Kardinal Koch: Kirchen stellen Erklärung zur Reformation vor
Vier Jahre vor dem Reformationsgedenken, mit dem 2017 der 500. Jahrestag von Martin
Luthers Thesenanschlag begangen wird, veröffentlichen Vatikan und Lutherischer Weltbund
im kommenden Juni ein mit Spannung erwartetes gemeinsames Dokument. Das Studiendokument
soll am Sitz des Lutherischen Weltbunds in Genf von Mitgliedern der lutherisch-katholischen
Kommission für die Einheit zwischen dem Lutherischen Weltbund und dem Päpstlichen
Rat für die Einheit der Christen vorgestellt werden, so der Präsident des Päpstlichen
Ökumene-Rats Kardinal Kurt Koch. Er äußerte sich am Mittwoch im Gespräch mit österreichischen
Journalisten in Rom.
Der Text liegt laut Koch bereits fertig auf Englisch
vor, an der deutschen Übersetzung werde noch gearbeitet. Das Dokument spreche Dankbarkeit
für die in den vergangenen 50 Jahren gemachten großen ökumenischen Fortschritte aus
und beinhalte „eine Klage über das, was in 500 Jahren alles passiert ist, insbesondere
die Konfessionskriege, aber auch das Beschreiten des Wegs einer radikalen Säkularisierung
als scheinbarer Ausweg“. Schließlich gehe es auch darum, welche Schritte in die Zukunft
erfolgen sollen.
Gleichzeitig mit dem Text werde es liturgische Vorschläge
für gemeinsame Gottesdienste zum 2017-Ereignis geben, sagte der Kardinal, der die
katholische Terminologie – „Reformationsgedenken“ statt „Reformationsjubiläum“ - verwendet.
Er betonte, dass es um ein Ereignis gehe, das „nicht nur deutsch" sei. Oberster Vertreter
des Luthertums ist heute der Palästinenser Munib Younan, Bischof von Jerusalem. Younan
ist Präsident des Lutherischen Weltbunds, Generalsekretär ist der Chilene Martin Junge.
Koch nahm auch zum Besuch des Ratspräsidenten der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, bei Papst Franziskus Stellung. Schneider hatte
den Papst u.a. für 2017 nach Wittenberg eingeladen. Der Ratsvorsitzende habe bei der
an den Besuch angeschlossenen Pressekonferenz den Eindruck vermittelt, als gebe es
mit dem neuen Papst eine neue Ära in der Ökumene, im Sinne von „Diskontinuität“ gegenüber
früher.
Koch äußerte hingegen im Gespräch mit den Österreichern, darunter
der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer, „Erstaunen“ über diese Sicht. Er sehe nämlich
im Gegensatz zu Schneider zwischen Benedikt XVI. und Franziskus „volle Kontinuität“.
So habe Franziskus an die zwei Reden Benedikts in Erfurt (2011) erinnert und betont,
„er werde da weiter gehen“.
Der aus der Schweiz stammende Kurienkardinal schloss
allerdings nicht aus, dass es 2017 zu einem Papstbesuch mit Ökumene-Akzent in einer
von der Reformation geprägten Stadt kommen könne. Dies müsse aber nicht in Deutschland
sein.
Koch wies weiters darauf hin, dass die Ökumene 50 Jahre nach dem Konzil
mehrere große Probleme hat. Es fehle das frühere Ziel einer tiefen Glaubens-, Sakramenten-
und Jurisdiktionseinheit; die Zersplitterung im Protestantismus habe noch weiter zugenommen;
schließlich seien in den letzten Jahren die Differenzen in Ethikfragen stärker geworden,
wohinter unterschiedliche Menschenbilder stünden.
Hürden gebe es auch mit
Blick auf die in Glaubensfragen der katholischen Kirche näher stehende Orthodoxie.
Hauptproblem seien hier die nicht übereinstimmenden Einheitsvorstellungen Konstantinopels
und Moskaus. Dies könne nur ein panorthodoxes Konzil klären, gegen das sich aber Moskau
sperrt.
Anders als die orthodoxen Vertreter an der Wolga sei hingegen am Bosporus
Patriarch Bartholomaios „der optimistischte unter allen Patriarchen“. Wenn man diese
innerorthodoxe Uneinigkeit sehe, komme man unweigerlich zum Schluss, dass ein bloßer
Ehrenprimat, wie es ihn in der Orthodoxie gebe und wie er Bartholomaios zukomme, nicht
das Ziel der Kircheneinheit sein könne. Dies sehe man nicht nur in der Orthodoxie,
sondern auch in der anglikanischen Weltgemeinschaft.
„Der Ehrenprimat funktioniert
eben nur bei schönem Wetter. Würde es ihn in der katholischen Kirche geben, hätten
wir das gleiche Schicksal wie die Orthodoxie: eine Vielzahl von Nationalkirchen“,
formulierte der Kurienkardinal.