Papst Johannes Paul II. und Johannes XXIII.: Zwei Wege zur Heiligsprechung
Als Präzedenzfall wertet
Monsignor Slawomir Oder, Postulator des Heiligsprechungsprozesses von Johannes Paul
II., Papst Franziskus‘ Entscheidung, das Konsistorium für eine mögliche Heiligsprechung
des Konzilspapstes Johannes XXIII. einzuberufen.
„Was die Figur des Papstes
betrifft, ist diese Entscheidung in unser Zeit beispiellos“, sagte Oder jetzt im Gespräch
mit Radio Vatikan. Franziskus hatte die Causa Anfang Juli zusammen mit dem Dekret
für eine mögliche Heiligsprechung von Johannes Paul II. unterschrieben. Der Schritt
kam überraschend, denn ein für die Heiligsprechung notwendiges Wunder wurde bei Johannes
XXIII. bislang nicht bestätigt. Für Monsignor Oder fällt die päpstliche Entscheidung
dennoch nicht völlig aus dem Rahmen:
„Jeder Papst ist höchster Richter und
Gesetzgeber in der Kirche, indem er der Stellvertreter Christi ist. Eine solche Entscheidung
gehört also zu seinen Befugnissen. Sicher ist es keine leichtfertige Entscheidung
gewesen. Es ist ja eine Entscheidung, die eine Heiligsprechung betrifft, die Proklamation
einer heiligen Person, eines Papstes, der durch Ansehen und Unfehlbarkeit überzeugt.
Uns mag der Schritt vielleicht überraschen, doch hinter ihm stehen die Reflektion
und das Gebet des Papstes, die ihn zu dieser Entscheidung führten. Und diese Art von
Entscheidung kann spirituellen Früchte tragen und zum Wohl der Seelen beitragen.“
Ein
Datum für das Konsistorium gab der Vatikan bislang nicht bekannt. Pater Federico Lombardi
hatte betont, Franziskus‘ Entscheidung sei eine „Absichtserklärung“ – ob der Papst
also für die Heiligsprechung des Konzilspapstes von der Anerkennung eines Wunder absieht
oder ob ein solches noch bestätigt wird, steht also offen. Der Papst würdigte Johannes
XXIII. zuletzt anlässlich dessen Todestages am 3. Juni. Im „evangeliengemäßen Gehorsam“
liege der „Schlüssel zur Güte und zum Frieden von Papst Johannes“ und „die Wurzel
seiner Heiligkeit“, sagte Franziskus bei einer Gedenkmesse für den Konzilspapst im
Petersdom. Das von Johannes einberufene Zweite Vatikanische Konzil sei „Markstein
der Kirche des 20. Jahrhunderts“ und ein „Leuchtturm“ für die Zukunft der Kirche,
so der Papst weiter. Dazu Slawomir Oder:
„Eine eventuelle, zeitgleiche Heiligsprechung
von Johannes Paul II. und Johannes XXIII. ist klar im Lichte des Zweiten Vatikanischen
Konzils zu lesen. Es ist offensichtlich: Johannes XXIII. ist der Papst, der den Mut
hatte, die Kirche dem Ereignis des Konzils gegenüber zu öffnen, der Papst, der mit
seinem ganzen Pontifikat die Wegweisungen und den Geist des Konzils empfangen und
diese durch sein Amt realisiert hat.“
Im Fall von Johannes Paul II. hatte
der Papst am vergangenen 5. Juli ein Wunder per Dekret anerkannt, das sich in Lateinamerika
ereignet hatte. Monsignor Oder verrät im Gespräch mit Radio Vatikan Details der Begebenheit:
„Der
Fall trug sich am Tag der Seligsprechung von Johannes Paul II. in Costa Rica zu. Eine
junge Frau, die unter einem Hirnaneurysma litt, bat um die Fürsprache Johannes Paul
II. und schloss sich über Fernsehen dem Gebet der ganzen Kirche für ihn an. Am Ende
der Seligsprechung ist sie eingeschlafen und dann, als sie am Morgen aufwachte, hat
sie gespürt, dass die Symptome der Krankheit verschwunden waren. Und eine innere Stimme
sagte ihr: ,Steh auf, hab keine Angst, nimm dein Leben wieder auf.‘“
Papst
Johannes Paul war am 1. Mai 2011 selig gesprochen worden. Beobachter halten eine Heiligsprechung
des polnischen Papstes im Kontext des Hochfestes für den Seligen am kommenden 22.
Oktober für möglich, wenn auch ein offizielles Datum bislang nicht bekannt wurde.
Slawomir Oder zeigt sich im Gespräch mit Radio Vatikan überzeugt davon, dass auf die
Heiligsprechung von Johannes Paul II. nicht mehr lang gewartet werden muss.