Gewalttätige Proteste
für oder gegen die Einführung der Todesstrafe bei Blasphemie bestimmen seit Tagen
die Situation in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka. Medien sprechen von bis zu 22 Opfern
und von bis zu 200.000 Demonstranten, die die Einführung von Blasphemie-Gesetzen verlangen.
Häuser gingen in Flammen auf, und die Demonstranten lieferten sich Straßenkämpfe mit
der Polizei. An diesem Donnerstag ist nun ein führendes Mitglied der Organisation,
die für die Todesstrafe bei Blasphemie eintritt, selbst zum Tode verurteilt worden:
Muhammad Kamaruzzaman war wegen Folter und Massenmord im Unabhängigkeitskrieg mit
Pakistan 1971 angeklagt und für schuldig befunden worden. Patrick D’Rozario ist Erzbischof
von Dhaka. Radio Vatikan gegenüber betont er, dass die Kirche die Todesstrafe in jedem
Fall ablehne.
„Unsere Rektion war immer schon, dass die Todesstrafe nicht
akzeptabel ist. Wir dürfen kein Leben zerstören. Die Regierung und die Gesellschaft
kennen natürlich unsere Position, aber als eine Minderheit von 350.000 Katholiken
unter 60 Millionen anderen können wir natürlich nichts machen. Wir würden eine lebenslange
Haftstrafe befürworten, aber diese Gerechtigkeit bekommen die Menschen nicht, von
keiner Regierung.“
Das Gegenteil passiere, so der Erzbischof: Politiker
heizten etwa bei Tribunalen zu Kriegsverbrechen die Stimmung an, anstatt sich um das
Wohl der fragilen Gesellschaft zu kümmern. Das sehe man besonders im Augenblick bei
den Ausschreitungen.
„Wir sind geschockt und besorgt über das, was gerade
geschieht. Es ist nicht das Bild des echten Bangladesch, das wir auf den Fernsehbildern
sehen. Wir haben lange in Frieden gelebt. Der Unfrieden hat zwei Gründe, zum einen
die Kriegsverbrechen und zum anderen die anstehenden Wahlen. Als christliche Minderheit
sind wir nicht Ziel der Gewalt, aber es geht auch gar nicht um Mehrheit und Minderheit,
es ist auch ein Problem innerhalb des Islam. Es gibt unterschiedliche Meinungen, und
die politischen Parteien benutzen diese Situation.“
Alle christlichen Kirchen
haben in dieser Woche einen gemeinsamen Aufruf gestartet: Religiöse Harmonie, Frieden
und Solidarität seien Werte, die alle Menschen teilten und an diese Menschen richte
man sich, gleich welcher Religion sie angehörten, so Bischof D’Rozario.