2014-01-04 12:39:28

Indien: „Hier herrscht moralischer Relativismus“


RealAudioMP3 Die katholische Kirche in Indien ist empört über die Welle von Vergewaltigungen im Subkontinent. Es sei nicht hinnehmbar, dass das Leben von so vielen Frauen zerstört werde. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der indische Bischof Felix Machado. Er ist Präsident der Arbeitsgruppe für Dialog und Ökumene der Indischen Bischofskonferenz. Der jüngste Fall ereignete sich kurz vor Weihnachten. Da wurde ein Brandanschlag auf ein Mädchen verübt, die zuvor der Polizei ihre Täter wegen einer Vergewaltigung angezeigt hatte. Das Mädchen starb am 1. Januar im Krankenhaus.

„Das ist in der Tat ein tragischer Fall! So etwas dürfen wir nicht hinnehmen! Wir haben zu viele solcher Fälle in jüngster Zeit erlebt und es ist traurig, dass Männer wie Biester handeln.“

Das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF geht davon aus, dass etwa 30.000 indische Kinder zwischen fünf und 18 Jahren missbraucht werden. Diese Zahl gelte für 2011, so UNICEF. Laut statistischer Erhebungen der indischen Regierung liegt die Zahl sogar noch weitaus höher: so ging man in dem Land 2007 davon aus, dass über die Hälfte aller indischen Minderjährigen sexuell missbraucht werde - das sind zwischen 150 und 200 Millionen Kindern. Bischof Machada:

„Viele Inder glauben, dass sie selber das Gesetz seien oder zumindest darüber stehen. Auch ist leider immer noch die Einstellung verbreitet, dass es Menschen gibt, die weniger Wert haben als andere. Es fehlt auch eine – ich nenne dies – moralische Entwicklung. Hier in Indien herrscht vor allem ein moralischer Relativismus.“

Das bedeute konkret, dass die Vergewaltigungsfälle und Übergriffe auf Kinder ein kulturelles Problem seien, so Bischof Machado.

„Was hinzu kommt, ist oft die fehlende Schulbildung. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass wir hier in Indien immer noch etliche ethnische Konflikte haben und dann gibt es vielerorts weiterhin das Kastendenken. All diese Faktoren zusammen sind die Gründe für die kriminellen Handlungen.“

Zwar habe es in der indischen Öffentlichkeit im vergangenen Jahr eine breite Diskussion zu dem Thema gegeben, dennoch habe es keine nennenswerte Resultate gegeben.

„Die Zentralregierung hat sogar die Todesstrafe für Vergewaltigungstäter eingeführt, doch auch das nützte nichts. Wir Katholiken haben diesen Beschluss kritisiert, weil es nicht richtig ist, das Leben eines Menschen wegzunehmen, egal was er getan hat. Hinzu kommt, dass die Todesstrafe dennoch keine Verhinderung oder Abnahme der Fälle gebracht hat.“

Der Vorschlag der indischen Bischöfe hingegen ist, dass in der Bevölkerung Werte verbreitet werden sollen, die die Würde des Menschen betonen. Dies könne nur an der Schule und vor allem in der Familie geschehen, fügt Bischof Machado an.

(rv 04.01.2014 mg/pr)







All the contents on this site are copyrighted ©.