Der Vatikan und das Geld: Fortschritte bei der Transparenz
Der Vatikan hat im
Einsatz gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung große Fortschritte gemacht. Das belegt
ein Experten-Bericht, der an diesem Donnerstag veröffentlicht wurde. Unser Redaktionsleiter
Pater Bernd Hagenkord sprach darüber mit René Brülhart, dem Direktor der vatikanischen
Finanzaufsichtsbehörde AIF.
Herr Brülhart, Sie kommen gerade von den Beratungen
über Moneyval zurück – sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen?
„Der Bericht
des Vatikans wurde von der Plenarversammlung in vollem Umfang abgenommen, also gutgeheißen,
von daher kann ich sicher zufrieden sein.“
Ist Moneyval auch zufrieden?
„Die
Diskussionen in Moneyval sind sehr konstruktiv und eigentlich auch sehr kurz verlaufen;
es gab keine großen Diskussionen darüber, ob man jetzt eine Abnahme vornehmen sollte
oder nicht. Ich kann nicht für Moneyval sprechen, aber ich gehe davon aus, dass –
gestützt darauf – auch Moneyval zufrieden ist.“
Machen wir einen Schritt
zurück: Sie haben ja einen Fortschrittsbericht vorgelegt, der sich auf einen Bericht
aus dem Jahr 2012 bezieht. Damals hatte es eine Art Rating gegeben, bei dem 16 Punkte
genannt wurden, und neun davon waren positiv, sozusagen mit einem Pluszeichen versehen.
Wie sieht das Ergebnis jetzt aus, haben wir da wieder eine Art Rating vorliegen?
„Gestützt
auf das ordentliche Verfahren von Moneyval gibt es bei einem Bericht, der sich sozusagen
mit der Umsetzung der entsprechenden Empfehlungen, welche damals ausgesprochen wurden,
auseinandersetzt, keine neuen Ratings. In anderen Worten: Es wurde geprüft, ob die
Empfehlungen, die abgegeben worden waren, vom Heiligen Stuhl bzw. vom Vatikan entsprechend
umgesetzt wurden, bzw. ob die Umsetzung in die Wege geleitet worden ist.“
Was
waren denn das für Fortschritte, die Sie jetzt vorgelegt haben?
„Es gibt
verschiedene Ebenen, über die wir hier sprechen. Das eine sind rechtliche Anpassungen
– eine Verstärkung des rechtlichen Rahmens. Eine zweite Ebene sind institutionelle
Anpassungen, und das Dritte ist sozusagen die operative Tätigkeit, also wie das Ganze
konkret umgesetzt wird.“
Was heißt denn das konkret? Wofür steht zum Beispiel
„operative Tätigkeit“ – für Ressourcen?
„Nein, das bedeutet, dass man aktiv
Geldwäsche bekämpft, wenn sie denn aufgedeckt wird bzw. gesehen wird. Und das können
wir klar bejahen.“
„Es wurde extensiv gearbeitet“
Sie
haben auch die juristische Ebene benannt, und da sagt die Pressemeldung von Moneyval
an diesem Donnerstag, es gebe jetzt den juristischen Rahmen, die Bekämpfung von Geldwäsche
funktioniere. Gibt es da also nichts mehr zu tun?
„Also, wenn Sie den doch
sehr umfassenden Bericht, der heute morgen veröffentlicht worden ist, zur Hand nehmen,
dann sehen Sie, dass auf diesen drei Ebenen in den letzten Monaten sehr extensiv gearbeitet
worden ist. Sprechen wir über den rechtlichen Rahmen, der angepasst worden ist: Es
gibt seit dem 8. Oktober dieses Jahres ein völlig neues Anti-Geldwäsche-Gesetz, das
auch schon angewandt wird, es gibt auf der institutionellen Ebene ein neues Statut
meiner Behörde AIF, im Bereich der internationalen Zusammenarbeit sind wir Mitglied
geworden in der sogenannten Egmont-Gruppe, also dem Zusammenschluss von weltweiten
Geldwäsche-Meldestellen. Dort sind 139 Länder vertreten. Wir haben verschiedene Vereinbarungen
über Zusammenarbeit mit anderen Geldwäsche-Meldestellen, darunter mit Italien, mit
den USA oder vor ein paar Tagen mit Deutschland unterzeichnet. Das sind alles Elemente,
die dazu geführt haben, dass Moneyval zum Schluss gekommen ist, dass man die Hausaufgaben
im Vatikan gemacht hat.“
Sie sind Chef der Aufsichtsbehörde AIF; Sie kommen
nun nach den Debatten nach Hause. Was tun Sie als nächstes? Es ist ja ein Fortschrittsbericht,
wir sind ja noch nicht am Ende…
„Als nächstes nehmen wir die Aufarbeitung
im IOR unter die Lupe“
„Arbeiten.“ (Lacht) „Ich glaube, wir
sind auf dem richtigen Weg. Als nächstes werden in erster Linie sogenannte Vor-Ort-Kontrollen
durchgeführt werden, die sind momentan in Planung. Das dürfte in Kürze über die Bühne
gehen. Ein Hauptpunkt dabei wird sein, dass wir insbesondere den Aufarbeitungsprozess
innerhalb des IOR unter die Lupe nehmen werden, dass wir dort also verifizieren, wie
das abgelaufen ist. Dieser Prozess findet unter unserer Aufsicht statt; nichtsdestotrotz
wird es wichtig sein, dass wir dort in eine entsprechende Verifizierung hineingehen.“
Wenn
Sie sagen „Aufarbeitungsprozess“, meinen Sie damit die Kontenkontrolle und all die
Dinge, die das IOR im Augenblick durchführt?
„Genau. Also, dass man dort
sozusagen die einzelne Konten-Überprüfung, die momentan innerhalb des IOR durchgeführt
wird, dass man diesen Prozess – der, wie gesagt, unter unserer Begleitung stattfindet
– noch ganz genau verifizieren werden und uns das dort dann anschauen.“
Was
in der Vergangenheit immer wieder genannt wurde, waren die Verdachtsfälle. Am Anfang
waren es relativ wenig, dann auf einmal waren es über hundert, wenn ich das richtig
in Erinnerung habe. Ist das ein gutes Zeichen für Sie? Wie gehen Sie mit den Meldungen
von verdächtigen Finanztransaktionen um?
„Wir hatten 2012 sechs sogenannte
Verdachts-Mitteilungen, jetzt bis Ende Oktober 2013 waren es 105 Verdachts-Mitteilungen.
Ein klares Zeichen dafür, dass das Meldesystem in diesem Bereich funktioniert, dass
man dort auch entsprechende Vorsicht walten lässt. Ein weiterer Grund dafür ist aber
auch der ganze Aufarbeitungsprozess, der momentan stattfindet, vor allem innerhalb
des IOR. Ein Zeichen, dass dort die Arbeit sehr gut durchgeführt wird. Aber glauben
Sie mir: Die Arbeit wird nicht ausgehen!“
„Sehr konstruktiver Dialog
mit Moneyval“
Wenn wir über Vatikan und Finanzen sprechen, sprechen
wir in den Medien ja vor allem von der Vatikan-„Bank“. Was genau hat Moneyval eigentlich
geprüft?
„Moneyval als solches prüft, ob ein Staat, eine Jurisdiktion, über
ein funktionierendes Geldwäsche- und Terrorismus-Bekämpfungssystem verfügt. Dort spricht
man in erster Linie darüber, ob der rechtliche Rahmen gegeben ist, ob die entsprechenden
Behörden existieren, und vor allem: ob diese Behörden ihre Arbeit tun.“
Und
sie tun ihre Arbeit?
„Moneyval bestätigt das, es ist soweit zufrieden, weist
auch auf gewisse Elemente hin. Wir sind in einem sehr konstruktiven Dialog mit Moneyval
und werden diesen auch weiterführen.“
Noch einmal kurz zum Hintergrund:
Moneyval ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Staaten, die sich um den Kampf gegen
Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung kümmern. Wie kommt der Vatikan dazu, sich genau
daran zu orientieren?
„Moneyval prüft sozusagen die Umsetzung der internationalen
Standards im Bereich der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungs-Bekämpfung, und
der Vatikan hat vor gut drei Jahren auch ein formell sehr starkes Commitment abgegeben
im Sinn auch einer moralischen Verpflichtung, diese Arbeiten sehr rasch und sehr gezielt
in die Hand zu nehmen. Das Resultat, das wir heute sehen, ist doch sehr positiv.“
Es
gibt in der offiziellen Pressemeldung von Moneyval auch noch die Perspektive nach
vorne. Was kann in Ihren Augen noch verbessert werden?
„Wir werden auf jeden
Fall von unserer Seite her Vor-Ort-Inspektionen bei den Finanzinstituten vornehmen;
dort sind wir momentan in der Planungsphase…“
Finanzinstitute – also
Vatikanbank und anderes im Vatikan?
„Ja, insbesondere im Zusammenhang
mit dem IOR… wo wir in erster Linie schauen werden, ob sozusagen der ganze Bereinigungsprozess,
der eingeleitet worden ist und über den wir eine entsprechende Aufsicht ausüben –
wie das mit der konkreten Umsetzung abgelaufen ist. Das werden wir verifizieren.“
Der
Vatikan ist Moneyval 2011 beigetreten, würden Sie sagen: Das war eine Erfolgsgeschichte?
„Es
geht nicht so sehr darum, ob es eine Erfolgsgeschichte ist oder nicht. Es geht darum,
dass wir die Maßnahmen, die notwendig sind, um uns auch als glaubwürdiger Partner
gegenüber anderen Ländern und anderen Jurisdiktionen zu etablieren, an die Hand genommen
und umgesetzt haben – und weiter umsetzen. Und dass wir dort sozusagen unseren aktiven
Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche und der Finanzierung von Terrorismus leisten
können. In dem Zusammenhang, ja, ist das eine Erfolgsgeschichte.“