Kenia: Die Wunder des Alltags im Zentrum „St. Martin“
Im Zentrum „St. Martin“
in der Stadt Nyahururu, die im Landesinneren von Kenia liegt, gibt es immer wieder
kleine Wunder des „Alltags“. Im Gespräch mit Radio Vatikan stellt der Direktor Don
Mariano Dal Ponte das Zentrum vor.
Alles begann im Jahr 1997, als Gabriele
Pipinato, ein Missionar aus Padua in Italien das Zentrum „St. Martin“ in Nyahururu
gründete – weil er an die Kraft seiner Gemeinschaft glaubte, berichtet Dal Ponte:
„Unser Zentrum ist ohne einen genauen vorherigen Plan entstanden und gewachsen,
es wurde einfach aus der Not heraus geboren, aus den Herausforderungen, auf die sein
Gründer, Don Gabriele und seine freiwilligen Helfer hier trafen. Unser Programm für
die Straßenkinder haben wir nach einem sehr traurigen Vorfall gestartet: Hier in Nyahururu
kam ein Mädchen, das auf der Straße lebte, gewaltsam ums Leben. Da haben wir uns gefragt:
,Fühlen wir uns als Christen denn nicht dazu aufgerufen, etwas für diese Kinder zu
tun, die auf der Straße leben?`“
So kam zu den bereits bestehenden Hilfsprogrammen
für Menschen mit Behinderung, Aidsprävention oder Mikrokreditinitiativen auch die
Arbeit mit Straßenkindern. Ein dringen nötiges Angebot – alleine in der kenianischen
Hauptstadt Nairobi schlagen sich Schätzungen zufolge 60.000 Kinder auf der Straße
durch: um zu überleben übernehmen sie Gelegenheitsjobs, sie betteln, sie stehlen.
Viele von ihnen sind unterernährt, krank oder drogensüchtig und staatliche Einrichtungen
nehmen sich dem Schicksal dieser Kinder kaum an. Egal um welche der vielen Initiativen
des Zentrums es auch geht, der Motor dahinter ist immer die gleiche Frage:
„Die
Frage, die wir uns bei allem, was wir tun, stellen ist: ,Was will der Herr Jesus Christus,
das wir in dieser Situation tun und sagen sollen?’ So haben wir begonnen, die Menschen
hier zu unterstützen und unsere Gemeinde zu öffnen und sie aufzunehmen.“
Kein
Zufall, dass sich das Zentrum nach dem heiligen Martin benannte, der seinen Mantel
teilte und ihn einem frierenden Bettler gab. Ganz im Geiste des Heiligen steht im
Zentrum „St. Martin“ deshalb die Gemeinschaft im Vordergrund. Ein wichtiges Element
sei auch die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung vor Ort, so Don Dal Ponte:
„Ohne
Zweifel ist unsere Gemeinde dadurch gewachsen, dass sie sich der Probleme hier angenommen
hat und sich zum Beispiel um Menschen mit Behinderungen kümmert, und zwar auf ganz
wunderbare Weise: Wir sind hier alle Zeugen eines Wunders aus Liebe: der großen Öffnung
der Gemeinde. Natürlich gibt es auch immer noch Gemeinden, die sich weiterentwickeln
müssen und die noch an sich arbeiten müssen, um beispielsweise Menschen mit Behinderung
oder Kranke nicht als Last zu sehen, als Verdammte, die an den Rand gehören, sondern
als Geschenk der Schöpfung und als Segen, im wahrsten Sinne des Wortes.“
Wer
sich darauf einlasse, Arme, Kranke und Hilfsbedürftige als Segen zu sehen, für den
sei die Begegnung mit ihnen ein Geschenk:
„Wenn wir uns verletzlichen und
schwachen Menschen nähern, stellen wir immer wieder fest, dass es im Leben jedes Armen
oder Behinderten eine Botschaft gibt, die uns dazu aufruft, unser Leben zu ändern
und unser Herz zu öffnen. Deshalb sehen wir uns mit dem, was wir tun, auch nicht als
;Gutmenschen’, nein wir sind vielmehr diejenigen, die beschenkt werden von den anderen:
Durch den Wandel, den die Begegnung mit ihnen in uns hervorruft. Deshalb stehen wir
in gewisser Weise in der ,Schuld’ der anderen, viel mehr, als dass wir es sind, die
ihnen Gutes tun.“
Ein Erlebnis aus dem Zentrum „Saint Martin“ ist Don Dal
Ponte übrigens besonders in Erinnerung geblieben:
„Das ist die Erzählung
einer Mutter, die sich vor einigen Monaten in einer sehr schwierigen Lage befand und
aus Verzweiflung eines ihrer Kinder verkaufen wollte: weil sie ihre Kinder einfach
nicht ernähren konnte und keinen anderen Ausweg sah, sie wusste nicht mehr, wie es
weiter gehen sollte. Einer unserer freiwilligen Helfer hat uns davon berichtet und
natürlich haben wir sofort eingegriffen: Es ist uns gelungen, den Verkauf dieses Kindes
zu verhindern. Leider war aber auch die Polizei involviert, sie hat die Mutter festgenommen.
Zum Glück konnten wir dort aber verhandeln, so dass diese Frau eine Chance bekam.
Und genau in dem Moment, indem wir überlegten, welche Möglichkeiten es für sie nun
gäbe, und ohne dass wir etwas dazu tun müssten, kam plötzlich jemand zu uns, der das
alles mitbekommen hatte. Er sagte: ,ich wäre sehr glücklich, wenn ich diese Mutter
mit ihren Kindern aufnehmen könnte und ihnen Schritt für Schritt die Möglichkeit geben
könnte, sich eine Zukunft aufzubauen.’ Solche Wunder, die geschehen in unserer Gemeinde.“