Vatikan jubelt über „historischen Durchbruch“ beim Welthandel
Auf der Welt fallen
die Handelsschranken: Historischer Durchbruch bei der Welthandelsorganisation WTO.
Auf der Insel Bali schlossen die fast 160 stimmberechtigten Nationen, die zur WTO
gehören, das erste große Abkommen seit zwanzig Jahren, das den Welthandel liberalisiert,
der Landwirtschaft in vielen Teilen der Welt hilft und die Nahrungsmittelsicherheit
stärkt. Bis zum letzten Moment war die Einigung unsicher, vor allem weil Kuba an eine
Zustimmung Bedingungen knüpfte. Für die WTO ist es – nach langen und zähen Verhandlungen
– das erste Abkommen überhaupt seit ihrer Gründung 1995. Für den Vatikan hat Erzbischof
Silvano Tomasi, Ständiger Vatikanbeobachter bei der UNO, am Gipfel auf Bali teilgenommen.
Er ist zufrieden mit dem Erreichten:
„Zum ersten Mal wurde eine Reihe von
Maßnahmen vereinbart, die wirklich die Straße freimachen zur internationalen Solidarität,
indem sie die Entwicklung aller Länder fördern! Vor allem wurde ein Dokument über
Handelserleichterungen beschlossen, mit dem künftig sehr viel Bürokratie vermieden
wird. Es wird dadurch leichter, Waren auf die Reise zu schicken, und der erhebliche
wirtschaftliche Nutzen, den das mit sich bringt, wird vieles beitragen zur wirtschaftlichen
Erholung und zum Schaffen von Arbeitsplätzen. Ausgesprochen wichtig scheint mir auch
das Abkommen über Lebensmittelsicherheit: Da wird der Nahrung, die zum Leben notwendig
ist, dem Wasser zum Beispiel, die klare Priorität gegeben. Wir können dieses Abkommen
wirklich historisch nennen! Als Delegation des Heiligen Stuhls konnten wir auch durch
informelle Kontakte, abseits der offiziellen Erklärung, den Dialog zwischen den Partnern
verstärken, denn die hatten wirklich Schwierigkeiten, miteinander zu reden. Und dadurch
wurde dann dieser wirklich historische Abschluss möglich gemacht.“
Aber
was wird der Papst zu den Nachrichten von der Insel Bali sagen? „Diese Wirtschaft
tötet“, schreibt Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium von
Ende November – das sind schon jetzt vielzitierte Worte. Wird er eine weitere Liberalisierung
im Welthandel nicht mit Unbehagen sehen? Vatikan-Erzbischof Tomasi sieht das nicht
so:
„Die ganze Präsenz des Heiligen Stuhls in der multilateralen Welt verdankt
sich der kirchlichen Soziallehre, und die sagt: Marktwirtschaft ohne Regeln führt
zum Ausschluss von Personen, Gruppen oder manchmal sogar ganzen Ländern. Darum gilt
es zweierlei zu tun: Auf nationaler Ebene muss der Staat für das Gemeinwohl aller
seiner Bürger sorgen, und parallel muss auf internationaler Ebene dafür gearbeitet
werden, dass die Strukturen, die die internationale Gemeinschaft geschaffen hat, die
Inklusion aller für das Gemeinwohl fördern. Ein gut organisierter Welthandel mit ethischen
Regeln führt zu weniger sozialen Ungleichheiten und ist ein effizientes Mittel, um
die Armut zu bekämpfen.“
Natürlich muss die Einigung von Bali jetzt erst
noch umgesetzt werden. Trotzdem ist sie schon an sich von höchstem Wert, betont Erzbischof
Tomasi.
„Die Einigung hat jetzt schon Frucht gebracht, weil sie die globale
Struktur stärkt – nicht nur der Welthandelsorganisation, sondern des Multilateralismus
allgemein. Und dieser ist gewissermaßen der Königsweg, der in konkreten Entscheidungen
die Solidarität ausdrückt, welche wir Christen predigen. Und dann sind da, zweitens,
die Vorteile auf mittlere und längere Sicht, die dieses Abkommen bringt: das Wachsen
des Welthandelsvolumens, das Steigen der Erlöse, mit denen sich die Armut bekämpfen
lässt. Die Umsetzung wird natürlich ihre Zeit brauchen, aber einige Vorteile greifen
sofort. Davon werden sicher die kleinen und mittleren Unternehmen im Agrarbereich
profitieren. Der gute Wille, den alle beim Erreichen dieses Kompromisses gezeigt haben,
wird in den nächsten vier Jahren dafür sorgen, dass nicht nur diese jetzt getroffenen
Absprachen in die Praxis umgesetzt werden, sondern dass auch eine zweite Runde startet,
mit der die internationale Zusammenarbeit im wirtschaftlichen Bereich noch weiter
gestärkt wird.“