Pater Lombardi: „Drei Momente bewegten Franziskus besonders“
Ein positives Fazit
zieht Vatikansprecher Pater Federico Lombardi zur ersten apostolischen Reise des Papstes.
Im Interview mit Radio Vatikan lässt Lombardi den Weltjugendtag mit dem ersten lateinamerikanischen
Papst noch einmal Revue passieren. Er bedauert jedoch auch, dass auf diesem Weltjugendtag
Afrika „nicht so anwesend“ war. Franziskus Stil auf dem Weltjugendtag habe das Zeug
dazu, das Großereignis möglicherweise auch in seiner Form zu verändern. Die Fragen
stellte Anne Preckel.
Pater Lombardi, die erste Apostolische Reise des lateinamerikanischen
Papstes: Sie waren immer in seiner Nähe – was hat Franziskus auf dieser Reise besonders
bewegt?
„Ich würde drei Momente erinnern. Der erste war, als er vor der
Ikone in Aparecida betete. Das war für ihn ein Höhepunkt, denn er wollte wirklich
nach Aparecida pilgern. Für ihn ist dieser Ort und dieses Heiligtum wirklich fundamental,
auch in seiner Erfahrung, weil die Vollversammlung der Bischöfe von Letinamerika,
wo er eine große Rolle gespielt hat, ist wirklich ein fundamentaler Moment seiner
Vision der Kirche in der Welt von heute und der Mission der Kirche in der Welt von
heute. Und das geschah unter dem Schutz von Aparecida.
Das zweite war
ein Moment in der Favela, als er den Altar der kleinen Kapelle weihte. Ich hatte den
Eindruck, dass er kurz vor dem Weinen stand, er war so tief bewegt. Für ihn ist mit
den Armen zu sein und für die Armen zu arbeiten ist wirklich ein grundlegendes Element
der Mission der Kirche.
Und das dritte ist die Mission, der Auftrag,
am Ende der Messe (vom Sonntag, Anm. d. Red.) – der Papst will alle Menschen an die
Grenzen der Welt schicken und die jungen Leute in die Mission. Er sagt immer, die
Kirche soll nicht in sich geschlossen bleiben, sondern in der Mission sein. Und das
war der Moment, in dem er zu drei Millionen Leuten sagte, dass sie gehen müssen. Und
das war ein wichtiges Moment.“
„Amazonien ist Symbol der weltweiten Umweltproblematik“
Welche
Appell hat er an die brasilianische, lateinamerikanische Kirche gemacht – was heißt
mehr Kollegialität, mehr Synodalität konkret auf diesem Kontinent?
„Als
er von Kollegialität und Synodalität sprach, sprach er von Mitverantwortung aller
Bischöfe – aller in der Kirche, aber besonders der Bischöfe. Aber was wir finden müssen,
was er finden muss, ist die Weise, in der er, das Oberhaupt der Kirche, diese Synodalität
wachsen lässt. Und das im Sinne des zweiten vatikanischen Konzils, und wir sind immer
auf dem Weg der Verwirklichung der Dokumente des Konzils. Und er denkt, dass wir neue
Schritte in die Richtung von Kollegialität, das heißt von positiver Beziehung von
Primat und Bischofskollegium gehen.“
Der Papst hat auch Amazonien erwähnt.
Die Distanz zwischen Vatikan und diesem pastoralen Gebiet war manchmal allzu groß.
Inwiefern hat Franziskus da ein Signal gesetzt?
„Ich glaube, dass der Papst
denkt, dass die brasilianische Kirche schon viel macht für Amazonien. Das ist nicht
etwas, was vom Nullpunkt beginnen muss – im Gegenteil. Es gibt ein großes Engagement,
und vielleicht macht die Kirche mehr als andere Komponenten der Gesellschaft, um dieser
Gegend zu dienen. Aber der Papst hat einen solchen Akzent darauf gesetzt, weil das
ein kritischer Punkt für die Zukunft dieses Landes und vielleicht der Erde ist. Er
hat die Umweltprobleme genannt, die für uns alle sehr wichtig sind. Und Amazonien
ist auch wie ein Symbol für die Umweltproblematik der Welt. Ich fand das sehr wichtig,
dass der Papst das betont hat.“
„Erfahrungen, Theologie und Spiritualität
in Lateinamerika können uns gut tun“
Welchen besonderen Beitrag kann die
lateinamerikanische Kirche in der Weltkirche und mit diesem Papst leisten?
„Das
werden wir sehen… Ich denke, dass wir mehr diese Vitalität und diesen Reichtum, die
von diesem Kontinent kommen, gebrauchen können – wo es die größte Zahl der Katholiken
gibt und einen sehr jungen Kontinent. Und in diesem Sinne sind auch die Erfahrungen,
die Reflexion, die Theologie, die Spiritualität, die daher kommen können, sehr reich.
Wir Europäer sind etwas veraltet, glaube ich, und so ist es sehr gesund für uns, auch
von diesem Teil der Kirche der Welt neue Anregungen zu bekommen.“
Wir haben
hier einen sehr spontanen Papst gesehen, der der Reise auch einen eigenen Stempel
aufgedrückt hat, er hat Programmpunkte eingefügt – Aparecida, das Krankenhaus, die
Favela – was ist das zu erwarten für die nächsten apostolischen Reisen und auch überhaupt
in diesem Pontifikat?
„Ich glaube, dass dies wirklich eine Situation ist,
in der wir immer etwas Neues zu erwarten haben. Es ist nicht leicht, Programme zu
machen mit diesem Papst, wir müssen ihm folgen und sehen, was er jeden Tag erfindet
(lacht). Und das ist, glaube ich, sehr positiv, ein Gefühl der Neuigkeit, dass wir
nicht alles unter Kontrolle haben.“
Tür für neue Idee des Weltjugendtages
steht offen
Der Papst ist hier zu Armen, Kranken und Kriminellen gegangen.
Es scheint so ein bisschen, dass er den Kontext des Ortes, wo er ist, die Bedürfnisse
der Menschen am Rande, sehr stark auch einbezogen hat in dieses Ereignis des Weltjugendtages.
Kann das auch die Natur der Weltjugendtage für die Zukunft verändern?
„Das
werden wir sehen. Natürlich – bei den Weltjugendtagen gibt es ein gewisses Modell,
das wir wiederfinden, aber es gibt jeden Tag auch etwas Neues. In diesem Sinne gibt
es eine Dynamik, eine Evolution. Der nächste Weltjugendtag wird in Krakau stattfinden
und ich glaube, dass sich da das Modell nicht viel ändern wird. Aber, wie Sie gesagt
haben, sind die Erfahrungen für den Papst und die jungen Leute auch neu gewesen, und
es können auch neue Ideen kommen. In drei Jahren können wir etwas erfinden, wo es
auch dieses Gefühl der Neuigkeit gibt. Der WJT in Rio war schon vorbereitet, als Franziskus
Papst wurde, und wir werden sehen, ob er spezifische Indikationen für den nächsten
geben will. Aber auf jeden Fall hat er uns in drei Jahren nach Krakau eingeladen.“
„Afrika
war in Rio unterrepräsentiert“
Und in sechs Jahren vielleicht nach Afrika?
„Mhh.
Um wirklich ehrlich zu sein… Afrika war nicht so anwesend auf diesem Weltjugendtag.
Ich glaube, es gibt Probleme mit Kosten und Organisation, aber das muss reflektiert
werden. Bis jetzt gab es nie einen WJT in Afrika, und das auch, weil die Organisation
eines solchen Ereignisses so schwer ist. Eine reiche Kirche kann das tun, weil man
muss viele Ressourcen mobilisieren, und es muss auch ein Land sein, dass so viele
neue Leute aufnehmen kann. Bis jetzt war dies leider noch nicht möglich in Afrika,
auch das nächste Mal, und dies gibt uns glaube ich einen Grund zum Nachdenken.“