2013-04-19 11:23:39

Chaos in der Zentralafrikanischen Republik – Gespräch mit dem Erzbischof von Bangui


RealAudioMP3 Im März zwangen sie den zentralafrikanischen Präsidenten zur Flucht und übernahmen die Macht in Bangui – doch seitdem ist es den „Séléka“-Rebellen nicht gelungen, auch nur den Anschein von Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Zentralafrikanische Republik – isoliert, aber mineralienreich – versinkt im Chaos. Die Rebellen bitten afrikanische Nachbarländer und Frankreich um Hilfe, doch der Pariser Außenminister Laurent Fabius lässt wissen, man werde nur zu einer „Rückkehr zur Stabilität“ beitragen, wenn in Bangui „eine legitime Führung“ eingesetzt werde. Bei Zusammenstößen in einem Stadtviertel, in dem viele Anhänger des gestürzten Präsidenten François Bozizé leben, sind am letzten Wochenende mindestens zwanzig Menschen ums Leben gekommen; drei von ihnen hatten sich, vergeblich in eine Kirche geflüchtet. Erzbischof Dieudonné Nzapalainga von Bangui berichtet im Interview mit Radio Vatikan von Plünderungen:

„Im Stadtviertel Boy Rabe habe ich einen großen LKW gesehen, der sich mit Kühlschränken und Kühltruhen aus dem Staub machte – das heißt, die Plünderungen gehen immer weiter, bei helllichtem Tag, unter den Augen der untätigen Behörden. Das Stadtviertel war fast menschenleer, weil Gerüchte umgingen, es solle niedergebrannt werden. Ich habe Kindern geholfen, die Straße zu überqueren, denn sie hatten alle Angst davor, die Eltern auch. Das ist eine Psychose! Wie kann man den Kindern das zumuten? Überall Waffen, Feuerstöße, Autos, die mit Karacho durch die Straßen rasen – ein Klima des Misstrauens. Die neuen Verantwortlichen sollten sich eine Reihe Fragen stellen! Unser Eindruck ist, dass die Séléka-Rebellen jetzt, wo sie die ganze Macht haben, erst einmal tun, was sie wollen. Da müsste jemand kommen, sie wieder in die Kasernen schicken und entwaffnen, damit die Zivilbevölkerung wieder ihrem normalen Alltag nachgehen kann.“

Etwa 1.400 Menschen haben sich, so der Erzbischof, aus Angst vor den Rebellen allein in ein Krankenhaus der Stadt geflüchtet. Er habe gesehen, wie da kleine Kinder auf dem Boden säßen und nichts zu essen hätten. Eine Mutter habe ihm gesagt, sie habe für den ganzen Tag nur eine einzige Mangofrucht. Die Caritas tue, was sie könne, um den Bedürftigen zu helfen, ganz gleich welcher Religion diese angehörten.

„Was ich mit eigenen Augen sehe ist, wie Séléka-Autos bei helllichtem Tag vor Geschäften stehenbleiben, und die Insassen steigen aus und plündern. Sollten das keine echten Séléka-Rebellen sein, nun ja, dann sollten die Verantwortlichen kommen, wenn man sie ruft, und diese Leute entwaffnen! In Wirklichkeit plündern sie aber zwei oder drei Stunden lang völlig ungestört. Man ruft bei den Behörden an: Keiner reagiert!“

An einem der letzten Sonntage haben Bewaffnete alle Kirchgänger, die nach der Messe aus der Kathedrale von Bangui strömten, um ihr Geld erleichtert, einen nach dem anderen. „Es könnte sein, dass es Personen gibt, die in diesem Chaos eine Spannung zwischen den religiösen Gruppen schüren wollen“, sagt Erzbischof Nzapalainga. Diesem Kalkül gelte es entgegenzuarbeiten.

„Diese Krise ist militärisch und politisch, aber nicht religiös! Die Zentralafrikanische Republik ist ein säkularer Staat, es gibt hier Religionsfreiheit, jeder kann seinen Glauben bekennen. Wenn jetzt jemand aus politischen Gründen heraus im religiösen Bereich zündeln will, dann sagen wir dazu Nein! Und zwar laut und deutlich. Wer uns da eine Falle bauen oder eine Bananenschale vor die Füße legen will, den müssen wir an den Rand drängen und isolieren!“

(rv 19.04.2013 sk)







All the contents on this site are copyrighted ©.