stellung nutzten, um Bedrängten und Verfolgten zu helfen?
„In der
Geschichte der Diplomatie des Heiligen Stuhles ist das nichts Neues. Der Fall der
Budapester Vatikan-Diplomaten gibt uns Fragen nach dem Zusammenhang auf: Diese Gerechten,
die Katholiken, die Juden retteten, ist das eine episodenhafte Frage oder eine Frage
der Geschichtsschreibung? Sind das Einzelfälle, oder handelt es sich um einen Zusammenschluss?
Ich komme zu dem Schluss, der natürlich auch einer kritischen Überprüfung unterzogen
werden kann, dass da in Wirklichkeit ein gut organisiertes Netzwerk der Hilfe am Werk
war. Diese Gerechten – vor allem vatikanische Diplomaten – handelten auch und vor
allem auf Anweisung des Staatssekretariates des Heiligen Stuhles und des Papstes [Pius
XII., Anm.].“