Zum Welttag der indigenen
Völker am 9. August rief UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon die Staaten dazu auf, „konkrete
Maßnahmen“ zu ergreifen, um die Ausgrenzung und Marginalisierung dieser Völker zu
verhindern. Wie viel es in der Praxis in diesem Bereich noch zu tun gibt, das weiß
der Salesianer Giacomo Gobbi aus Bangladesch. Auf dem Staatsgebiet des Landes leben
etwa 45 verschiedene indigene Völker mit schätzungsweise zweieinhalb Millionen Menschen.
Im Gespräch mit Radio Vatikan beschreibt der Salesianerpater die Lage dieser Völker:
„Ihre Art, ihr traditionelles Leben in ihren Dörfern zu leben ist sehr
einfach: Sie widmen sich der Landwirtschaft und der Jagd und sie haben eine sehr gut
organisierte gesellschaftliche Struktur. Diese Völker legen sehr viel Wert darauf,
die Schwachen zu beschützen, zum Beispiel die Witwen. Auch die indigenen Völker im
Norden Bangladeschs sind sehr gut organisiert. Diese Gemeinschaften zu beobachten
ist wirklich sehr interessant: Die Chefs dort bemühen sich wirklich darum, dass die
Rechte aller respektiert werden.“
Doch was bedeutet eigentlich der Begriff
„indigen“? Die damalige Vorsitzende der UN-Arbeitsgruppe über indigene Bevölkerungen,
Erica-Irene Daes, definierte den Begriff im Jahr 1996 in vier Punkten: Erstens: Indigene
Völker besetzen und nutzen ein spezifisches Gebiet, zweitens: sie bewahren freiwillig
eine kulturelle Differenzierung was Aspekte der Sprache, der sozialen Organisation,
der Religion und spiritueller Werte angeht. Ein dritter Aspekt der indigenen Völker
ist ihre Selbstidentifikation als eine sich unterscheidende Gemeinschaft, dazu gehört
auch die Anerkennung durch andere Gruppen oder von Behörden. Vierter Punkt: indigene
Völker machen oft Erfahrungen der Unterwerfung, Marginalisierung, Enteignung, Ausgrenzung
oder Diskriminierung. Das gilt auch in Bangladesch. Pater Gobbi berichtet, dass die
indigenen Völker dort oft nicht als solche anerkannt werden:
„Diese Gruppen
sind nicht schon immer hier in Bangladesch. Sie haben gewisse Gebiete besetzt oder
wurden vor einigen Jahrhunderten dorthin gebracht. Die Regierung erkennt sie aber
nicht als indigene Völker an, sie zieht es vor diese Gruppen ,ethnische Minderheiten’
zu nennen…“
Dies hat auch Auswirkungen auf den Alltag dieser Völker, berichtet
der Pater:
„Sie müssen sich an die Kultur des Landes anpassen und die Sprache
dort lernen, so wie alles andere auch. Es stimmt schon, dass es auch wichtig ist,
etwas für ihre Integration in die Gesellschaft Bangladeschs zu tun, aber gewisse Rechte
werden ihnen verwehrt: zum Beispiel dürfen sie keine Bücher in ihrer eigenen Sprache
lesen. Wir Missionare versuchen, die indigenen Völker zu unterstützen, damit ihre
Rechte gewährt werden.“
Die Salesianer setzen dabei vor allem auf Bildung:
„Im
Süden Bangladeschs gibt es eine große Gruppe, die Munda. Mehrere tausend Menschen,
die zu diesem Volk gehören, haben ihre Identität verloren. Die Salesianer, die mit
ihnen arbeiten, konzentrieren sich vor allem auf die Bildung, vor allem auch bei jungen
Frauen. So wollen sie verhindern, dass diese schon sehr früh verheiratet werden. Es
ist etwas schwierig, dass die Eltern das akzeptieren, aber sie sehen mittlerweile
auch, dass ihre Kinder sich so in die Gesellschaft eingliedern können und auch respektiert
werden. Außerdem kümmern wir uns in der Hauptsadt Dhaka darum, dass indigene Völker
eine würdige Arbeit finden. Sehr oft werden sie nämlich ausgenutzt – wir setzen uns
dafür ein, dass ihre Rechte respektiert werden.“
Und wie gestaltet sich
die Evangelisierung in diesem Kontext?
„Unsere christliche Präsenz bereitet
den Weg, damit die Männer und Frauen dem Ruf Christi folgen können. Eine ähnliche
Erfahrung haben wir auch mit den so genannten ,Kastenlosen’ gemacht. Sie haben uns
nach einiger Zeit um Taufvorbereitungskurse gebeten und das geht jetzt voran.“
Die
Arbeit mit den indigenen Völkern bereichere die Salesianer, berichtet Pater Gobbi:
„Das
schöne dabei ist, zu sehen, was ihnen wichtig ist, zum Beispiel der Schutz der Schwachen.
Das ist ja im Prinzip schon ein ,christlicher Samen’. Das muss dann nur noch weiterentwickelt
werden. Die Ehrlichkeit, Neugier und Einfachheit dieser Völker sind weitere Werte,
die uns Missionaren entgegenkommen und die es uns ermöglichen, mit ihnen das Evangelium
zu lesen.”