Zentralafrika/Uganda: Das Drama der Kindersoldaten
Die römische Basisgemeinschaft
Sant`Egidio bemüht sich um eine Stabilisierung der Lage in der Zentralafrikanischen
Republik. Die katholische Gruppe hat vor zwanzig Jahren ein Ende des blutigen Bürgerkriegs
in Mosambik vermittelt; im September erstellte sie eine Road map zum Frieden in der
Zentralafrikanischen Republik, wo die Rebellengruppe Séléka im März die Macht übernommen
hat. In der Hauptstadt Bangui unterzeichnete Putsch-Präsident Michel Djotodia in Anwesenheit
der gesamten Regierung das Papier von Sant`Egidio. Der so genannte „Pakt der Republik“
soll dauerhafte Mechanismen zur Vermeidung und zum Umgang mit Konflikten einführen.
Erster – und wohl schwierigster – Punkt ist „die Entwaffnung der Milizen“.
So einfach läßt sich die Séléka, die offiziell vor kurzem verboten wurde und trotzdem
weitermacht, nicht stoppen. Der Triumph der Séléka in Zentralafrika gibt finsteren
Gestalten in der Region neuen Auftrieb, etwa der berüchtigten „Widerstandsarmee des
Herrn“, kurz LRA, von Joseph Kony. Diese sektenähnliche Rebellengruppe operierte bis
vor ein paar Jahren vor allem in Norduganda. Doch Pater Cosmas Alule, Rektor eines
Seminars in Gulu (Norduganda) erklärt, was sie mit der Zentralafrikanischen Republik
zu tun hat.
„Die LRA raubt in Norduganda Kinder und bringt sie dann über
die Grenze in die Zentralafrikanische Republik. Dort werden diese Kleinen indoktriniert,
bekommen eine Art Gehirnwäsche und werden den Aufständischen zugesellt. Die LRA hat
herausgefunden, dass sie über Kinder mehr Macht hat, darum entführt sie vor allem
Kinder. Die Gruppe hat es gelernt, mit dem Gehirn der Kinder zu spielen, es nach ihrem
Gutdünken umzuformen. Sie bringt ihnen das Kämpfen bei und das Töten ohne Gnade. Kinder
sind außerdem für die Rebellen nützliche Schutzschilde, wenn ihre Warlords Überfälle
und Plünderungen durchführen. Und drittens – das ist wirklich schrecklich – bedienen
sie sich dieser Kinder auch als Sex-Sklaven, vor allem der Mädchen. Viele von ihnen
werden mit den hohen Tieren der Rebellen verheiratet, dann tauschen sie sie untereinander
aus, ganz nach Belieben. Das ist ein sehr trauriger Aspekt.“
Ab etwa 2006
ist die ugandische Regierung mal mit Härte, mal mit Dialogangeboten gegen die LRA
vorgegangen. Das führte dazu, dass sich die Gruppe weitgehend aus Norduganda zurückgezogen
hat – in den Sudan, in einen Teil des Kongo und eben in die Zentralafrikanische Republik.
Dass die dortige Rebellengruppe Séléka den legitimen Präsidenten Francois Bozizé abgesetzt,
die Macht übernommen und ein Riesenchaos angerichtet hat, spielt der LRA in die Hände:
Aus Bangui hat sie nichts zu befürchten.
„In Zentralafrika sorgen die LRA-Rebellen
für denselben Horror wie früher – und teilweise jetzt noch – in Norduganda: Kinder
entführen, Dörfer zerstören, Eigentum plündern. Die ugandische Regierung hat darauf
reagiert; sie schickt im Einvernehmen mit der Afrikanischen Union Soldaten, die den
Auftrag haben, Joseph Kony oder andere führende Rebellen zu schnappen oder ansonsten
irgendwie zu stoppen. Aber bisher ist ihnen das nicht gelungen.“
Die Kirche
sei in den dunklen Jahren von Norduganda „ein besonderes Licht“ für die terrorisierten
Menschen gewesen, sagt Pater Alule. „Sie war immer eine Zuflucht für die Menschen.
Viele übernachteten regelmäßig in den Missionsstationen, Kirchen oder Pfarreigebäuden,
auch hier im Seminar, in dem ich mich jetzt befinde, auch hierhin sind sie geflüchtet.
Das war eine Art und Weise, wie die Kirche der Bevölkerung geholfen hat. Und dann
hat sie auch immer wieder versucht, für diese Konflikte eine friedliche Lösung zu
finden, vor allem der Erzbischof von Gulu, John Baptist Odama, hat sich da hervorgetan,
zusammen mit den Führern einer Religionsallianz für den Frieden. 2006-2007 starteten
Friedensgespräche, die immer noch fortgeführt werden, bislang allerdings ohne Erfolg.“