Der Radio Vatikan-Buchtipp: Gedichte aus einem syrischen Gefängnis
Viel ist in diesen
Tagen zu hören und zu lesen über Syrien: es geht um Obama und Russland, um Chemiewaffen,
um Flüchtlinge, aber auch um entführte Journalisten, die jetzt wieder frei sind. Wie
es ist, Gefangener in Syrien zu sein, das erzählt auf seine ganz eigene Weise der
Gedichtband „Spiegel der Abwesenheit“ von Faraj Bayrakdar. Eine Rezension von Stefanie
Stahlhofen.
Als politischer „Gefangener Nr.13“ wurde der syrische Dichter
und Journalist Faraj Bayrakdar von 1997 bis 2000 im Militärgefängnis in Saidnaya gefangen
gehalten –wegen regimekritischer Veröffentlichungen. Ohne Kontakt zur Außenwelt saß
er fast sieben Jahre in Untersuchungshaft, wurde gefoltert. In seiner Gefangenschaft
schrieb Bayrakdar Gedichte, die letztlich auf abenteuerliche Weise zu seiner Freilassung
beitrugen: Seine auf Zigarettenpapier geschriebenen, aus dem Gefängnis geschmuggelten
Gedanken wurden in Paris unter dem Titel „Ni vivant ni mort“ (weder lebendig noch
tot) veröffentlicht. So wurde die internationale Schriftstellervereinigung P.E.N aufmerksam,
die sich mit einer Kampagne für die Freilassung des Dichters einsetzte. Im Jahr 2000
wurde Bayrakdar im Rahmen einer Amnestie entlassen.
„Spiegel der Abwesenheit“
enthält 101 Gedichte, die zweisprachig, auf Arabisch und Deutsch abgedruckt sind.
Sie tragen keine Titel, nur Nummern – so, wie auch Bayrakdar im Gefängnis nur eine
Nummer war. Zum Teil beschreiben die kurzen Texte klar und deutlich die Lage des Gefangenen
und seine Gedanken, zum Teil sind es chiffrierte Botschaften, die der Leser erst entschlüsseln
muss.
Allen Texten in dem kleinen, schwarz gebundenen Gedichtband ist jedenfalls
eines gemein: Sie gehen unter die Haut und ermöglichen einen ganz anderen Blick auf
Syrien und die Probleme des Landes.
Die Angaben zum Buch: Faraj Bayrakdar:
„Spiegel der Abwesenheit. Gedichte“. Verlag Hans Schiler, 16 Euro.