2013-10-18 15:40:10

D: Position der Opfer von Menschenhandel stärken


RealAudioMP3 Deutschland muss endlich die Position der Opfer beim Menschenhandel stärken, statt sich auf die Täter zu konzentrieren. Das fordert Petra Follmar-Otto vom Deutschen Institut für Menschenrechte im Interview mit dem Domradio. An diesem Freitag ist Europäischer Tag gegen Menschenhandel.

„Menschenhandel ist eine schwere Straftat (...) Die Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels ist für die Union und die Mitgliedsstaaten ein vorrangiges Ziel. - so steht es in der EU-Richtlinie gegen Menschenhandel. Doch Deutschland hat bis heute diese Richtlinie nicht unterzeichnet, und das, obwohl das Geschäft mit dem Menschenhandel boomt. Schätzungsweise 880.000 Menschen leben laut einem Bericht des Europäischen Parlaments in moderner Sklaverei". Um auf diese Schicksale aufmerksam zu machen wird seit sechs Jahren immer am 18. Oktober der Europäische Tag gegen Menschenhandel begangen.“

Deutschland hat bis heute die Richtlinien der EU nicht unterzeichnet, obwohl bereits im April dieses Jahres die Frist ablief. Follmar-Otto:

„Deutschland ist ja zur Umsetzung der Richtlinie rechtlich verpflichtet. Die Kommission hat Deutschland im April, als die Frist abgelaufen ist, gemahnt, Schritte zur Umsetzung einzuleiten. Wir sehen in Deutschland nach wie vor eine Konzentration auf die Perspektive ,Strafverfolgung gegen die Täter´, und die Opferrechte, die sind viel weniger im Fokus. Wir meinen, es müsste hier eigentlich einen Perspektivwechsel geben, hin zur Stärkung der Menschenrechte der Opfer, zur Stärkung der Position der Opfer, damit sie sich selbst aus diesen Situationen von Ausbeutung und Zwang befreien können, ihre Rechte durchsetzen können. Und dazu bräuchte es bei der Umsetzung der Richtlinie nicht nur strafrechtliche Änderungen, sondern ganz dringend eine Stärkung des Status der Opfer im Aufenthalts- und im Entschädigungsrecht. Dazu konnte sich die Politik bisher leider nicht durchringen. Es gab ja einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung, der aber im Bundesrat gescheitert ist und der sich auch allein wieder nur auf das Strafrecht und auf das Gewerberecht bezog. Hier ist die neue Bundesregierung jetzt in der Pflicht, schleunigst ein neues umfassenderes Gesetz vorzulegen.

Nicht nur Zwangsprostitution: es gibt darüber hinaus auch andere Formen von Menschenhandel:

„Es gibt Menschenhandel und schwere Folgen von Arbeitsausbeutung in sehr sehr vielen Branchen, beispielsweise sind Fälle bekannt in Deutschland aus der Landwirtschaft, aus der Gastronomie, auf dem Bau, in der fleischverarbeitenden Industrie - aber auch in privaten Haushalten und in der häuslichen Pflege. Das ist also ein sehr sehr breites Spektrum, und man muss sagen, dass polizeilich bekannt, oder strafrechtlich ermittelt, werden in Deutschland nach wie vor vorrangig Fälle in der Zwangsprostitution; das ist so ein Verhältnis von 90 zu 10 Prozent, von Fällen, die in der Zwangsprostitution und in der Arbeitsausbeutung bekannt werden. Aber man muss davon ausgehen, dass es im Bereich der Arbeitsausbeutung hier eine sehr große Dunkelziffer gibt.“

Diejenigen, die in Deutschland als Opfer bekannt werden, sind fast durchgängig Frauen, so Follmar-Otto.

„Es gibt viele Opfer und Betroffene aus Osteuropa, Südosteuropa, aber auch aus Asien und Afrika, Lateinamerika werden immer wieder Fälle bekannt - also aus sehr sehr vielen Ländern und Herkunftsregionen kommen die Betroffenen.“

(domradio 1810.2013 mg)







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