Das Säbelrasseln in
Nordkorea ist vorbei, stattdessen geht es in dieser Woche wieder an den Verhandlungstisch
mit Südkorea. Über die Erfolgsaussichten dieser Gespräche und darüber, ob sie möglicherweise
auch Verbesserungen für die Christen im Land mit sich bringen könnten, die dort aufgrund
ihres Glaubens verfolgt werden, darüber hat Stefanie Stahlhofen mit Markus Rode, dem
Leiter von Open Doors in Deutschland gesprochen:
„Ich glaube, dass
der Erfolg vorprogrammiert ist, zumal es ja um die Sonderwirtschaftszone Kaesong in
Nordkorea gehen soll, wo die Hauptdeviseneinnahmen für Nordkorea generiert werden.
Im Rahmen des Säbelrasselns der letzten Wochen und Monate hatte man diese Sonderwirtschaftszone
geschlossen. Mir war aber eigentlich schon klar, dass man sehr schnell zu Gesprächen
kommen wird, weil die Devisen einfach benötigt werden.“
Es geht also hauptsächlich
um Geld – denken Sie denn trotzdem, dass sich auch die humanitäre Lage vor Ort verbessern
kann?
„Leider haben wir da nicht so viel Hoffnung und bisher auch nicht
so gute Erfahrungen gemacht. Selbst die Hilfslieferungen vom Welthungerprogramm, die
in das Land hineinkommen, versickern oft in den Kanälen des Regimes. Das heißt, dass
man also bei den Märkten in die eigene Tasche wirtschaftet und die Nahrungsmittel
nicht bei den Menschen ankommen. Leider sind schon – konservativ geschätzt - seit
den 50er Jahren mehr als zehn Prozent der Bevölkerung verhungert. Leider hat sich
daran nichts Wesentliches geändert.“
Wie sieht es denn für die Christen
im Land aus?
„Die Situation der Christen in Nordkorea dokumentiert sich
auch schon in den vergangenen Jahren an der Rangfolge des Weltverfolgungsindex den
Open Doors herausgibt. Seit Jahren steht Nordkorea an erste Position, was die härte
der Christenverfolgung angeht: Christen werden erbarmungslos gejagt, wenn jemand in
Nordkorea als Christ erkannt wird, dann wird er seine Familie – also auch Kinder und
Großeltern, wenn es die Generation noch gibt – abgeholt. Das Ziel ist, die Generationen
auszulöschen, alle Christen sollen aus dem Land möglichst verschwinden. Wir haben
ungefähr 50 000 bis 70 000 Christen, die in den Arbeitslagern von Nordkorea zu Tode
gefoltert werden. Wir schätzen aber dennoch, dass zwischen 200 000 und 400 000 Christen
im Land im Untergrund sind und sich dort heimlich treffen. Die christliche Gemeinschaft
dort wächst stark.“
Wie ist es denn unter diesen Bedingungen überhaupt möglich,
den Glauben zu leben?
„Das geht eben nur völlig abgeschottet, im Untergrund.
Nordkoreanische Christen können sich nur in Kleinstgruppen treffen – vielleicht drei
bis fünf Personen. Das Risiko, entdeckt zu werden, ist extrem groß, weil die Geheimpolizei
jede Ansammlung von Menschen sofort meldet. Es ist auch ein großes Risiko für christliche
Eltern, ihren Kindern das Evangelium weiterzugeben, weil man natürlich auch befürchtet,
dass die Kinder in der Schule immer wieder ausgefragt werden, was die Eltern zu Hause
sagen. Den Glauben zu leben geht nur im geheimen, unter großen Sicherheitsvorkehrungen
und mit sehr viel Begleitung im Gebet.“
Erläutern Sie doch einmal die Hintergründe
– wie sind die Christen in diese Lage gekommen?
„Nach dem Koreakrieg hat
sich die Situation der Christen dramatisch verschlechtert. Das kommunistische Regime
hat direkt nach der Teilung begonnen, die Kirche im Land auszulöschen. Christen wurden
hingerichtet, ermordet, Kirchen zerstört. Wenn man sich überlegt, das in Pjönjang
mal eine Hochburg des christlichen Glaubens war, sieht man, was davon letztlich übriggeblieben
ist. Es gibt von Seiten des kommunistischen Teils einen massiven Hass gegen Christen.
Das hat einerseits damit zu tun, dass der Kommunismus Gott komplett verleugnet und
vielleicht sogar als gefährlichen westlichen Einfluss einstuft, im Fall von Nordkorea
gibt es jedoch noch eine weitere Dimension: Das Regime, die ,Kim-Dynastie’ nenne ich
sie jetzt mal, ist eine Dynastie von Diktatoren, die sich selbst gottgleich feiern
lassen. Das erkennt man auch an den Statuen im ganzen Land, vor denen sich die Menschen
verneigen müssen. Da, wo die selbsternannten Götter, die Kims, stehen, darf es keinen
anderen Gott geben. Die Christen beten aber Jesus Christus an – insofern passt das
nicht zusammen und deshalb verfolgt man sie.“ Also denken Sie, dass es auch
in der nahen Zukunft für die Christen weiter schwierig bleibt… „Es ist unser
Gebet und unsere Hoffnung, dass es eines Tages eine Wiedervereinigung gibt. Unter
der jetzigen Diktatur haben wir allerdings nicht so große Hoffnungen, dass sich die
Situation der Christen verbessert. Wir haben schon als Kim Jong-un an die Macht kam
gehofft und beobachtet, ob er eine andere Politik fahren wird und den Christen damit
Erleichterungen zugebilligt werden, dass sie überhaupt überleben dürfen in diesem
Land, aber leider hat sich das Gegenteil herausgestellt: Kim Jong-un hat sogar begonnen,
die Geheimdienste noch mehr auf die Identifikation von Christen auszurichten und es
hat sich leider – das sind die Nachrichten, die wir direkt aus dem Land bekommen –
für Christen nichts verbessert. Dennoch sind sie voller Hoffnung, weil die christliche
Gemeinde im Land wächst und es für die Christen eine Perspektive gibt, die weit über
die Dunkelheit in diesem Land hinausgeht: nämlich dass sie eines Tages bei Jesus sein
werden.“ Was können Sie uns denn über die Arbeit von Open Doors in Nordkorea
sagen? „Ich kann natürlich nicht viele Details dazu sagen, wie wir in Nordkorea
arbeiten, aber wir haben bereits Anfang der 90er Jahre begonnen, die Christen im Land
zu suchen, sie müssen ja im Untergrund überhaupt erst einmal gefunden werden. Wir
haben im Laufe der Jahre unsere Arbeit im Land aufgebaut. Wir helfen den kleinen christlichen
Gruppen, dass sie einerseits überleben können – da liefern wir Nahrungsmittel und
geben, wo es möglich ist auch medizinische Versorgung – und dann helfen wir natürlich
auch mit Bibeln, mit Möglichkeiten überhaupt verbunden zu werden: durch Radios zum
Beispiel, damit sie auch durch christliche Botschaften ermutigt werden können. Wir
versuchen natürlich auch immer wieder, den Christen dabei zu helfen, sich zu vernetzen,
dass sie spüren, sie sind nicht alleine in kleinen Gruppen, sondern es gibt einen
Leib Christi, eine Gemeinde Jesu in ganz Nordkorea. Es ist eine sehr schwierige Arbeit
mit sehr hohen Risiken. Über die einzelnen Wege kann ich deshalb nicht mehr sagen.“ Was
kann man den tun um den Christen in Nordkorea zu helfen? „Zum einen natürlich
die Arbeit von Open Doors unterstützen, wir helfen den christlichen Gemeinden auch
durch Nothilfe. Das Wichtigste, was man darüber hinaus noch tun kann, ist, für die
verfolgten Christen in Nordkorea zu beten: Für Befreiung in dem Land, dass sie eines
Tages erleben dürfen, dass sie sich als Christen frei in ihrem Land bewegen können.
Wir hören immer wieder von den Christen dort den Hinweis: ,Betet für uns, vergesst
uns nicht!’“
Das überkonfessionelle internationale Hilfswerk Open Doors
unterstützt Christen nicht nur in Nordkorea sondern auch in anderen Ländern, in denen
sie wegen ihres Glaubens verfolgt werden.