Erzbischof Müller beklagt Protestantisierung des Priesterbildes
Auch Katholiken sei heute der wesentliche Unterschied zwischen dem geweihten Priester
und dem Priestertum aller Gläubigen nicht mehr bewusst. Mit diesen Worten beklagte
Kurienerzbischof Gerhard Ludwig Müller eine Protestantisierung des Priesterbilds in
der katholischen Kirche. Müller äußerte sich in einem Beitrag, den die vatikanische
Tageszeitung „L’Osservatore Romano“ am Donnerstag veröffentlichte. Als einen Grund
für die Krise des Priestertums nennt der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation
die Öffnung des katholischen Milieus für die Ergebnisse evangelischer Bibelwissenschaft
der 50er und 60er Jahre. Die darin enthaltenen Vorurteile seien oft nicht erkannt
worden, so der Erzbischof. Dadurch hätte die radikale Kritik am Kult und an der priesterlichen
Vermittlerrolle auch im katholischen Raum Fuß gefasst. Zudem sei das biblische Fundament
des Priestertums infrage gestellt worden, so Müller.
Beim dem Text handelt
es sich um Auszüge einer Rede, die der Präfekt der Glaubenskongregation am Mittwoch
in Palermo gehalten hatte. Anlass war die Vorstellung des zwölften Bandes der Gesammelten
Schriften von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. auf Italienisch in der theologischen
Fakultät von Sizilien.