Päpstlicher Rat der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs
Botschaft
zum Welttag des Tourismus’ 2013 (27. September) “Tourismus und Wasser:
unsere gemeinsame Zukunft schützen”
Am 27. September feiern wir
den Welttag des Tourismus’ unter dem Thema, das die Welttourismusorganisation für
dieses Jahr vorgeschlagen hat: “Tourismus und Wasser: unsere gemeinsame Zukunft
schützen”. Dies steht im Einklang mit dem “Internationalen Jahr zur Zusammenarbeit
im Bereich Wasser”, das vor dem Hintergrund der internationalen Aktionsdekade
“Wasser für das Leben” (2005-2015) von der Generalversammlung der Vereinten
Nationen mit dem Ziel ausgerufen wurde, zu betonen, “dass Wasser für die nachhaltige
Entwicklung, namentlich auch für die Erhaltung der Umwelt und die Beseitigung von
Armut und Hunger, von entscheidender Bedeutung, für die menschliche Gesundheit und
das menschliche Wohlergehen unverzichtbar und für die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele
wesentlich ist ”. (Organisation der Vereinten Nationen, Resolution A/RES/65/154
von der Vollversammlung verabschiedet am 20. Dezember 2010.) Auch der Heilige Stuhl
möchte sich diesem Gedenktag anschließen, und seinen Beitrag aus der ihm eigenen Sichtweise
in dem Bewusstsein der Bedeutung leisten, die dem Phänomen des Tourismus in unserer
Zeit zukommt, aber auch eingedenk der Herausforderungen und den Möglichkeiten, die
er für unsere Evangelisierung bietet. Es handelt sich hier um einen der weltweit am
stärksten und schnellsten wachsenden Wirtschaftsbereiche. Man darf nicht vergessen,
dass im vergangenen Jahr die Marke von einer Milliarde internationaler Touristen überschritten
wurde, zu denen die noch höhere Zahl des inländischen Tourismus hinzukommt. Für
den Bereich des Tourismus’ ist das Wasser von grundlegender Bedeutung, ein Kapital
und eine Ressource. Es ist ein Kapital, denn die Menschen fühlen sich natürlich zu
ihm hingezogen und Millionen Touristen möchten dieses Naturelement in ihren freien
Tagen genießen und wählen ihren Zielort in einem der Ökosysteme, in denen das Wasser
eines der wichtigsten Merkmale darstellt (Feuchtgebiete, Strände, Flüsse, Seen, Wasserfälle,
Inseln, Gletscher oder Schneefelder, um nur einige zu erwähnen), oder sie möchten
von seinen zahlreichen Vorzügen Gebrauch machen (besonders in Bade- und Kurorten).
Gleichzeitig stellt das Wasser auch eine Ressource im Tourismusbereich dar und ist
unter anderem für Hotels, Restaurants und die Freizeitaktivitäten unentbehrlich. Den
Blick auf die Zukunft gerichtet kann der Tourismus ein echter Gewinn sein, wenn es
ihm gelingt, die Ressourcen nach den Kriterien einer “green economy” zu nutzen, eine
Wirtschaft, deren Umweltauswirkungen sich in vertretbaren Grenzen halten. Es muss
also darum gehen, einen ökologischen, respektvollen und nachhaltigen Tourismus zu
fördern, der dann sicherlich neue Arbeitsplätze schaffen, die heimische Wirtschaft
stärken und die Armut reduzieren kann. Es gibt keinen Zweifel darüber, dass dem
Tourismus eine entscheidende Rolle im Umweltschutz zukommt, denn er kann ein großer
Verbündeter, aber auch sein schlimmster Feind sein. Wenn man es zum Beispiel zulässt,
dass die Tourismusindustrie auf der Suche nach schnellem und einfachem wirtschaftlichen
Gewinn einen Ort verschmutzt, wird dieser Ort bald aufhören, ein Wunschziel für Touristen
zu sein. Wir wissen, dass dem Wasser eine Schlüsselfunktion in der nachhaltigen
Entwicklung zukommt und dass es eine Grundvoraussetzung für das Leben darstellt. Ohne
Wasser gibt es kein Leben. “Und trotzdem wird Jahr für Jahr der Druck auf diese
Ressource größer. Eine von drei Personen lebt in einem Land mit mäßigem oder hohem
Wassermangel und es ist möglich, dass der Wassermangel 2030 fast die Hälfte der Weltbevölkerung
betrifft, da die Nachfrage das Angebot um 40% übersteigen könnte.” (Generalsekretär
der Organisation der Vereinten Nationen, Botschaft anlässlich des Weltwassertages,
22.März 2013.) Daten der Vereinten Nationen zufolge haben eine Milliarde Menschen
keinen Zugang zu Trinkwasser. Die mit diesem Problem verbundenen Herausforderungen
werden in den kommenden Jahren erheblich zunehmen, vor allem, weil das Wasser ungleich
verteilt und verschmutzt ist, es verschwendet wird oder weil bei seiner Nutzung falsche
oder ungerechte Prioritäten gesetzt werden; hinzu kommen die Folgen des Klimawandels.
Auch der Tourismus konkurriert manchmal mit anderen Sektoren um die Wassernutzung
und nicht selten stellt man fest, dass es reichlich Wasser gibt und man verschwendet
es in den Strukturen des Tourismus, während die Bevölkerung der Umgebung an Wassermangel
leidet.
Die nachhaltige Bewirtschaftung dieser natürlichen Ressource stellt
eine Herausforderung für die wirtschaftliche wie für die soziale Ordnung und für die
Umwelt dar, aber es ist vor allem eine Herausforderung ethischer Natur, ausgehend
von dem Prinzip, dass die Güter dieser Erde allen bestimmt sind, was ein Naturrecht,
ein originäres Recht darstellt, dem sich die gesamte Rechtsordnung bezüglich dieser
Güter unterzuordnen hat. Die Soziallehre der Kirche besteht auf der Gültigkeit und
der Anwendung dieses Prinzips, ausdrücklich Bezug nehmend auf das Wasser. (Vgl. Päpstlicher
Rat für Gerechtigkeit und Frieden, Kompendium der Soziallehre der Kirche, 2.
April 2004, nn. 171-175, 484-485.) Gewiss entspringt unser Engagement zugunsten
eines respektvollen Umgangs mit der Schöpfung der Tatsache, dass wir in ihr eine Gabe
Gottes für die ganze Menschenfamilie erkennen und dass wir dem Wunsch Gottes Gehör
schenken, der uns dazu auffordert, sie in dem Bewusstsein zu hüten, dass wir Treuhänder,
nicht aber Besitzer dieser Gabe sind, die er uns macht. Papst Franziskus schenkt
dem Thema Umwelt große Aufmerksamkeit und er hat mehrfach darauf angespielt. Schon
in der Heiligen Messe zu Beginn seines Pontifikats forderte er uns dazu auf „Hüter“
der Schöpfungligen, des in die Natur hineingelegten Planes Gottes sein, Hüter des
anderen, der Umwelt; lassen wir nicht zu,” sagte er, “dass Zeichen der Zerstörung
und des Todes den Weg dieser unserer Welt begleiten! Und er erinnerte daran, dass
“alles der Obhut des Menschen anvertraut ist, und das ist eine Verantwortung, die
alle betrifft”. (Franziskus, Heilige Messe zu Beginn des Pontifikats, 19.
März 2013.) Weiter eingehend auf diese Aufforderung, betonte der Heilige Vater
während einer Audienz: “Die Schöpfung bebauen und hüten: Diese Weisung gab Gott
nicht nur am Anfang der Geschichte, sondern sie gilt einem jeden von uns. Sie gehört
zu seinem Plan; es bedeutet, die Welt verantwortungsvoll wachsen zu lassen, sie in
einen Garten zu verwandeln, in einen bewohnbaren Ort für alle. [...]. Wir
dagegen sind oft vom Hochmut des Herrschens, des Besitzens, des Manipulierens, des
Ausbeutens geleitet; wir »hüten« sie nicht, wir achten sie nicht, wir betrachten sie
nicht als unentgeltliches Geschenk, für das wir Sorge tragen müssen. Wir verlieren
die Haltung des Staunens, der Betrachtung, des Hörens auf die Schöpfung”. (Franziskus,
Generalaudienz, 5. Juni 2013.) Wenn wir diese Haltung des Hörens bewahren,
können wir entdecken, wie das Wasser uns auch von seinem Schöpfer erzählt und uns
an die Geschichte seiner Liebe zur Menschheit erinnert. Vielsagend ist in dieser Hinsicht
das Gebet zur Segnung des Wassers, dessen die römische Liturgie sich sowohl in der
Osternacht wie auch im Taufritual bedient; es wird daran erinnert, dass der Herr sich
dieser Gabe als Zeichen und zur Erinnerung an seine Güte bedient: die Schöpfung, die
Sintflut, die der Sünde ein Ende setzt, die Durchquerung des Roten Meeres, die von
der Sklaverei befreit, die Taufe Jesu im Jordan, die Fußwaschung, die sich in ein
Gebot der Liebe verwandelt, das Wasser, dass aus der Seite des Gekreuzigten dringt,
die Aufforderung des Auferstandenen, Jünger zu suchen und sie zu taufen…das sind Meilensteine
der Erlösungsgeschichte, in denen dem Wasser ein hoher symbolischer Wert zukommt.
Das
Wasser spricht zu uns von Leben, von Reinigung, Erneuerung und Transzendenz. In der
Liturgie ist das Wasser das Leben Gottes, das uns von Christus gebracht wird. Christus
selbst bezeichnet sich als der, der den Durst löscht, aus dessen Leib Ströme lebendigen
Wassers fließen (vgl. Joh 7, 38), und in seinem Gespräch mit der Samariterin behauptet
er: „Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr
Durst haben” (Joh 4, 14). Der Durst ruft die tiefsten Sehnsüchte im Herzen der
Menschen wach, seine Misserfolge und sein Streben nach wahrem Glück, jenseits seiner
selbst. Und Christus ist derjenige, der das Wasser anbietet, das den inneren Durst
stillt, er ist die Quelle der Wiedergeburt, das Bad der Läuterung. Er ist die Quelle
des lebendigen Wassers. Aus diesem Grunde ist es wichtig, zu unterstreichen, dass
alle, die mit dem Tourismus zu tun haben, eine große Verantwortung für den Umgang
mit dem Wasser tragen, damit dieser Sektor tatsächlich Quelle des Reichtums, in sozialer,
ökologischer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht wird. Man muss einerseits
an der Beseitigung der verursachten Schäden arbeiten und andererseits seine vernünftige
Nutzung fördern und die Belastung für die Umwelt auf ein Minimum reduzieren, angemessene
Politiken unterstützen und für eine effiziente Ausstattung sorgen, die dazu beiträgt,
unsere gemeinsame Zukunft zu schützen. Unsere Haltung der Natur gegenüber und die
schlechte Nutzung ihrer Ressourcen dürfen weder auf den jeweils anderen, noch auf
den zukünftigen Generationen lasten. Wir brauchen daher eine größere Entschlossenheit
auf Seiten der Politiker und der Unternehmer, denn auch wenn wir uns alle der Herausforderungen
bewusst sind, vor die uns das Wasserproblem stellt, müssen wir feststellen, dass sich
dies noch nicht in zwingenden, präzisen und überprüfbaren Verpflichtungen konkretisiert
hat. Diese Situation erfordert in erster Linie eine Mentalitätsänderung, die uns
zu einem neuen Lebensstil führt, der gekennzeichnet ist von Nüchternheit und Selbstdisziplin.
(Vgl. Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und frieden, Kompendium der Soziallehre
der Kirche, 2. April 2004, Nr. 486.) Man muss dafür sorgen, dass der Tourist unterrichtet
ist und über seine Verantwortung und die Auswirkungen seiner Reise nachdenkt. Er muss
zu der Überzeugung gelangen, dass nicht alles erlaubt ist, auch wenn er persönlich
die anfallenden wirtschaftlichen Belastungen tragen könnte. Die Erziehung zu kleinen
Gesten, die es uns erlauben, Wasser nicht zu verschwenden oder zu verschmutzen, und
deren Förderung helfen uns zugleich, seine Bedeutung noch höher zu schätzen. Machen
wir uns den Wunsch des Heiligen Vaters zu eigen „dass wir alle uns ernsthaft bemühen,
die Schöpfung zu achten und zu hüten, jedem Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, der
Kultur des Verschwendens und des Wegwerfens entgegenzuwirken, um eine Kultur der Solidarität
und der Begegnung zu fördern.” (Franziskus, Generalaudienz, 5. Juni 2013.) Mit
dem Heiligen Franziskus, dem „Armen“ von Assisi, erheben wir unser Lob zu Gott und
preisen ihn für seine Kreaturen: “Laudato si’, mi Signore, per sor’Acqua, la quale
è multo utile et humile et pretiosa et casta” (Gelobet seist Du, mein Herr,
durch Schwester Wasser, die nützlich-schlichte, köstliche und reine). Aus dem
Vatikan, am 24. Juni 2013