Kardinal Koch vor Ukraine-Reise: Hoffnung auf Fortschritte im Dialog
Als „herausfordernde
Situation für die Ökumene“ beschreibt der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates
die Beziehung der christlichen Kirchen in der Ukraine. Kurt Koch ist an diesem Mittwoch
zu einer einwöchigen Reise in das osteuropäische Land aufgebrochen; es ist das erste
Mal, dass sich der Schweizer Kurienkardinal vor Ort ein Bild der Lage macht. Im Zentrum
der Visite stehen ökumenische Gespräche und Treffen mit Vertretern der römisch-katholischen,
der mit Rom unierten griechisch-katholischen und der orthodoxen Kirche; Stationen
sind Kiew und Lemberg. Koch will unter anderem mit dem griechisch-katholischen
Großerzbischof von Kiew-Halytsch, Swjatoslaw Schewtschuk, zusammentreffen. Der griechisch-katholischen
Kirche, die mit Rom uniert ist, doch der byzantinischen Liturgie folgt, gehören in
der Westukraine allein fünfeinhalb bis sechs Millionen Gläubige an. Kurt Koch erhofft
sich vom Treffen mit dem Oberhaupt dieser Kirche eine Vertiefung des ökumenischen
Dialoges, wie er vor seiner Abreise im Interview mit Radio Vatikan bekräftigte:
„Die
Kontakte, die ich bisher mit Großerzbischof Schewtschuk hatte, haben mir gezeigt,
dass er diesen Dialog sehr fördert, dass er ihn vertiefen will. Ich bin sehr interessiert,
diese Realität zu sehen und mit ihm auch zu besprechen, wie man diesen Dialog weiterführen
und vertiefen kann.“
Die orthodoxe Kirche der Ukraine wird Kochs Besuch
bei Schewtschuk wohl mit Argusaugen beobachten: Das Verhältnis der Griechisch-Katholischen
zu den Orthodoxen ist aus historischen Gründen schwierig. Unter anderem die Rückgabe
von annektiertem Kirchenbesitz nach 1989 an die griechisch-katholische Kirche in der
Westukraine trägt bis heute zu einem angespannten Verhältnis bei. Und das stellt auch
die Beziehungen zwischen Rom und Moskau auf die Probe: So macht das Moskauer Patriarchat
den Dialog mit dem Vatikan auch wesentlich von dessen Verhältnis zur katholischen
Ostkirche in der Westukraine abhängig. Der Außenamtschef des Moskauer Patriarchates
Hilarion betonte noch im März 2013, ein mögliches Treffen zwischen Franziskus und
Patriarch Kyrill hänge wesentlich vom „Problem“ der unierten Kirche in der Ukraine
ab. Die „Wiedergeburt dieser Kirche in der Ukraine“ sei „ein schwieriger Moment in
den Beziehungen zwischen der orthodoxen und der katholischen Kirche“, so Hilarion,
da dieser Prozess „mit Ausschreitungen und mit der Vertreibung orthodoxer Gläubiger
aus ihren Kathedralen“ einhergegangen sei. Koch sieht in diesen und ähnlichen Fragen
nur einen Weg: Dialog mit Geduld und Empathie.
„Ich glaube, in der Ökumene
kommen wir nur weiter, wenn wir versuchen, einander auch mit den Augen der anderen
zu betrachten – dass wir nicht nur unsere Situation anschauen, sondern die Situation
der anderen, und dann versuchen, neue Wege zu gehen. Und da bin ich zuversichtlich,
dass man Wege finden kann auch für diese nicht leichte Situation.“
Papst
Franziskus sind diese Probleme sehr wohl bekannt, lässt Kardinal Koch durchblicken.
Jorge Mario Bergoglio war bis zu seiner Wahl auf den Stuhl Petri Ordinarius für die
Katholiken orientalischer Riten in Argentinien, ein Amt, das inzwischen Mario Aurelio
Poli neben seinen Aufgaben als neuer Erzbischof von Buenos Aires zusätzlich bekleidet.
Auch Großerzbischof Schewtschuk, den Koch jetzt treffen wird, hatte in Buenos Aires
von 1991 bis 1993 Philosophie studiert und dürfte Bergoglio dort begegnet sein. „Papst
Franziskus war verantwortlich in Argentinien für alle orientalisch-katholischen Kirchen,
er kennt also diese ganze Tradition, er kennt damit auch die ökumenische Situation
der orientalisch-katholischen Kirchen mit den orthodoxen und orientalischen Kirchen,
und ich bin überzeugt, dass er hier auch wesentliche Impulse geben kann, um diesen
notwendigen Dialog zu vertiefen.“