Eine Verschwörung gegen Adolf Hitler, eingefädelt im Vatikan am geheimsten Ort, den
es in jenen Tagen dort gab: am Petrusgrab in den Grotten der Vatikan-Basilika. Das
klingt nach einer kühnen These, für die es freilich manch stichhaltiges Indiz sowie
Zeugnisse aus erster Hand gibt. Die Historikerin Barbara Frale, die am vatikanischen
Geheimarchiv arbeitet, hat Publikationen und Dokumente zu diesem Thema zusammengetragen.
Sie erklärte uns:
„Die Schlüsselfigur ist Prälat Ludwig Kaas. Als
Ausgrabungsleiter behielt er mit einem Auge die Archäologen im Blick, die mitunter
auch mit ungeeigneten Methoden vorgingen. Und mit dem anderen Auge kontrollierte er
die Bewegungen rund um den Austausch von Informationen, die gelegentlich dort unten
in der Vatikan-Nekropole stattfanden. Wir haben da beispielsweise ein Dokument, das
vor Jahren veröffentlicht wurde. Es stammt von dem deutschen Diplomaten Fritz Menshausen,
Botschaftsrat an der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl. Dieser schickte einen
Protestbrief an Kardinalstaatssekretär Luigi Maglione, in dem er schrieb: „Im Vatikan
findet eine Verschwörung statt, und im Mittelpunkt steht Kaas. Der Vatikan verletzt
die Neutralität mit den Engländern – wir wissen das!“ Klarerweise wies das Staatssekretariat
das sofort zurück. Aber interessanterweise trägt das Dokument eine handschriftliche
Notiz von Maglione, der schrieb: „Menshausen weiß alles“.
In der Kurzversion:
Es ging um einen Separatfrieden für Deutschland, der mit England ausgehandelt werden
sollte. Ludwig Kaas, der frühere Zentrumspolitiker, der sich 1933 in den Vatikan flüchtete,
soll hier ein geheimes Informationsbüro eingerichtet haben. Unten in der Nekropole,
in der ab 1939 die ersten Sondierungsgrabungen für die Auffindung des Petrusgrabes
stattfanden, traf er sich mit dem jungen Münchner Anwalt Josef Müller, genannt: der
Ochsensepp, Angehöriger des deutschen Widerstands. Der direkte Kanal zu Papst Pius
XII. war dessen Beichtvater, der deutsche Jesuit Pater Robert Leiber. Das deutsch-vatikanische
Komplott scheiterte – England nahm die Informationen aus dem Vatikan vermutlich nicht
ernst genug. Doch der Mosaikstein zur Geschichte des Petrusgrabes bleibt hochinteressant;
Dokumente aus dem Vatikanischen Geheimarchiv, dessen Bestände ab 1939 in wenigen Jahren
freigegeben werden sollen, könnten Licht auf dieses Mysterium werfen.
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dazu in unserer Februar-Radioakademie über das Petrusgrab. (rv 21.02.2012 gs)