Hinter verschlossenen Türen – cum clave: Es ist ein geheimnisvolles Prozedere, an
dessen Ende ein neuer Papst steht. Die Türen zur Sixtinischen Kapelle werden versiegelt
und so dringt nichts heraus von dem, was da geschieht.
Bewegte Geschichte
Man
kann das Jahr 1059 als Geburtsjahr dieser Weise der Papstbestimmung angeben: Um die
Besetzung des Bischofsstuhls von Rom dem Kaiser und stadtrömischen Patrizierfamilien
zu entwinden, bestimmen die Päpste eine klar umgrenzte Gruppe von Wählern: Die Kardinäle.
Die Wahlorte sind noch nicht festgelegt, schnell zeigt sich aber eine Tendenz zur
Abgeschiedenheit, was ebenfalls den Wunsch zeigt, ohne Einfluss von Mächtigen von
außen wählen zu können. Modell gestanden hat das Mönchtum, die kirchliche Institution
mit der meisten Erfahrung mit Wahlprozessen. Seitdem hat sich das Konklave immer
wieder verändert und durch die Erfahrungen einzelner Wahlen aber auch von sich verändernden
Zeiten Anpassungen erfahren.
Universi Dominici Gregis
Das
gilt auch für die jüngere Zeit: Fast jeder Papst des 20. Jahrhunderts hat die Wahlregeln
des Konklave geändert, so auch Johannes Paul II.. Auf ihn geht die apostolische Konstitution
Universi Dominici Gregis (UDG) zurück, er veröffentlichte sie 1996 im 18. Jahr seines
Pontifikates, also nach reichlich Überlegung und Abwägung. Bei einigen Veränderungen
sind dies die Regeln, nach denen auch in diesem Jahr das Konklave abgehalten wird.
Der
Kanon des Kirchenrechtes, der 13 Jahre vor UDG veröffentlicht wurde, gibt einen Rahmen
für die Veränderungen vor. Aber wie der Papst selber im Vorwort schreibt, ist es auch
das „Bewusstsein der veränderten Situation, in der die Kirche lebt“. Johannes Paul
hatte selber zwei Konklave mitgemacht, auch diese Erfahrungen werden eingeflossen
sein. Man kann also aus der Formulierung im Vorwort annehmen, dass der Papst annimmt,
dass die Regeln Anwendungen des Kirchenrechtes an die „Situation, in der die Kirche
lebt“ sein sollen, es darf also weitere Änderungen geben und es hat sie auch gegeben,
Benedikt XVI. hat selber eine Änderung eingeführt, zu der wir später kommen werden.
Das alles fällt unter die Änderungen „in Übereinstimmung mit dem Wandel der Zeit“.
Interessant
ist eine Bemerkung im Text: UDG spricht davon, dass der Bischofsstuhl von Rom quavis
ragione unbesetzt sein könnte, also „aus welchem Grund auch immer“. Die Nr. 77
spricht sogar ausdrücklich davon. Johannes Paul scheint also selbst auch schon an
andere Gründe als den Tod eines Papstes für ein Konklave gedacht zu haben, sie zumindest
nicht ausgeschlossen zu haben.
Die Wähler
UDG begründet
das Wahlrecht für die Kardinäle mit Blick sowohl auf Rom als auch auf die Weltkirche:
Das Erzbistum Rom und die gesamte Kirche sind in den Kardinälen repräsentiert.
Berühmt
geworden ist die Zahl von 120 Kardinälen, die nicht überschritten werden dürfe. Da
der Papst selber zwei mal gegen diese Höchstzahl verstoßen hat, ist sie in der Folgezeit
vor allem als Richtschnur, wenn auch als sehr ernst zu nehmende, betrachtet worden.
UDG selber sagt, dass 120 „heute“ ein guter Ausdruck der Repräsentativität. Das kann
sich in Zukunft ändern, scheint der Text zu implizieren. Die Höchstzahl selber
stammt noch von Papst Paul VI.. Er hatte zwei Begrenzungen der Wähler eingeführt,
die Johannes Paul bestätigt. Zum einen sollen es 120 sein, zum anderen verlieren sie
mit Erreichen von 80 Jahren ihr Wahlrecht, ausschlaggebend ist der Tag der Beginn
der Sedisvakanz.
Der Ort
Die Sixtinische Kapelle wird
von Johannes Paul II. als Ort für die Wahl festgelegt. Als Grund gibt die Konstitution
an, man wolle das „Bewusstsein für die Gegenwart Gottes“ nähren, sie legt also ein
hohes Gewicht auf den spirituellen Gehalt des Wahlvorgangs. In der Vergangenheit hatte
die Regel gegolten, dass das Konklave am Sterbeort des Papstes abzuhalten sei, eine
Regelung, die bei der Reisetätigkeit der Päpste seit Paul VI. Probleme hätte schaffen
können. Früher wollte man durch diese Festlegung die Wähler vor dem Zwang eines Fürsten
oder Landes schützen, der einen Ort aufzwingen wollte. Nun brauchte man einen festen
Ort, der die Päpste reisen lassen konnte. Das Konklave erhält damit einen entschieden
sakralen Charakter, weg von der Vorstellung einer Art politischen Senates.
Das
Wählen
Johannes Paul II. streicht auch einige Wahlformen aus der Ordnung.
Er lässt nur noch Abstimmungen gelten, nicht mehr die Akklamation oder den Wahlkompromiss.
Unter Akklamation versteht man die spontane und vom Heiligen Geist inspirierte Zustimmung
aller ohne Wahlvorgang. Der so genannte Wahlkompromiss sah vor, dass bei einer blockierten
Wahl eine Gruppe von Kardinälen bestimmt wird, die für alle den neuen Papst bestimmen.
Der Grund für die Streichungen: Die Verantwortung des einzelnen Wählers soll ernst
genommen werden und nicht hinter zu vielen Regeln oder im allgemeinen Überschwang
der Akklamation untergehen.
Johannes Paul II. macht das Konklave für die Wähler
ebenfalls erträglicher, er lässt das Hospiz Santa Marta als Übernachtungsort zu. Er
führt auch eine Änderung des Wahlmodus von qualifizierter (also zweidrittel) zu absoluter
(also einfacher) Mehrheit ein, aber diese Änderung macht Benedikt XVI. wieder rückgängig.
Heute gilt, dass bei jedem Wahlgang die Zweidrittelmehrheit erreicht werden muss.
Cum
Clave
Bestätigt wird ausdrücklich und immer wieder der Kontakt mit
außen. Zunächst war das gar nicht zur Geheimhaltung gedacht, sondern um den Kardinälen
die Möglichkeit zu nehmen, ihre Geschäfte weiter zu führen. Erst in moderner Zeit
sollte der Einfluss fremder Mächte auf die Wahl ausgeschlossen werden, heute sind
dies weniger die Fürsten als mehr der Druck durch Medien oder andere Formen des Einflusses.
Es soll den während eines Konklaves lancierten Geschichten in den Medien die Möglichkeit
genommen werden, Einfluss auszuüben.
Der Übergang
Bereits
Paul VI. hatte den Verlust aller Leitungsämter in der Kurie bei Beginn der Sedisvakanz
eingeführt, um dem jeweiligen Nachfolger freie Hand zu lassen; Johannes Paul modifizierte
das leicht, so dass es nun lediglich die Vikare für Rom und den Vatikanstaat, der
Camerlengo und der Großpönitentiar sind, die als Behördenleiter ihre Ämter behalten.
Anders als 2005 werden 50 der Kardinäle schon einmal an einem Konklave teilgenommen
haben. 2005 waren es nur zwei: William Wakefield Baum aus Washington, USA, und Joseph
Ratzinger.