2013-09-16 15:16:57

Syrien: „Helft den Christen zurückzukehren“


RealAudioMP3 Helft den Christen von Maaloula zurückzukehren! Einen Aufruf zur Unterstützung der bedrängten Christen des bekannten Wallfahrtsortes nahe Damaskus hat das Oberhaupt der griechisch-melkitischen Kirche, Gregorios Laham III., gemacht. Bei Kämpfen um das Bergdorf, das eines der ältesten Zentren des Christentums der Region ist, waren in der vergangenen Woche drei junge Christen getötet und Kirchen beschädigt worden. Islamistische Extremisten bedrängten die christliche Gemeinschaft, auch von Zwangskonvertierungen und Schutzgeldzahlungen war die Rede.

Aus Angst vor weiteren Übergriffen haben alle Christen Maaloula verlassen, berichtet Patriarch Gregorios Laham. Das Dorf, das mit seiner Position an der Autobahn zwischen Damaskus und Homs auch einen strategisch wichtigen Standort darstellt, soll sich laut Medienberichten inzwischen wieder in Hand der syrischen Armee befinden. Für Patriarch Laham wäre es ein Symbol der Hoffnung, wenn sich die Wiege der christlich-syrischen Tradition jetzt wieder mit christlichem Leben füllen könnte:

„Ich habe einen dringlichen Appell an die örtliche und die internationale Gemeinschaft sowie die arabischen Länder gerichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit die Menschen zurückkehren können in ihre Häuser, zu ihren Besitztümern und in die Kirchen. Und ich habe alle, die helfen können, aufgerufen, so schnell wie möglich zurückzukehren. Einfach ist das nicht, doch Maaloula ist historisch so bekannt – es ist einer der berühmtesten Orte des christlichen Erbes in Syrien.“

Im Interview mit Radio Vatikan berichtet der Patriarch von der Spur der Zerstörung, die die Angreifer in Maaloula hinterließen. Einige Menschen würden immer noch vermisst, Trauer und Schrecken gingen unter den Christen um, erzählt der Geistliche:

„An der Beerdigung der drei jungen Katholiken haben rund 2.000 Leute teilgenommen, es gab so viel Trauer, so viele Tränen. Sechs Leute sind entführt worden. Die Angreifer – Kämpfer der Opposition, von Al Quaida oder ich weiß nicht wer – haben das Kreuz vom Dom genommen und auch von dem schönen Glockenturm des Klosters. Sie sind da eingedrungen, ich weiß nicht, was sie dort taten. Insgesamt wurden drei, vier Kirchen durch Bomben beschädigt.“

Laham vermutet, dass die Rebellen, die das Dorf eingenommen hatten, teils zum syrischen Al Quaida-Ableger al-Nusra gehören. Die vom UNO-Sicherheitsrat als Terrororganisation eingestufte Gruppierung ist für ihr aggressives Vorgehen im Kampf gegen die syrische Regierung bekannt; sie gilt als fundamentalistisch und tritt für die Einrichtung eines Kalifates in Syrien ein. Die radikalen Islamisten hätten einige junge Christen in Maaloula dazu gedrängt, zum Islam überzutreten, so Gregorius III. unter Berufung auf Augenzeugen. Die Christen hätten dies aber abgelehnt. Der Patriarch sieht in Syrien derzeit die Gefahr einer ideologischen Infiltration von außen:

„Das Gefährlichste ist für alle, besonders für die Christen, das Chaos, das Banditentum, die Angst vor islamischem Extremismus. Die meisten von diesen Extremisten sind ausländisch, sie kommen nicht aus Syrien selbst, oder aber sie stehen unter dem Einfluss dieser Terroristen. Die wirkliche Angst, die umgeht, ist nicht die vor ,meinem Nachbarn, dem Muslim‘, sondern vor ausländischen Kräften, die die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen im ganzen Land beeinflussen.“

Der armenisch-katholische Erzbischof von Aleppo wertet den Angriff auf Maaloula als „symbolisch“ für das Schicksal der Christen in Syrien: Keiner der syrischen Akteure des Konfliktes gebe Zeichen, die die Christen ermutigen würden, sagte Boutros Marayati im Gespräch mit dem vatikanischen Fides-Dienst. Der Geistliche sieht deshalb die Chance einer Rückkehr des Landes zum friedlichen Zusammenleben der Religionen vertan. Der Präsident von Caritas Libanon, Pater Simon Fadul, berichtete, dass Christen in einigen syrischen Dörfern, darunter auch in Maaloula, Schutzgeld an sunnitische Extremisten zahlen mussten, um ihr Leben zu schützen. Er definierte die christliche Minderheit als "Prügelknabe" im syrischen Krieg: Die Christen litten unter Übergriffen der syrischen Regierungstruppen ebenso wie unter denen der Rebellen.


Patriarch Laham berichtet derweil, die Wende im internationalen Tauziehen um Syrien habe sich ingesamt positiv auf die Situation der Zivilbevölkerung ausgewirkt. Auch der apostolische Nuntius in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari, hatte von einer Entspannung in Damaskus berichtet. Mit „Wende“ meint Patriarch Gregorius Laham das Abwenden eines US-Militärschlages in Syrien durch das Einlenken des syrischen Regimes, sprich die kontrollierte Abgabe von Chemiewaffen. Laham:

„Wir nehmen eine bessere Sicherheitslage nach dieser Wende wahr. Und vielleicht hatte ja auch der Angriff auf Maaloula, das sehr berühmt ist in der Welt, Einfluss auf den Willen, Syrien anzugreifen. Das ist für uns eine wirkliche Wende, eine hoffnungsvolle Wende der Situation. Hier riskieren viele Menschen zu sagen: ,Wir gehen bis zum bitteren Ende.‘ Ich möchte lieber sagen: ,Geht bis zum besseren Ende!‘ Und ich hoffe, dass ich allen Staatschefs sagen kann: Ruft nicht den Krieg herbei, sondern strebt den Frieden an!“


(rv/diverse 16.09.2013 pr)








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