Ein Monat nach der Wahl: Neue Armut und kurze Sätze im Vatikan
Vor genau einem Monat
ist der Papst aus Lateinamerika gewählt worden: Was will er ändern, was will er bewegen,
fragen sich viele in Rom. Was bedeutet zum Beispiel das neu in den Fokus gerückte
Armutsideal konkret? „Ach, wie möchte ich eine arme Kirche für die Armen!“ Das hat
Papst Franziskus in einer seiner ersten Ansprachen, der vor Journalisten am 16. März,
ausgerufen. Aber die Pietà des Michelangelo wird der Papst nicht zugunsten der Armen
verkaufen, sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der italienische Kardinal Camillo Ruini,
früher mal Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz.
„Das ist keine
Ideologisierung der Armut und kein Klassenkampf! Vielmehr kommt es aus dem barmherzigen
Herzen Gottes und leitet sich aus dem Prinzip Jesu her, dass, wer Erbarmen erfahren
will, selbst barmherzig sein muss. Man kann überhaupt nicht in Zweifel ziehen, dass
die Kirche für ihre Arbeit Mittel und Ressourcen braucht! Aber sie zielt nicht in
erster Linie darauf, sondern sie folgt dem Herrn, der die Welt nicht durch eine Machttat
verändert hat, sondern durch die Selbstentäußerung bis ans Kreuz.“
Neu
in diesem Pontifikat ist auch die Sprechweise, analysiert Matteo Crimella, Bibelwissenschaftler
an der Päpstlichen Universität Urbaniana:
„Einfache Worte, kurze Sätze,
selten Nebensätze, einfaches Vokabular. Verstehen können das alle. Spürbar wird dahinter
aber die Tiefe eines Denkens. Dann das Insistieren des Papstes auf einigen Schlüsselworten.
Technisch gesehen ist das ein Stilmittel, das Neugier und Fragen weckt und signalisiert:
Kommt mit mir auf einen Weg, er ist nicht anstrengend.“
Er lebe, erzählt
Crimella, in einer Pfarrei am Stadtrand von Milano und gehe jeden Abend vor der 6-Uhr-Messe
in die Kirche, weil immer mal jemand zur Beichte komme.
„Nun ja, und am
Sonntag habe ich zwei Stunden lang Beichte gehört, die Leute standen Schlange. Und
was mich wirklich überrascht hat, ist, dass alle mir gesagt haben: Ich beichte schon
seit zehn Jahren nicht mehr, oder seit fünf Jahren – ich habe den Papst im Radio gehört
und spürte sofort, dass ich beichten gehen muss... Ich glaube, das ist ein schönes
Zeichen: Franziskus spricht von der Liebe Gottes und von seiner Erfahrung der Barmherzigkeit
Gottes, und das weckt in den Zuhörern sofort den Wunsch, diese Erfahrung auch selbst
zu machen.“