Osservatore-Chef: „Papst eher für persönliche Veränderungen als strukturelle“
Er hat den Papst während
seines achtjährigen Pontifikats lange von ganz nahe begleitet: Der Direktor der Vatikanzeitung
„L’Osservatore Romano“, Giovanni Maria Vian, hat dem europäischen Nachrichtensender
„Euronews“ in einem Interview über den Papstrücktritt gesprochen. Kritisch äußerte
sich Vian zu Medienspekulationen um die Entscheidung Benedikts. Der Beschluss des
Papstes sei nicht als Niederlage Benedikts zu werten oder als Folge einer gescheiterten
Kurienreform.
„Der Papst glaubt eher an intime, persönliche Veränderungen
als an große strukturelle. Er hat die römische Kurie in den vergangenen acht Jahren
klar verändert und auf einen neuen Kurs gebracht. Vergessen wir nicht, dass sein Pontifikat
acht Jahre gedauert hat.“
Große Schwierigkeiten seien die Einstellungen
vieler Menschen gewesen, die ein falsches Bild des Papstes hatten. In den Medien stand
die katholische Kirche in den vergangenen acht Jahren auch in den Schlagzeilen wegen
Skandale, die der Papst selber kritisiert hatte. Dazu zählt beispielsweise der Missbrauchsskandal.
„Es
ist klar, dass der Papst von Beginn an mit Vorurteilen zu kämpfen und dabei Stürme
zu überstehen hatte – wie aber auch viele seiner Vorgänger. Am meisten hat ihn sicher
getroffen, dass sich Mitglieder der katholischen Kirche an Minderjährigen vergangen
haben.“
Benedikt XVI. wird künftig in einem Klausurkloster im Vatikan wohnen,
doch ob er für die Öffentlichkeit unsichtbar bleiben werde, sei nicht klar, so Vian.
„Sehen
Sie, in so einer Situation haben wir uns bislang noch nicht befunden. Man kann also
kaum Voraussagen über die Zukunft treffen.“