An diesem Donnerstag
wurde im Vatikan eine weitreichende Reform des vatikanischen Strafgesetzbuches vorgestellt.
Mit der Reform, so erklärte der Präsident des vatikanischen Gerichtshofes Giuseppe
Dalla Torre vor Journalisten, gleiche der Heilige Stuhl seine Gesetzgebung an herrschende
internationale Standards und insbesondere an internationale Konventionen an. Diese
wurden vom Heiligen Stuhl als Völkerrechtssubjekt unterschrieben und werden mit der
aktuellen Reform nun auch normativ in die vatikanische Rechtssprechung eingepflegt.
Außerdem wurde das Höchstmaß für Haftstrafen von lebenslang auf 35 Jahre reduziert
und die direkte strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen eingeführt
sowie Empfehlungen des Expertenkomitees Moneyval zur Angleichung an internationale
strafgesetzliche Standards bei der Geldwäschebekämpfung eingearbeitet. Bei der Pressekonferenz
im vatikanischen Pressesaal sagte Dalla Torre:
„Sehr wichtig im Zusammenhang
mit der Einführung internationaler Normen in staatliches Recht ist die Anpassung der
Normen zum Schutz von Minderjährigen vor Delikten wie Gewalt, Missbrauch und so weiter.
Der vatikanische Gesetzgeber gleicht sich mit dieser Änderung den internationalen
Standards an. All das zusammen genommen wird durch ein Motu Proprio von Papst Franziskus
ergänzt. Mit diesem treten die Gesetze nicht nur auf dem Territorium des Vatikanstaates
in Kraft, sondern erstrecken sich auf den gesamten Bereich des Heiligen Stuhls.“
Durch
das Motu Proprio, so erklärt Dalla Torre, sind künftig auch Einrichtungen des Heiligen
Stuhls wie Nuntiaturen oder andere Funktionsträger, die sich nicht auf Vatikanstaatsgebiet
befinden, diesen Normen unterworfen. Ein ähnliches Motu Proprio hatte Benedikt XVI.
im Jahr 2010 verabschiedet, um die vatikanische Gesetzgebung an internationale Standards
im Hinblick auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung anzugleichen.
„Was nun die Verbrechen gegen Minderjährige betrifft, so wurden komplementäre
Strafgesetze zur Einführung der internationalen Konventionen geschaffen. Als minderjährig
gelten dabei ohne Ausnahmen Personen unter 18 Jahren. Namentlich genannt sind die
Delikte Verkauf, Prostitution, Anwerbung und sexuelle Gewalt gegenüber Kindern; die
Pädopornographie, der Besitz von pädopornographischem Material und sexuelle Akte mit
Kindern.“
Diese Verbrechen, so präzisiert Dalla Torre, waren bereits vor
der Reform strafbar, doch sie wurden dort weitaus allgemeiner unter dem Begriff von
Gewalt gegenüber Kindern zusammengefasst. Die Präzisierung der Normen in diesem, aber
auch in anderen Bereichen erlaube nun auch einen reibungsloseren internationalen Austausch
bei der Verbrechensbekämpfung und Strafverfolgung.
Das vatikanische Strafgesetzbuch
basiert nach wie vor zu großen Teilen auf dem italienischen Codice Zanardelli von
1889 und der Strafprozessordnung von 1913, die mit den Lateranverträgen 1929 vom Vatikan
übernommen wurden. Die aktuell veröffentlichten neuen Gesetze werden ab dem 1. September
in Kraft treten und sind auf der Homepage des vatikanischen Governatorates unter www.vaticanstate.va
einsehbar. Weitere Gesetze, die vor allem verwaltungstechnischer Natur sind, werden
nach der Sommerpause erwartet.