2013-06-22 09:31:56

„Statt Clash der Kulturen jetzt Clash der Ignoranzen“


RealAudioMP3 Der Vatikan ist mit Saudi-Arabien im Gespräch über das Thema Religionsfreiheit. Das bestätigte Kurienkardinal Jean-Louis Tauran jetzt in einem Interview mit Radio Vatikan. In Saudi-Arabien, dem Ursprungsland des Islam, sind christliche Symbole oder Messfeiern bei schwerer Strafe verboten.

„Ja, wir haben über Religionsfreiheit gesprochen, über Kultfreiheit – natürlich mit ausgesprochener Vorsicht, denn das sind sehr delikate Themen. Man kann sie allerdings auch nicht ignorieren, schließlich kennen alle die Schwierigkeiten auf diesem Gebiet. Wir haben in dieser Hinsicht auch keine besonderen Beschlüsse gefasst.“

Der Kardinal, der den vatikanischen Dialograt leitet, äußerte sich nach einer Konferenz mit dem saudischen Dialogbeauftragten Hamid bin Ahmad al-Rifaei. Dieser ist Präsident eines internationalen islamischen Dialogforums. In Rom hatten Vatikan und Muslime überlegt, wie sie sich in säkularen, vom Materialismus geprägten Gesellschaften verhalten sollen.

„Was konkrete Aspekte betrifft: Uns ist klargeworden, wie wichtig ein Religionsunterricht für junge Leute ist. Probleme entstehen oft aus Ignoranz. Wir sind zwar um einen Clash der Kulturen herumgekommen, aber jetzt müssen wir den Clash der Ignoranzen verhindern! Wir brauchen also eine Art und Weise, um andere Religionen jeweils mit Respekt und Präzision zu beschreiben.“

„Unseren Appetit zügeln“

Das interreligiöse Treffen im Vatikan war schon das 19. seiner Art. Kardinal Tauran kommentiert das so: „Der interreligiöse Dialog ist heute in Mode gekommen. Viele Initiativen kümmern sich allerdings exakt um dieselben Dinge. Wir sollten unseren Appetit ein bißchen zügeln und stattdessen genauer klären, was ein interreligiöser Dialog überhaupt leisten soll. Was sich bei all diesen Konferenzen letztlich immer wieder zeigt, ist, dass wir uns doch noch zuwenig kennen. Und natürlich haben wir viele Fortschritte gemacht, aber sobald man mal etwas tiefer bohrt, kommt nichts mehr. Alles ist noch zu sehr von den politischen Ereignissen und vom Terrorismus konditioniert.“

In dieser Optik ist es zwar eine gute Sache, dass das gestrenge Saudi-Arabien über Religionsfreiheit mit sich reden läßt. Aber reden alleine genügt eben nicht, so der französische Kurienkardinal.

„Nach Jahren und Jahren des interreligiösen Dialogs besteht unser größter Kummer darin, dass alle Ergebnisse, die wir erzielen konnten – und manchmal geschah das unter großen Opfern – doch nie auf Gesetzes-, Verwaltungs und Straßenniveau umgesetzt worden sind. Dadurch bleibt der interreligiöse Dialog auch heute noch ein Elitenprojekt. Man müsste irgendwie einen Weg finden, um das Erreichte – das ja vorhanden ist, auch wenn es vielleicht nicht viel wiegt – durchdringen zu lassen: zur Straße, zu den Schulen und Universitäten, zu den Behörden und zu denen, die die Gesetze formulieren.“

(rv 21.06.2013 sk)








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