2013-10-03 14:00:25

Jordanien: „Bitte schickt uns keine Visa"


„Helft uns Christen hier im Orient - aber schickt uns keine Visa.“ Mit diesen Worten hat sich der katholische Patriarchalvikar für Jordanien, Bischof Maroun Lahham, an Kirchen und Politik im Westen gewandt. Im Gespräch mit „Kathpress“ und weiteren österreichischen Journalisten in der jordanischen Hauptstadt Amman betonte Lahham: „Wir Christen müssen dort leben und unseren Glauben bezeugen, wo Gott uns hingestellt hat.“ Das sei nur möglich, wenn die Christen in die arabische Gesellschaft integriert seien. „Und wir werden von den anderen auch als Araber angesehen“, wenn auch mitunter ein „sehr kleiner“ Vorbehalt von Seiten der muslimischen Mehrheit bliebe. Gerade in Jordanien fühlten sich die Christen aber auf jeden Fall nicht diskriminiert, betonte der Bischof.

Die Christen seien in die jordanische Gesellschaft integriert, das haschemitische Königshaus mit König Abdullah II. an der Spitze halte große Stücke auf die kleine christliche Minderheit, die nur rund drei Prozent der Bevölkerung ausmacht. „Aber unsere Präsenz in der Gesellschaft ist so stark, dass es eher wie 30 Prozent erscheint“, so Bischof Lahham.


Kritik an westlicher Nahost-Politik
An der westlichen Nahost-Politik ließ der Patriarchalvikar kein gutes Haar. Die Menschen würden den westlichen Regierungen nicht mehr abnehmen, wenn diese von Freiheit, Demokratie oder Hilfe sprechen. Europa und die USA würden überdies ein schlechtes Beispiel hinsichtlich ethischer und moralischer Standards geben, so Lahham.

Auf die Syrien-Krise angesprochen meinte der Bischof, dass niemand genau wisse, was in dem Land derzeit vor sich gehe. Eines sei aber sicher: Militärisch sei der Konflikt nicht zu lösen. Jordanien leide sehr unter den vielen syrischen Flüchtlingen. Inzwischen sind über 550.000 im Land. Insgesamt leben derzeit rund 1,2 Millionen Syrer in Jordanien. – „Wir können und dürfen die Grenzen nicht schließen. Dazu sind Syrien und Jordanien viel zu eng verbunden“, unterstrich Lahham. Freilich seien die wirtschaftlichen, sozialen und infrastrukturellen Herausforderungen für Jordanien enorm. Die Kirche bemühe sich, vor allem über die Caritas, aber auch in den Pfarreien, so gut es gehe zu helfen.

Der weltweite Gebetsaufruf des Papstes für Frieden in Syrien sei gerade in Jordanien sehr offen aufgenommen worden, berichtete der Bischof weiter. Auch viele Muslime hätten sich der Initiative von Franziskus angeschlossen.

„Wir segnen keine Mischehen“
Die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen in Jordanien bezeichnete Lahham als gut. Das Zusammenleben verlaufe weitgehend problemlos. Extremistische Gruppierungen wie die Muslimbrüder hätten im Land wenig Zulauf bzw. Rückhalt. Das Zusammenleben habe aber freilich auch Grenzen. Lahham: „Ehen zwischen Christen und Muslimen werden von uns nicht akzeptiert.“ Das Eheverständnis und die Sicht auf die Frau seien in Christentum und Islam allzu unterschiedlich. Auch Konversionregeln vor der Hochzeit spielten eine Rolle.

Von Seiten des Islam ist es einem muslimischen Mann erlaubt, eine Christin zu heiraten, wobei diese Christin bleiben kann. Umgekehrt darf aber ein christlicher Mann nur dann eine Muslima heiraten, wenn er zuvor zum Islam übertritt. Die Kinder sind aus Sicht des Islam in allen Fällen jedenfalls Muslime. – „Deshalb segnen wir auf gar keinen Fall eine solche Mischehe“, zeigte sich Lahham kämpferisch.

Zwar gebe es natürlich trotzdem Fälle von Mischehen, 90 Prozent davon würden aber scheitern, sah sich der Bischof in der kirchlichen Haltung bestätigt. Außerdem sei es für die Identität der christlichen Minderheit notwendig, dass man unter sich bleibe. Ehen zwischen christlichen Konfessionen seien hingegen nicht nur kein Problem sondern sogar die Regel, führte der Patriarchalvikar weiter aus. Dabei gebe es zwischen den Konfessionen die Übereinkunft, dass in der Kirche des Ehemannes geheiratet wird und die Kinder in seiner Konfession getauft werden.

Hintergrund:
Genaue Zahlen über die Christen in Jordanien gibt es nicht. Kirchenvertreter schätzen sie auf 200.000. Rund die Hälfte davon ist griechisch-orthodox und gehört zum orthodoxen Patriarchat von Jerusalem, wobei die Sprache der orthodoxen Christen - auch in der Liturgie - Arabisch ist. Bis zu 65.000 Gläubige gehören der römisch-katholischen Kirche (Lateinisches Patriarchat von Jerusalem) an, 20.000 sind griechisch-katholisch. Der Rest der Christen entfällt auf andere orthodoxe, orientalische und evangelische Kirchen.

(kap 03.10.2013 gs)








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