Der Vatikan gönnt
der von ihm herausgegebenen Latein-Zeitschrift „Latinitas“ eine Verjüngungskur. Das
ehrwürdige Blatt wird in Zukunft nicht mehr durchweg auf Latein erscheinen, sondern
auch vereinzelt Texten in modernen Sprachen Platz einräumen. Der Relaunch für „Latinitas“
trägt dem wachsenden Interesse an Latein Rechnung, sagte Kurienkardinal Gianfranco
Ravasi, der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, bei der Vorstellung der ersten
neuen Nummer. Um ein Denkmal für eine tote Sprache geht es nicht: vielmehr möchte
die Zeitschrift die Modernität des lateinischen Erbes hervorheben, sagte Ravasi und
zitierte den italienischen Philosophen Antonio Gramsci:
„Man lernt nicht
Latein oder Griechisch, um die Sprachen zu sprechen, um Kellner, Dolmetscher oder
Handelskorrespondent zu werden: man lernt sie, um direkt die Zivilisation zweier Völker
kennen zu lernen, mithin die Vergangenheit, die freilich die notwendige Voraussetzung
der modernen Zivilisation ist; das heißt, man lernt die alten Sprachen, um sich selbst
zu kennen.“
„Latinitas“ erscheint seit 1953 und richtet sich damals wie
heute in erster Linie an Professoren und Lehrer. In Zukunft kommt das Blatt nicht
mehr viermal, sondern nur noch zweimal im Jahr heraus. Die inhaltliche und grafische
Neuaufmachung der vatikanischen Zeitschrift ist das erste Großunterfangen der Päpstlichen
Akademie für Latein, die Benedikt XVI. vor einem Jahr ins Leben rief. Die erste neue
Ausgabe, die nun im Vatikan vorgestellt wurde, trägt unter anderem eine Widmung an
Papst Franziskus und eine Erinnerung an Papst Benedikt. Dieser hatte am 11. Februar
2013 auf Latein vor seinen Kardinälen seinen Amtsverzicht erklärt. Kardinal Ravasi
war dabei - und erzählt eine Anekdote:
„Benedikt las linear und auch sehr
leise seinen Text auf Latein vor. Die meisten Kardinäle waren stumm vor Überraschung.
Neben mir saß ein anderer Kardinal, dessen Namen ich Ihnen nicht verrate, der mich
am Ende fragte: Hören Sie, was hat der Papst eigentlich gesagt? Ich sagte, Nun, er
hat gesagt, er tritt zurück. Und er: Nein, das haben Sie nicht richtig verstanden!"
Ein
Komitee von acht Latein-Gelehrten arbeitet an der Zeitschrift. Die Redaktion liegt
in den Händen von vier lateinkundigen Journalisten und zwei Revisoren.