Vatikan will Dialog mit Al Azhar-Universität fortsetzen
Der Vatikan hofft
trotz der schwierigen Situation in Ägypten auf eine baldige Wiederaufnahme der Gespräche
mit der Al-Azhar-Universität in Kairo. „Unsere Tür ist offen“, bekräftigte der für
den Dialog mit dem Islam zuständige Kurienkardinal Jean-Louis Tauran am Wochenende
beim italienischen Katholikentreffen der Bewegung „Comunione e Liberazione“ in Rimini.
„Ich hoffe, dass wir ungeachtet der komplexen Situation in Ägypten die Kontakte wieder
aufnehmen können“, so der Präsident des päpstlichen Rates für den interreligiösen
Dialog bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag. In seinem Vortrag zum Thema
Religionsfreiheit sagte Tauran, die Gläubigen zeigten, dass Unterschiede keine Gefahr
seien, sondern eine Bereicherung:
„Der Glaube ist eine Kraft, um Frieden
zu schaffen. Wenn man an die Würde des Menschen glaubt, die jeder von Gott erhalten
hat, und an die unveräußerlichen Menschenrechte, an den Dienst am Nächsten als Mittel
zum Wachstum der Menschheit, dann versteht man, welche wichtige Rolle die Gläubigen
beim Aufbau einer friedlichen und befriedeten Welt spielen.“
Die Al-Azhar-Unveristät,
die als führende Autorität des sunnitischen Islams in der arabischen Welt gilt, hatte
Anfang 2011 den seit 1998 bestehenden Dialog mit dem Vatikan ausgesetzt. Anlass war
die Forderung von Benedikt XVI. nach einem besseren Schutz der koptischen Minderheit
infolge eines schweren Anschlags auf eine Kirche gewesen. Tauran hatte seither mehrfach
die Bereitschaft des Vatikans zu einer Wiederaufnahme der regelmäßigen Gespräche zwischen
Vertretern beider Seiten bekundet. In Rimini machte er sich nun erneut dafür stark.
Gleichzeitig betonte Tauran, wie wichtig die Religionsfreiheit für alle ist:
„Wenn
wir von Religionsfreiheit reden, dann sprechen wir nicht über Religionen an sich,
sondern über ein fundamentales Menschenrecht, das im internationalen Recht auch eindeutig
definiert ist. …Jeder Mensch hat das Recht auf Religionsfreiheit, die er für sich
alleine oder gemeinsam mit anderen leben kann, privat wie auch in der Öffentlichkeit
– ohne Grenzen, sofern dabei nicht die Rechte anderer verletzt werden, egal ob sie
gläubig sind, nicht gläubig, Atheisten oder Agnostiker.“
Tauran setzt auf
die Gemeinsamkeiten der Religionen und auf den interreligiösen Dialog. Erste Anzeichen
dafür, dass auch die islamische Al-Azhar-Universität möglicherweise bereit ist, den
Dialog mit dem Vatikan wieder aufzunehmen, gab es im März: Der Großimam der Universität,
Ahmed al-Tayyeb, gratulierte Franziskus in einer Grußbotschaft zum Amtsantritt. Dabei
bot er ihm „volle Zusammenarbeit und Liebe“ an, „um gemeinsame Werte zu sichern und
der Kultur des Hasses und der Ungleichheit ein Ende zu setzen“. Erschwert wird eine
Wiederaufnahme der Gespräche in der gegenwärtigen Lage nach Ansicht von Beobachtern
jedoch durch den Umstand, dass der Großimam noch vom gestürzten Staatspräsidenten
Husni Mubarak eingesetzt wurde und deshalb derzeit selbst unter Druck steht.