2013-07-07 15:14:59

„Das geht so nicht mit Jesus!“ – „Best of“ der Begegnung des Papstes mit den Seminaristen


RealAudioMP3 Hier die schönsten Zitate aus der Rede von Papst Franziskus bei der Begegnung mit Seminaristen, Novizinnen und Novizen am Samstag, 6. Juli 2013 in der Audienzhalle Pauls VI.


Zur Kultur des Provisorischen

Ich habe einem wirklich guten Seminaristen sagen hören, er wolle Christus dienen, aber nur für zehn Jahren, und dann wolle er schauen…. Das ist gefährlich! Hört alle gut zu: Auch wir Älteren stehen unter dem Druck dieser Kultur des Provisorischen: Und das ist gefährlich, denn man lebt sein Leben nur einmal. Ich heirate, solange die Liebe hält; ich werde Schwester für eine „gewisse Zeit und dann schau ich mal; ich werde Seminarist um Priester zu werden, aber ich kann nicht sagen, wie die Sache ausgehen wird. Das geht so nicht mit Jesus! Das ist kein Vorwurf an euch; ich werfe das dieser "Kultur des Provisorischen" vor, die uns allen übel mitspielt, denn sie tut uns nicht gut.


Über die Bescheidenheit von Kirchenpersonal

Einige sagen vielleicht: Die Freude entspringt dem, was man hat. So kommt es, dass wir das neuste Smartphonemodell brauchen, den schnellsten Motorroller, das schicke Auto… Aber ich sage euch, ganz ehrlich: Mir tut es weh, wenn ich einen Priester oder eine Schwester mit dem neuesten Automodell sehe: Das geht doch nicht! Das geht nicht! Ihr denkt vielleicht, Padre, sollen wir jetzt Fahrrad fahren? Das Fahrrad ist gut! Mons. Alfred [Xuereb, sein Sekretär, adr] fährt auch Fahrrad. Ich denke, wir brauchen Autos für die Arbeit, wenn wir unterwegs sind… Aber nehmt bitte ein bescheideneres Modell, ja?


Über die Freude des Angenommenseins

„Die wahre Freude kommt nicht von den Dingen, nicht vom Haben, nein! Sie entsteht in der Begegnung, in der Beziehung zu anderen, im Spüren, dass man angenommen ist, wenn man verstanden, geliebt und angenommen wird, vom Verstehen und vom Lieben. Und das nicht aus irgendwelchen Interessen, sondern weil der andere oder die andere eine Person ist. Die Freude entsteht aus der Absichtslosigkeit einer Begegnung! Wenn man sich sagen hört: „Du bist für mich wichtig!“ - nicht unbedingt nur in Worten!: Das ist schön! Und genau das hat uns Gott klar gemacht: Wenn Gott euch ruft, spricht er .“Du bist wichtig für mich, ich mag dich. Ich zähle auf dich!“ Jesus sagt das zu jedem einzelnem von uns! Genau hier entsteht Freude. Die Freude über den Augenblick, da Jesus mich anschaut. Das zu verstehen und zu spüren, ist das Geheimnis unserer Freude.


Über Geistliche mit langen Gesichtern

Wenn Du einen Seminaristen, einen Priester, eine Schwester, einen Novizen mit einem langen Gesicht siehst, traurig, als ob jemand eine pitschnasse Decke auf sie geworfen hätte, eine von den richtig schweren… Das zieht dich doch selber mit runter… Da stimmt doch was nicht! Ich bitte euch: Niemals Schwestern und Priestern mit Sauergurkengesicht, niemals! Vielleicht sagt ihr: Das ist doch ein psychisches Problem. Das stimmt, manchmal passiert das, und es gibt einige, die leider krank werden. Aber im allgemeinen ist das nicht so. Ist es nicht eher ein Problem des Unbefriedigtseins? In der Tat!


Über die geistliche Fruchtbarkeit

Aber woher kommt dieser Mangel an Freude? Es ist ein Zölibatsproblem: Ich erklär euch das jetzt einmal: Ihr Seminaristen und Ordensfrauen weiht eure Liebe Jesus, eine große Liebe. Euer Herz gehört Jesus, und das bringt uns dazu, das Gelübde der Keuschheit abzulegen oder den Zölibat zu versprechen. Aber das Gelübde der Keuschheit oder das Zölibatsversprechen hören nicht in dem Augenblick auf, in dem man es ablegt, sondern es geht weiter…. Ein Weg, auf dem man immer weiter reift in Richtung hin auf eine pastorale Vaterschaft und Mutterschaft; und wenn ein Priester nicht der Vater seiner Gemeinde ist, und eine Schwester nicht die Mutter der Menschen ist, mit denen sie zusammenarbeitet, dann werden sie traurig. Das ist das Problem. Deswegen sage ich euch: Die Wurzel der Traurigkeit im pastoralen Leben ist eben genau der Mangel an geistlicher Vater- und Mutterschaft; wenn man seine geistliche Berufung schlecht lebt, die eigentlich fruchtbar sein soll: Das ist nicht katholisch! Das ist nicht katholisch! Das ist die Schönheit unsere Ordens- und Priesterberufung: die Freude, die Freude…


Glaubwürdigkeit

Um freudige Zeugen des Evangelium zu sein, muss man authentisch sein, glaubwürdig und konsequent. Das ist ein anderes Wort, das ich sagen möchte: Glaubwürdigkeit. Jesus geißelte oft die Heuchler, die mit Hintergedanken, die – um es offen auszusprechen – zwei Gesichter haben. Von Glaubwürdigkeit zu jungen Menschen zu sprechen, kostet nichts, denn die jungen Menschen – alle! – wollen authentisch sein und konsequent. Und es widert euch an, wenn ihr mitbekommt, dass wir Priester oder Schwestern nicht konsequent sind. … Ich erinnere da immer an das, was Franz von Assisi sagte: „Verkündigt immer das Evangelium. Und wenn nötig mit Worten.“ Was bedeutet das? … In unserer Welt, in der materieller Reichtum so viel Übel anrichtet, müssen wir Priester und Ordensleute unsere Armut konsequent leben.


Ein Beichtratschlag

In unserem Leben müssen unsere Mitmenschen das Evangelium lesen können! Auch hier ohne Angst, mit unseren Fehlern; mit dem, wo wir uns zu bessern suchen, mit unseren Grenzen, die der Herr kennt, aber auch mit jener Großherzigkeit, dass wir Ihn in uns wirken lassen wollen. Unsere Fehler, unsere Grenzen – und ich setze noch eins drauf – unsere Sünden… Ich möchte eine Sache wissen: Ist hier im Saal einer, der keine Sünder ist, der keine Sünden hat? Die Hand heben bitte! Hand hoch! … Niemand? Niemand! Am Ende sind wir’s alle… Ich möchte euch eines raten: Seid ehrlich und transparent gegenüber eurem Beichtvater. Immer. Sagt alles, habt keine Angst. Suchen wir immer diese Transparenz vor Jesus in der Beichte. Das ist eine Gnade. Und wenn ich wieder sündige? Dann eben noch einmal. Ich sage das aus Erfahrung… Ich habe viele Ordensleute erlebt, die in die Falle einer mangelnden Transparenz geraten sind. „Ich habe das getan“, sagen sie (scheinbar) ganz demütig. Wie jener Zöllner der im Tempel sagt: „Ich habe diese getan, und jenes und jenes….“ Der Herr stopft dir den Mund: Er stopft ihn dir! Habt ihr verstanden? Vielmehr gilt: Inmitten der eigenen Sünde entspringt übergroße Gnade! Öffnet dieser Gnade das Tor durch eben diese Transparenz!


Über die päpstliche Hirtensorge

Papst Franziskus: „Bis wieviel Uhr haben wir Zeit, Mons. Fisichella?“
Erzbischof Fisichella: „Wenn sie weiter so sprechen, bis morgen… Absolut!“
Papst Franziskus: „Er sagt bis morgen…. Dann sollen sie euch allen wenigstens ein Brötchen und Coca Cola bringen, wenn das bis morgen geht…“ [Lachen und Applaus]


Freud und Leid des Gemeinschaftslebens

Zu einer guten geistlichen Ausbildung gehören vier Säulen: Die geistliche, die intellektuelle, die apostolische und die gemeinschaftliche Dimension. Vier! Und für den letzten Aspekt ist es notwendig, dass diese Ausbildung im Noviziat stattfindet und im Gemeinschaftsleben. Ich denke immer: Das schlimmste Seminar ist immer noch besser als gar keins! Warum? Weil dieses Gemeinschaftsleben wichtig ist! … Und hier kommen wir zu einem anderen Problem: Ich habe oft Gemeinschaften getroffen, Seminaristen, Ordensleute oder auch im Weltklerus, wo das am weitesten verbreitete „Stoßgebet“ die Lästereien sind! Das ist furchtbar! Sie ziehen einander die Haut ab! So ist unsere klerikale Welt und unter den Ordensleuten… Aber entschuldigt bitte, das gibt’s überall: Neid, Eifersucht, üble Nachrede. Nicht nur das Lästern über die Oberen; das ist noch der Klassiker! Ich will nur sagen: Auch mir ist das passiert, wie oft habe ich das getan, sehr oft, und ich schäme mich dafür! … Wenn ich ein Problem mit einem Mitbruder oder einer Mitschwester habe, dann muss ich es demjenigen ins Gesicht sagen oder dem, der helfen kann, aber nicht irgend jemanden, um auf dem anderen Schmutz aufzuhäufen.


Über eine missionarische Kirche

Ich möchte eine Kirche, die missionarischer ist, keine leise Kirche. Eine Kirche, die vorangeht. Aus sich heraus treten hin zur Transzendenz Jesu im Gebet, hin zur Transzendenz im Anderen durch das Apostolat, in der Arbeit. Schenkt euren Beitrag zu einer solchen Kirche: Treu zum Weg, den Jesus will. Lernt nicht von uns, von uns, die wir nicht mehr die Allerjüngsten sind; lernt nicht von uns den Sport, den wir Alten oft praktizieren: den Sport des Jammerns! Lernt von uns nicht den Kult des Lamentierens! Sondern seid positiv, pflegt das geistliche Leben und brecht zugleich auf und seid fähig, den Menschen zu begegnen, besonders denjenigen, die verachtet und benachteiligt sind. Habt keine Angst hinauszugehen und gegen den Strom zu schwimmen.

(rv 07.07.2013 mc)








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