„Helft uns Christen hier im Orient - aber schickt uns keine Visa.“ Mit diesen Worten
hat sich der katholische Patriarchalvikar für Jordanien, Bischof Maroun Lahham, an
Kirchen und Politik im Westen gewandt. Im Gespräch mit „Kathpress“ und weiteren österreichischen
Journalisten in der jordanischen Hauptstadt Amman betonte Lahham: „Wir Christen müssen
dort leben und unseren Glauben bezeugen, wo Gott uns hingestellt hat.“ Das sei nur
möglich, wenn die Christen in die arabische Gesellschaft integriert seien. „Und wir
werden von den anderen auch als Araber angesehen“, wenn auch mitunter ein „sehr kleiner“
Vorbehalt von Seiten der muslimischen Mehrheit bliebe. Gerade in Jordanien fühlten
sich die Christen aber auf jeden Fall nicht diskriminiert, betonte der Bischof.
Die
Christen seien in die jordanische Gesellschaft integriert, das haschemitische Königshaus
mit König Abdullah II. an der Spitze halte große Stücke auf die kleine christliche
Minderheit, die nur rund drei Prozent der Bevölkerung ausmacht. „Aber unsere Präsenz
in der Gesellschaft ist so stark, dass es eher wie 30 Prozent erscheint“, so Bischof
Lahham.
Kritik an westlicher Nahost-Politik An der westlichen
Nahost-Politik ließ der Patriarchalvikar kein gutes Haar. Die Menschen würden den
westlichen Regierungen nicht mehr abnehmen, wenn diese von Freiheit, Demokratie oder
Hilfe sprechen. Europa und die USA würden überdies ein schlechtes Beispiel hinsichtlich
ethischer und moralischer Standards geben, so Lahham.
Auf die Syrien-Krise
angesprochen meinte der Bischof, dass niemand genau wisse, was in dem Land derzeit
vor sich gehe. Eines sei aber sicher: Militärisch sei der Konflikt nicht zu lösen.
Jordanien leide sehr unter den vielen syrischen Flüchtlingen. Inzwischen sind über
550.000 im Land. Insgesamt leben derzeit rund 1,2 Millionen Syrer in Jordanien. –
„Wir können und dürfen die Grenzen nicht schließen. Dazu sind Syrien und Jordanien
viel zu eng verbunden“, unterstrich Lahham. Freilich seien die wirtschaftlichen, sozialen
und infrastrukturellen Herausforderungen für Jordanien enorm. Die Kirche bemühe sich,
vor allem über die Caritas, aber auch in den Pfarreien, so gut es gehe zu helfen.
Der
weltweite Gebetsaufruf des Papstes für Frieden in Syrien sei gerade in Jordanien sehr
offen aufgenommen worden, berichtete der Bischof weiter. Auch viele Muslime hätten
sich der Initiative von Franziskus angeschlossen.
„Wir segnen keine Mischehen“ Die
Beziehungen zwischen Christen und Muslimen in Jordanien bezeichnete Lahham als gut.
Das Zusammenleben verlaufe weitgehend problemlos. Extremistische Gruppierungen wie
die Muslimbrüder hätten im Land wenig Zulauf bzw. Rückhalt. Das Zusammenleben habe
aber freilich auch Grenzen. Lahham: „Ehen zwischen Christen und Muslimen werden von
uns nicht akzeptiert.“ Das Eheverständnis und die Sicht auf die Frau seien in Christentum
und Islam allzu unterschiedlich. Auch Konversionregeln vor der Hochzeit spielten eine
Rolle.
Von Seiten des Islam ist es einem muslimischen Mann erlaubt, eine Christin
zu heiraten, wobei diese Christin bleiben kann. Umgekehrt darf aber ein christlicher
Mann nur dann eine Muslima heiraten, wenn er zuvor zum Islam übertritt. Die Kinder
sind aus Sicht des Islam in allen Fällen jedenfalls Muslime. – „Deshalb segnen wir
auf gar keinen Fall eine solche Mischehe“, zeigte sich Lahham kämpferisch.
Zwar
gebe es natürlich trotzdem Fälle von Mischehen, 90 Prozent davon würden aber scheitern,
sah sich der Bischof in der kirchlichen Haltung bestätigt. Außerdem sei es für die
Identität der christlichen Minderheit notwendig, dass man unter sich bleibe. Ehen
zwischen christlichen Konfessionen seien hingegen nicht nur kein Problem sondern sogar
die Regel, führte der Patriarchalvikar weiter aus. Dabei gebe es zwischen den Konfessionen
die Übereinkunft, dass in der Kirche des Ehemannes geheiratet wird und die Kinder
in seiner Konfession getauft werden.
Hintergrund: Genaue Zahlen über
die Christen in Jordanien gibt es nicht. Kirchenvertreter schätzen sie auf 200.000.
Rund die Hälfte davon ist griechisch-orthodox und gehört zum orthodoxen Patriarchat
von Jerusalem, wobei die Sprache der orthodoxen Christen - auch in der Liturgie -
Arabisch ist. Bis zu 65.000 Gläubige gehören der römisch-katholischen Kirche (Lateinisches
Patriarchat von Jerusalem) an, 20.000 sind griechisch-katholisch. Der Rest der Christen
entfällt auf andere orthodoxe, orientalische und evangelische Kirchen.