Papst empfängt Kardinäle im Vatikan: „Brüder, forza!“
Franziskus hat am
Freitagmorgen das Kardinalskollegium im Apostolischen Palast empfangen. Der neue Papst,
der ohne Stola und Mozzetta auftrat, wich bei seiner Ansprache an einigen Stellen
vom Redetext ab. „Cari fratelli, forza!“, „Liebe Brüder, los!“ - mit lebhaftem Blick
und ausladenden Gesten rief er die Kardinäle zu neuer Verve bei Verkündigung des Christentums
auf. Dazu gelte es vorhandenes Potenzial neu zu nutzen, so Franziskus, der in freier
Rede ein Hölderlin-Zitat einfügte:
„Die Hälfte von uns sind alt. Das Alter
ist, so drücke ich es gern aus, Sitz der Wissens im Leben. Die Alten haben die Weisheit,
dass sie im Leben gegangen sind, wie der alte Simeon, die alte Hanna vom Tempel. Und
diese Weisheit ist es gerade, die sie Jesus hat erkennen lassen. Schenken wir den
Jungen diese Weisheit: schenken wir ihnen die Weisheit des Lebens, wie der gute Wein,
der mit den Jahren immer besser wird. Mir kommt in den Sinn, was ein deutscher Dichter
über das Alter sagte:, Es ist ruhig, das Alter, und fromm’ (Anm. d. Red.: Friedrich
Hölderlin: Meiner verehrungswürdigen Großmutter zum 72. Geburtstag): es ist die
Zeit der Ruhe und des Gebetes. Und auch die Zeit, den Jungen diese Weiheit zu geben.“
Ausgehend
von der intensiven Erfahrung des Konklaves rief der Papst die Kardinäle zur Einheit
auf. „Wir haben zusammen gebetet und brüderlich unsere Gefühle, Erfahrungen und Gedanken
geteilt“, so Franziskus. Der Papst blickte auf die intensiven Tage des Vorkonklaves
und Konklaves zurück:
„In diesem Klima großer Herzlichkeit haben wir uns
besser kennengelernt und sind einander gegenüber offen geworden, und das ist gut,
denn wir sind Brüder. Jemand sagte mir: die Kardinäle sind die Priester des Heiligen
Vaters. Aber wir sind diese Gemeinschaft, diese Freundschaft, diese Nähe, die allen
gut tun wird.“
Dieses „Offenwerden“, diese „Brüderlichkeit“ hätten die
Kardinäle für die Lenkung durch den Heiligen Geist geöffnet, blickt Franziskus auf
das Konklave, das „voll von Bedeutung nicht nur für das Kardinalskollegium, sondern
auch für alle Gläubigen“ gewesen sei. Er verwendet hier den Begriff „Paraklet“ aus
dem Johannesevangelium – den beistehenden, tröstenden Heiligen Geist:
„Der
Paraklet schafft alle Unterschiede in der Kirche, und es scheint, er sei ein Apostel
von Babel. Aber andererseits ist er es, der die Einheit dieser Unterschiede nicht
in der Gleichheit, sondern in der Harmonie schafft. Ich erinnere mich an den Kirchenvater,
der das so fasste: ,Ipse harmonia est’. Dieser Paraklet, der jedem von uns andere
Charismen gibt, vereint uns in dieser Gemeinschaft der Kirche, die den Vater, den
Sohn und Ihn, den Heiligen Geist, anbetet.“
Ausgehend von der „authentischen
und kollegialen Zuneigung“, die das Kardinalskollegium vereine, gab der neue Papst
seinem Willen Ausdruck, „dem Evangelium mit erneuerter Liebe“ zu dienen. Der Argentinier
rief hier zu einer erneuerten Evangelisierung mit vereinten Kräften auf:
„Geben
wir nie dem Pessimismus nach, der Bitterkeit, die uns der Teufel jeden Tag anbietet:
geben wir nicht dem Pessimismus nach und der Entmutigung: Wir haben die feste Gewissheit,
dass der Heilige Geist der Kirche – mit seinem mächtigem Atem – den Mut gibt, beharrlich
neue Wege der Evangelisierung zu suchen, um das Evangelium bis an die letzten Enden
der Welt zu tragen (At 1,8).“
Die Wahrheit der christlichen Botschaft sei
bis heute unumstößlich:
„Die Wahrheit des Christentums ist anziehend und
überzeugend, weil die auf das tiefe Bedürfnis der menschlichen Existenz antwortet
und auf überzeugende Weise verkündet, dass Christus der einzige Erlöser des ganzen
Menschen und aller Menschen ist. Diese Botschaft bleibt heute wie zu Beginn des Christentums
gültig, als die große missionarische Expansion des Evangeliums stattfand.“
Franziskus
dankte den Kardinälen für ihre Arbeit während der Zeit der Sedisvakanz und allen Vatikanmitarbeitern,
die für einen reibungslosen Ablauf der Papstwahl gesorgt haben. Namentlich nannte
er Kardinaldekan Angelo Sodano, den Camerlengo Tracisio Bertone und Giovanni Battista
Re, der das Konklave leitete. Weiter erwähnte der Papst hier die Kardinäle, die aus
gesundheitlichen oder Altersgründen nicht am Konklave teilnehmen konnten, wie etwa
Kardinal Mejia, der am Mittwoch einen Herzinfarkt erlitten hatte und in einem römischen
Krankenhaus liegt. Besonderer Dank des neuen Papstes ging an seinen Vorgänger:
„Besonders denke ich mit großer Zuneigung und tiefer Dankbarkeit an meinen
ehrwürdigen Vorgänger Benedikt XVI., der in diesen Pontifikatsjahren die Kirche mit
seinem Lehramt, seiner Güte, seinem Glauben, seiner Demut und seiner Milde – die ein
geistliches Erbe für alle bleiben werden – bereichert und neu gestärkt hat. Er hat
das Petrusamt, das er mit totaler Hingabe lebte, weise und demütig ausgeübt, mit einem
immer fest auf Christus gerichteten Blick, den auferstandenen Christus, der anwesend
und lebendig in der Eucharistie ist. Wir werden ihn immer mit unserem inbrünstigen
Gebet begleiten, mit unserem nicht abreißenden Erinnerung und unserer unvergänglichen
Anerkennung voller Zuneigung. Wir fühlen, dass Benedikt XVI. in der Tiefe unserer
Herzen eine Flamme entzündet hat: sie wird weiter brennen, denn sie wird durch sein
Gebet genährt, das die Kirche und ihren spirituellen und missionarischen Weg weiter
unterstützen.“ (rv 15.03.2013 pr)