Vatikan/Russland: Zeit gekommen, „im Verhältnis voranzugehen“
Der Präsident des
Päpstlichen Einheitsrates trifft in diesen Tagen in Russland mit den Spitzen der orthodoxen
und der katholischen Kirche zusammen. Am Mittwoch wird Kardinal Kurt Koch von Patriarch
Kyrill I. empfangen. Wird es dabei auch um ein mögliches Treffen zwischen Papst und
Patriarch gehen? Dieses wird schon lange angepeilt, kam bisher aber nie zustande.
Franziskus hatte in diesen Tagen noch in einem Zeitungsinterview betont, die
orthodoxen Patriarchen seien für ihn „Brüder im Bischofsamt“. In dem Gespräch mit
der italienischen Zeitung „La Stampa“ unterstrich der Papst, es sei schmerzlich, nicht
die Eucharistie miteinander feiern zu können, aber „Freundschaft“ sei vorhanden. Die
Ökumene sei für ihn als Papst eine Priorität, betonte Franzikus. Ist vor diesem Hintergrund
ein Treffen des Papstes mit Kyrill I. absehbar? Franziskus' „Ökumene-Minister“, Kardinal
Kurt Koch, kennt Patriarch Kyrill jedenfalls schon, sagte uns der Domenikaner Hyacinthe
Destivelle vom Päpstlichen Einheitsrat:
„Sicher ist Kochs Treffen mit Kyrill
wichtig, vor allem weil es das erste Treffen des Kardinals als Vertreter des neuen
Papstes mit dem Patriarchen ist. Koch hat Kyrill allerdings schon vor zwei Jahren
in Moskau getroffen. Das jetzige Treffen ist bedeutsam, weil es neue Herausforderungen
gibt: natürlich der Friede im Nahen Osten, die Familie, die kirchliche Soziallehre
und moralische Fragestellungen sowie – allem voran – die Herausforderung der Einheit
im Glauben. Vielleicht ist ja jetzt der Moment gekommen, eine symbolische Geste zu
tun und in unserem Verhältnis voranzugehen. Und ich hoffe, dass das Treffen in diesem
Sinne helfen wird.“
Der Pater sieht durchaus ein mögliches Treffen des
Papstes mit dem russischen Patriarchen heranrücken: „Wir brauchen eine solche Begegnung“,
so Destivelle – wenn er auch selbst nicht weiß, ob zeitnah etwas daraus wird. Mit
den Begegnungen im Moskauer Patriarchat und zwei Konferenzen in Sankt Petersburg über
das Zweite Vatikanische Konzil und den katholisch-orthodoxen Dialog steht Kochs Besuch
klar im Zeichen eines Bemühens um ökumenische Verständigung. Symbol für einen Aufbruch
im katholisch-orthodoxen Dialog seit den 90er Jahren ist die katholische Basilika
der Heiligen Alexandrinischen Katharina in Sankt Petersburg. Dort hat Koch am Sonntag
die Messe gefeiert. Destivelle:
„Diese Kirche ist die älteste katholische
Kirche Russlands und sozusagen die Mutter aller katholischen Kirchen des Landes. Sie
ist auch eine der schönsten und ist berühmt für ihre Heiligen. Bekannt ist sie aber
auch für ihr tragisches Schicksal und das aller Christen in Russland: Das Gotteshaus
wurde vor dem Zweiten Weltkrieg geschlossen und blieb bis zu den frühen 90er Jahren
geschlossen, 1992 haben die Autoritäten der Stadt es dann der katholischen Gemeinschaft
zurückgegeben. Heute kann die Basilika auf eine sehr reiche Geschichte zurückblicken,
was das katholische Verhältnis zur Kultur dieses Landes und zu den anderen Kirchen
angeht, vor allem natürlich zur russisch-orthodoxen Kirche.“ Kochs Russlandbesuch
endet am Donnerstag. Vor der Begegnung am Mittwoch mit Patriarch Kyrill wird sich
der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates am Vortag erst mit dem Außenamtschef des
Moskauer Patriarchates, Hilarion, treffen. Dieser war am 12. November noch bei Franziskus
im Vatikan. Er hatte zuletzt in einem Interview geäußert, die Chancen für eine historische
Begegnung von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill I. seien sehr groß. Bisher sei
allerdings noch nicht über mögliche Orte und einen Termin gesprochen worden. Seit
Gründung des Moskauer Patriarchates Ende des 16. Jahrhunderts gab es keine Begegnung
der Oberhäupter beider Kirchen.