2013-09-02 11:08:54

Ratzinger Schülerkreis: Zwei Tagungen in Afrika


RealAudioMP3 Am Dienstag endet in Castel Gandolfo das Treffen der Ratzinger-Schülerkreise. Papst emeritus Benedikt hat am Sonntag mit den Teilnehmern die heilige Messe gefeiert, ansonsten aber zum ersten Mal seit 34 Jahren nicht an der Tagung selber teilgenommen. Der Schülerkreis – also diejenigen, die selber bei Joseph Ratzinger studiert haben – und der neue Schülerkreis – eine Gruppe von Theologen und anderen Wissenschaftlern, die über Joseph Ratzingers Theologie arbeiten – tagen deswegen das erste Mal gemeinsam. Das Thema des Treffens: „Gottesfrage angesichts der Säkularisierung“, Referent in diesem Jahr war Remí Braque, emeritierter Professor für arabische und religiöse Philosophie an der Sorbonne in Paris.

Dass der Lehrer nicht mehr dabei ist, bedeutet nicht, dass der Schülerkreis seinem Ende entgegen geht, im Gegenteil: Die Mitglieder haben beschlossen, sich im kommenden Jahr wieder in Castel Gandolfo zu treffen, und wollen – darüber hinaus – die Idee des Schülerkreises ausweiten, das Denken Ratzingers und seine Theologie verbreiten, und zwar beginnend in Afrika. Dazu Ludwig Weimer, ehemaliger Professor in Rom und Mitglied des Schülerkreises:

„Wir haben uns bei der Besprechung der Zukunft auch darüber unterhalten, dass unser neues Projekt nicht nur einfach bedeutet, dass wir hier als Schülerkreis für die Theologie unseres Lehrers werben, sondern dass wir direkt in die Peripherie gehen, also in andere Länder, und dort für jeweils einige hundert Leute Seminare anbieten. Wir hoffen, dass dadurch die Theologie international bekannt wird, denn der Boden hier in Europa oder speziell in Deutschland ist viel zu schmal.“

Achim Buckenmaier, Mitglied im neuen Schülerkreis, präzisiert: Um für Verbreitung zu sorgen, muss man selber aktiv werden.

„Es sind oft kulturelle und auch ökonomische Hindernisse, die die Verbreitung dieser Theologie erschweren. Deswegen machen wir im September ein Seminar in Cotonou in Benin und im März 2014 eines in Tansania in Ostafrika, wo wir den Zugang zu den drei Jesusbüchern von Ratzinger schaffen wollen und damit auch zu seiner Theologie und zum Kern der Theologie überhaupt. Das Ganze ist für Priester, Seminaristen, Ordensleute, Theologinnen und Theologen.“

Eine Absicht, die sich auch am Gesicht des neuen Schülerkreises ablesen lässt: Anders als noch bei den Studenten Ratzingers sei diese Gruppe viel internationaler. Theologinnen und Theologen aus der ganzen Welt, einschließlich zwei orthodoxe Mitglieder, kommen hier zusammen. Deswegen liegt die Idee einer internationalen Ausweitung auch vielleicht nahe, wie der wohl bekannteste der Schüler sagt, der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn:

„Ich bin sehr froh über diese Initiative, mit gleich zwei Symposien nach Afrika zu gehen. Das ist ein Hoffnungskontinent der Kirche und auch der Theologie. Es gibt viele gute junge Theologinnen und Theologen in Afrika, die viel versprechen.“

Ein Kreis - zwei Kreise

Der Schülerkreis – die Schülerkreise: Wachsen mit der gemeinsamen Tagung und mit dem gemeinsamen Projekt der Symposien die beiden Gruppen zu einer zusammen? Eher nein, sagt Achim Buckenmaier:

„Die Identität des Schülerkreises ist einfach eine spezifische, die kommt daher, dass die Mitglieder bei Joseph Ratzinger studiert haben und ihn persönlich kennen. Unsere Aufgabe ist, diese Theologie in eine neue Generation zu bringen, Theologie zu betreiben im Geist von Joseph Ratzinger, aber auch in der Offenheit seiner Theologie. Das ist eine eigene Aufgabe.“

Deswegen blieben die beiden Kreise auch getrennt, auch wenn sie gemeinsam tagen, fügt Ludwig Weimer an.

„Wir haben ja nicht Arbeiten über ihn geschrieben, sondern haben bei ihm Arbeiten über irgend einen großen Theologen oder Philosophen oder sonst etwas geschrieben, haben ihn sehr persönlich kennen gelernt, fast als Vater, als Lehrer. Der neue Schülerkreis besteht aus Leuten, die über ihn promoviert haben, mit einem Thema, dass er selber behandelt hat, wie er es behandelt hat. Sie kennen ihn theologisch, wir kennen ihn als Lehrer, er ist uns natürlich vertrauter. Darum bleiben auch die Kreise nominell getrennt. Aber für die Tagung arbeiten sie jetzt ganz zusammen.“

Ganz so streng getrennt sieht das Kardinal Schönborn dagegen nicht. Es wachse schon viel zusammen, so der Kardinal, oder besser: Im neuen Schülerkreis wachse etwas nach:

„Wir sind ja doch schon eher ,alte Hasen‘, wir seine Schüler, die jetzt alle ins Pensionsalter kommen oder schon längst drinnen sind. Es ist sehr schön zu sehen, dass eine junge Generation nachwächst, die sehr wach, sehr interessiert und auch sehr kompetent ist. Ich glaube, dass es auch für Papst Benedikt eine Freude ist, zu sehen, dass dieser Kreis, den er vor 34 Jahren damals noch als Erzbischof von München begonnen hat, weiterlebt und dass damit auch das viele, was wir ihm, seiner Theologie und seinem Nachdenken und seiner Persönlichkeit verdanken, in die nächste Generation – fast möchte ich sagen in die nächsten Generationen – weiterwirkt.“

Die Kreise tagen zusammen, und sie entwickeln mit dem Projekt eine Eigendynamik. Doch der Initiator, Joseph Ratzinger, war zum ersten Mal selbst bei den Besprechungen nicht dabei: Ein wirklicher Einschnitt, wie auch Schönborn findet.

„Es ist das erste Mal ohne unseren verehrten Meister: Was uns sehr abgeht ist sein ,tour d’horizon‘, den er jedes Jahr gemacht hat, dieser Rundblick über das vergangene Jahr, das war immer ein Highlight. Wie er die Dinge sieht, wie er sie darstellt, wie er sie erlebt hat und wie er sie durchdenkt und auch geistlich durchdringt, das fehlt uns natürlich sehr. Aber er ist sehr gegenwärtig. Und ich denke, er denkt – in diesem Sinne – auch sehr herauf nach Castel Gandolfo.“

(rv 02.09.2013 ord)








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