Lampedusa: Eine Schande auch für afrikanische Regierungen
200 Opfer der Katastrophe
von Lampedusa sind bislang bestätigt. Und während die italienische Justiz die Überlebenden
wegen illegaler Einreise festgenommen hat, gehen die Fragen nach der Verantwortung
weiter. Und die liegen auch aber nicht nur nördlich des Mittelmeeres.
Durch
die Unfähigkeit, Frieden, Freiheit und angemessene Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen
tragen auch viele afrikanische Regierungen ihren Anteil an der Tragödie vor Lampedusa
in der vergangenen Woche. Das sagt gegenüber Radio Vatikan der Erzbischof von Addis
Abeba, Berhaneyesus Demerew Souraphiel. Die Alternativen vor Ort seien für viele Menschen
die zwischen dem Tod auf dem Wasser und dem Tod zu Hause.
„Es ist eine Schande
für die afrikanischen Regierungen der Länder, aus denen diese Menschen kommen. Wenn
die Situation zu Hause besser wäre, wenn es Arbeit gäbe und wenn man sich frei ausdrücken
und äußern könnte, und vor allem wenn es Zeichen von Hoffnung gäbe, vor allem für
die jungen Menschen, dann hätten sie diese Reise nicht gewagt. Sie hätten keine Wüsten
durchquert, keine großen Summen Geldes bezahlt um dann auf unsicheren Booten über
das Meer zu reisen.“
Damit dürfe man aber auch nicht die Rolle der europäischen
Länder an der Tragödie herunterspielen, so der Erzbischof der Hauptstadt Äthiopiens.
Die Menschen kämen nicht, weil sie besonderen Privilegien wollten, sondern weil sie
ihre Menschenrechte und Gerechtigkeit suchten. Diese Menschen hätten ein Recht darauf,
gehört zu werden, anstatt dass man alle Zugänge blockiere.
„Jeder Mensch
hat sein ihm von Gott gegebenes Recht, auf dieser Erde zu leben. Jedes menschliche
Leben ist heilig, das hat die katholische Kirche immer gesagt. Deswegen sage ich zu
allen europäischen Ländern, die von sich sagen, dass sie für Menschenrechte einstehen,
dass das auch für sie eine Schande ist, dass so etwas im Europa des 21. Jahrhunderts
passieren kann.“
Die Hälfte der Bevölkerung Afrikas sei jung, so der Erzbischof,
es sei wichtig, ihnen eine Perspektive der Hoffnung zu geben, Hoffnung in sich selbst
und Hoffnung darauf, dass man die Umstände ändern könne.
„Es ist einfach,
über ein besseres Leben tausende von Kilometern entfernt zu träumen, wenn man die
schönen Bilder im europäischen, amerikanischen oder asiatischen Fernsehen sieht. Um
die Wirklichkeit Afrikas ändern zu können, braucht es aber keine Träume sondern Mut,
etwas zu verändern, nicht nur für uns, sondern auch für zukünftige Generationen. Wenn
unsere jungen Menschen weglaufen, wer kann dann noch die Wirklichkeit Afrikas ändern?“