Helft den Christen
von Maaloula zurückzukehren! Einen Aufruf zur Unterstützung der bedrängten Christen
des bekannten Wallfahrtsortes nahe Damaskus hat das Oberhaupt der griechisch-melkitischen
Kirche, Gregorios Laham III., gemacht. Bei Kämpfen um das Bergdorf, das eines der
ältesten Zentren des Christentums der Region ist, waren in der vergangenen Woche drei
junge Christen getötet und Kirchen beschädigt worden. Islamistische Extremisten bedrängten
die christliche Gemeinschaft, auch von Zwangskonvertierungen und Schutzgeldzahlungen
war die Rede.
Aus Angst vor weiteren Übergriffen haben alle Christen Maaloula
verlassen, berichtet Patriarch Gregorios Laham. Das Dorf, das mit seiner Position
an der Autobahn zwischen Damaskus und Homs auch einen strategisch wichtigen Standort
darstellt, soll sich laut Medienberichten inzwischen wieder in Hand der syrischen
Armee befinden. Für Patriarch Laham wäre es ein Symbol der Hoffnung, wenn sich die
Wiege der christlich-syrischen Tradition jetzt wieder mit christlichem Leben füllen
könnte:
„Ich habe einen dringlichen Appell an die örtliche und die internationale
Gemeinschaft sowie die arabischen Länder gerichtet, alles in ihrer Macht Stehende
zu tun, damit die Menschen zurückkehren können in ihre Häuser, zu ihren Besitztümern
und in die Kirchen. Und ich habe alle, die helfen können, aufgerufen, so schnell wie
möglich zurückzukehren. Einfach ist das nicht, doch Maaloula ist historisch so bekannt
– es ist einer der berühmtesten Orte des christlichen Erbes in Syrien.“
Im
Interview mit Radio Vatikan berichtet der Patriarch von der Spur der Zerstörung, die
die Angreifer in Maaloula hinterließen. Einige Menschen würden immer noch vermisst,
Trauer und Schrecken gingen unter den Christen um, erzählt der Geistliche:
„An
der Beerdigung der drei jungen Katholiken haben rund 2.000 Leute teilgenommen, es
gab so viel Trauer, so viele Tränen. Sechs Leute sind entführt worden. Die Angreifer
– Kämpfer der Opposition, von Al Quaida oder ich weiß nicht wer – haben das Kreuz
vom Dom genommen und auch von dem schönen Glockenturm des Klosters. Sie sind da eingedrungen,
ich weiß nicht, was sie dort taten. Insgesamt wurden drei, vier Kirchen durch Bomben
beschädigt.“
Laham vermutet, dass die Rebellen, die das Dorf eingenommen
hatten, teils zum syrischen Al Quaida-Ableger al-Nusra gehören. Die vom UNO-Sicherheitsrat
als Terrororganisation eingestufte Gruppierung ist für ihr aggressives Vorgehen im
Kampf gegen die syrische Regierung bekannt; sie gilt als fundamentalistisch und tritt
für die Einrichtung eines Kalifates in Syrien ein. Die radikalen Islamisten hätten
einige junge Christen in Maaloula dazu gedrängt, zum Islam überzutreten, so Gregorius
III. unter Berufung auf Augenzeugen. Die Christen hätten dies aber abgelehnt. Der
Patriarch sieht in Syrien derzeit die Gefahr einer ideologischen Infiltration von
außen:
„Das Gefährlichste ist für alle, besonders für die Christen, das
Chaos, das Banditentum, die Angst vor islamischem Extremismus. Die meisten von diesen
Extremisten sind ausländisch, sie kommen nicht aus Syrien selbst, oder aber sie stehen
unter dem Einfluss dieser Terroristen. Die wirkliche Angst, die umgeht, ist nicht
die vor ,meinem Nachbarn, dem Muslim‘, sondern vor ausländischen Kräften, die die
Beziehungen zwischen Christen und Muslimen im ganzen Land beeinflussen.“
Der
armenisch-katholische Erzbischof von Aleppo wertet den Angriff auf Maaloula als „symbolisch“
für das Schicksal der Christen in Syrien: Keiner der syrischen Akteure des Konfliktes
gebe Zeichen, die die Christen ermutigen würden, sagte Boutros Marayati im Gespräch
mit dem vatikanischen Fides-Dienst. Der Geistliche sieht deshalb die Chance einer
Rückkehr des Landes zum friedlichen Zusammenleben der Religionen vertan. Der Präsident
von Caritas Libanon, Pater Simon Fadul, berichtete, dass Christen in einigen syrischen
Dörfern, darunter auch in Maaloula, Schutzgeld an sunnitische Extremisten zahlen mussten,
um ihr Leben zu schützen. Er definierte die christliche Minderheit als "Prügelknabe"
im syrischen Krieg: Die Christen litten unter Übergriffen der syrischen Regierungstruppen
ebenso wie unter denen der Rebellen.
Patriarch Laham berichtet derweil,
die Wende im internationalen Tauziehen um Syrien habe sich ingesamt positiv auf die
Situation der Zivilbevölkerung ausgewirkt. Auch der apostolische Nuntius in Damaskus,
Erzbischof Mario Zenari, hatte von einer Entspannung in Damaskus berichtet. Mit „Wende“
meint Patriarch Gregorius Laham das Abwenden eines US-Militärschlages in Syrien durch
das Einlenken des syrischen Regimes, sprich die kontrollierte Abgabe von Chemiewaffen.
Laham:
„Wir nehmen eine bessere Sicherheitslage nach dieser Wende wahr.
Und vielleicht hatte ja auch der Angriff auf Maaloula, das sehr berühmt ist in der
Welt, Einfluss auf den Willen, Syrien anzugreifen. Das ist für uns eine wirkliche
Wende, eine hoffnungsvolle Wende der Situation. Hier riskieren viele Menschen zu sagen:
,Wir gehen bis zum bitteren Ende.‘ Ich möchte lieber sagen: ,Geht bis zum besseren
Ende!‘ Und ich hoffe, dass ich allen Staatschefs sagen kann: Ruft nicht den Krieg
herbei, sondern strebt den Frieden an!“