Noch ist nicht klar,
welcher Bewerber sich bei den Präsidentschaftswahlen am Wochenende in Mali durchsetzen
konnte. Sicher ist jedoch, dass der westafrikanische Wüstenstaat eine ordentliche
Chance hat, auf einen guten Weg zurückzukehren. Kurz zur Erinnerung: Im Januar 2012
kam es im Norden Malis zu einem Bürgerkrieg, bei denen Touareg-Rebellen die Kontrolle
über die Region an sich reißen konnten. Nur rund zwei Monate später brachte ein Putsch
des Militärs gegen Präsident Touré zusätzliche Unruhe in das Land, bevor im Januar
dieses Jahres die Operation Serval begann: Malische und französische Soldaten gingen
– vor allem wegen fortdauernder Menschenrechtsverletzungen - gegen islamistische Rebellen
vor und machten den Weg für Neuwahlen frei. Ein erster Wahlgang vor zwei Wochen brachte
keinen klaren Sieger. Der ehemalige Ministerpräsident Ibrahim Boubacar Keita kam auf
knapp 40 Prozent der Stimmen, Ex-Finanzminister Soumalia Cissé auf 19 Prozent.
Christoph
Klitsch-Ott ist Referatsleiter für Afrika und den Nahen Osten bei Caritas International.
Er erklärte im Kölner Domradio:
„Mali gehört für mich zu den Vorzeigeländern
in Afrika. Aufgrund der politischen Entwicklungen, einfach von der gesellschaftlichen
Struktur her, von der Grundstimmung im Land, ist das, was da passiert ist, eigentlich
ein Unfall. Dieser Bürgerkrieg ist wirklich sehr ungewöhnlich für Mali, für seine
Gesellschaft, die auf Ausgleich angelegt ist. Von daher kann ich mir schon vorstellen,
dass mit einigem guten Willen und vor allem wenn es gelingt, die Islamisten, die den
Norden beherrscht haben und die zu großen Teilen aus den Nachbarländern und aus dem
Nahen Osten zugewandert waren, zu vertreiben, sich Mali auch wieder positiv entwickelt.“
Knapp
15 Millionen Menschen leben in Mali. Nur wenige von ihnen sind Christen, fast 90 %
gehören dem Islam an. Vor zwei Wochen nahm knapp die Hälfte der Wahlberechtigten an
dem Urnengang teil, beim zweiten Wahlgang am vergangenen Wochenende waren es etwas
weniger, was auch mit den Regenfällen den letzten Tage zu tun haben dürfte. Das Ergebnis
des zweiten Wahlgangs steht noch nicht fest. Internationale Wahlbeobachter berichteten
jedoch über keine gravierenden Unregelmäßigkeiten. Favorit ist der 68jährige Boubacar
Keita, der Militär und religiöse Führer auf seiner Seite weiß. Über diesen berichtet
Caritas-Experte Klitsch-Ott:
„Er ist ein erfahrener Politiker, der seit
Jahren in der malischen Politik mitspielt. Er war in den 90er Jahren schon einmal
Premierminister. Von daher kennt er das Land. Es hat sicherlich sehr viele Verbindungen,
er ist auch ein erfolgreicher Geschäftsmann. Von daher ist ihm zuzutrauen, dass er
das Land führen kann. Man kann einige Bedenken haben, weil er eigentlich zum Establishment
der malischen Gesellschaft gehört und nicht wirklich ein neuer Mann ist, der für neue
Politik steht.“
Die Chancen, dass der 63jährige Cissé die Verantwortung
in der Hauptstadt Bamako übernimmt, sind deutlich geringer.
„Er hatte beim
ersten Wahlgang halb so viele Stimmen wie Keita. Man wird sehen, wieviele der anderen
Kandidaten sich hinter ihn stellen. E sah in den letzten Tagen eher so aus, dass sich
die Mehrheit hinter Keita stellen wird. Soumalia Cissé ist auch ein sehr erfahrener
Mann. Er war auch schon in den 90er Jahren Finanzminister. Er hat in den letzten Jahren
bis 2011 die westafrikanische Entwicklungsbank geleitet. Das heißt: Er hat sehr viel
Finanzsachverstand und ist eher ein Technokrat, wahrscheinlich auch kein schlechter
Mann, wenn er gewinnt.“
Die Republik Mali galt lange Zeit als ein Beispiel
für eine gelungene Demokratisierung in Afrika. Caritas-Experte Klitsch-Ott sieht eine
gute Möglichkeit, dass das Land an diese Tradition, auch an die Geschichte seines
Mehrparteiensystems, anknüpfen kann. Als Herausforderungen des neuen Präsidenten –
heißt der nun Keita oder Cissé – sieht er:
„Die ganz große Aufgabe ist natürlich
die Vereinigung und Befriedung das Landes. Der Norden ist immer noch unsicher. Man
wird mit den Rebellen verhandeln müssen. Es ist derzeit eine große UNO-Sicherheitstruppe
in Mali im Aufbau. Die muss für Sicherheit sorgen. Mit der muss man zusammenarbeiten.
Und dann muss die Wirtschaft wieder angekurbelt werden.“