Der Prager Weihbischof Vaclav Maly, einer der Gründer der Menschenrechtsbewegung „Charta
77“, beklagt ein Fehlen von demokratischer und bürgerlicher Kultur in der Tschechischen
Republik. Die Atmosphäre einer Bürgergesellschaft mit bürgerlichem Anstand und Verantwortungsbewusstsein
könne man „auch durch die besten Gesetze nicht anordnen“, sagte Maly im Interview
mit der Katholischen Nachrichten-Agentur in Prag. Ein Teil der Gesellschaft warte
angesichts der vielen ungelösten Probleme auf einen „starken Mann, einen Erlöser“.
Dabei vergäßen sie, „dass sie selbst gefordert sind“. Die Tatsache, dass sich an den
jüngsten Aufmärschen gegen die Roma-Minderheit im Land auch Menschen beteiligten,
die ansonsten überhaupt nicht aggressiv seien, führte Maly auch auf eine politische
Unsicherheit in Tschechien vor den vorgezogenen Parlamentswahlen Ende Oktober zurück.
Zudem mangele es an Rechtssicherheit. In vielen Parteien gebe es mafiöse Strukturen,
gegen die nur halbherzig vorgegangen werde. „Die Menschen müssen merken, dass sich
Diebstahl nicht auszahlt. Das ist bei uns bislang nicht bewiesen.“ Zu all dem geselle
sich gerade im derzeit laufenden Wahlkampf viel Demagogie. Maly ermunterte seine Landsleute
zu mehr demokratischem Mittun. Die Freiheit sei 1989 „wie ein Geschenk“ dahergekommen.
Nun müsse sie aber auch „zur Entfaltung gebracht werden“.