Petrus ist nie in
Rom gewesen, nicht in Rom gestorben und infolgedessen auch nicht in Rom begraben:
Diese Hypothese gibt es. Denkt man sie weiter, wäre die Kirche gleichsam auf Sand
gebaut, nicht auf den ehernen Fundamenten der Stellvertreterschaft und der Nachfolge.
Das Papsttum wäre obsolet, hätte zumindest einen guten Grund weniger. Deshalb ist
die Frage nach der Authentizität des Petrusgrabes im Vatikan nicht bloß ein Fachstreit
unter Gelehrten, sondern von erheblicher Tragweite für die Christenheit allgemein
und die katholische Kirche im Speziellen.
Wir sprechen heute mit dem christlichen
Archäologen, Altphilologen und Priester Stefan Heid; er leitet das Römische Institut
der Görres-Gesellschaft mit Sitz am Campo Santo Teutonico im Vatikan. 2010 organisierte
Heid zwei gewichtige Tagungen über Petrus und Paulus in Rom und fungierte danach als
Herausgeber des empfehlenswerten Tagungsbandes „Petrus und Paulus in Rom. Eine interdisziplinäre
Debatte“, erschienen im Herder-Verlag.
Zunächst eine Frage an den Archäologen
Stefan Heid: Wie muss man sich das Grab unter dem Petersdom denn nun vorstellen? Ist
es nun – oder nicht – ein archäologisch definierter Grabplatz im Sinn von: Hier ist
Petrus? Kann es das Petrusgrab in dieser Form geben?
Das Petrusgrab kann
es geben, archäologisch gesehen wird man aber sagen müssen, dass archäologisch ein
definierter Grabplatz in der Erde nicht gefunden wurde oder auch nicht gefunden werden
konnte, weil das Erdreich an der vermuteten Stelle des Petrusgrabes nicht mehr unverändert
war. Hier setzt eine Serie von Fragen an, die man nicht eindeutig beantworten kann.
Das heißt aber sicherlich, dass das Petrusgrab in den letzten zweitausend Jahren nicht
einfach unverändert geblieben ist, sondern dass womöglich, das ist eine der Theorien,
eine Umbettung stattgefunden hat. Das heißt, wenn man heute sehr oft liest, ein Petrusgrab
ist nie nachgewiesen worden, dann ist das präziser zu formulieren und zu sagen, man
hat ein unberührtes Körpergrab des Petrus oder eben des vermuteten Petrus nicht archäologisch
nachweisen können. Aber man kann sehr wohl begründen, warum das so ist: weil diese
vermutete Grabstätte des Petrus vielleicht im Mittelalter, vielleicht früher schon,
verändert worden ist im Sinne möglicherweise einer Umbettung der Petrusgebeine.
Halten
Sie es für wahrscheinlich, dass die archäologische Forschung am Petrusgrab noch weitere
wichtige Entdeckungen macht?
Ganz bestimmt. Zurzeit werden planemetrische
Aufnahmen am Petrusgrab und überhaupt in der Nekropole vorgenommen, mit den modernen
technischen Mitteln, die darauf zielen, die einzelnen Bodenniveaus zuzuordnen. Man
muss sich ja vorstellen, dass man heute in der Nekropole praktisch unterirdisch arbeitet.
Auch die Archäologen haben unterirdisch gearbeitet. Bis heute kann man in diesem ganzen
Gräbersystem, das man hat und auch Grabungssystem, nur ganz schwer und gar nicht mit
bloßem Auge entscheiden und erkennen, welche Erdschichten auf der linken Seite zu
den Erdschichten auf der rechten Seite gehören und so weiter. Mit anderen Worten:
Man kann das Erdreich, die einzelnen Schichten des Erdreichs, nicht ohne weiteres
einander zuordnen. Das konnte man während des zweiten Weltkriegs, während der Ausgrabung
schon gar nicht, weil man die Technik überhaupt nicht hatte. Man kann es auch heute
nur sehr mühsam, aber mit den modernen technischen Mitteln kann man es. Das wird zurzeit
unternommen. Von daher sind ganz erhebliche Resultate zu erwarten, die auch die bisherige
Sicht auf das Petrusgrab verändern können, indem man dann besser entscheiden kann,
wie die zeitliche Abfolge der einzelnen Erdschichten ist, was früher ist, was später
ist. Das gibt selbstverständlich auch unmittelbare Rückschlüsse auf das Erdreich des
vermuteten Petrusgrabes.
Herr Professor Heid: Petrus war nicht in Rom,
sein Grab ist leer. Diese These gibt es, und man kann den Eindruck gewinnen, sie habe
Konjunktur in letzter Zeit. Ist das richtig?
Das ist richtig. Die These
Petrus sei nie in Rom gewesen ist wieder neu aufgeworfen worden. Die These an und
für sich ist schon Jahrhunderte alt, geht in das Spätmittelalter bei den Waldensern
zurück. Die römischen Waldenser halten diese These auch bis heute in jüngsten Veröffentlichungen
wieder aufrecht. Nun ist aber diese These, Petrus sei nie in Rom gewesen, auch von
einem deutschen Alt-Philologen aus Bonn aufgeworfen worden, in einer Monografie, und
hat entsprechend in der wissenschaftlichen Welt die angemessene Beachtung gefunden.
Das
heißt im Umkehrschluss: Bis zum späten Mittelalter war den Christen und allen anderen
klar, dass das Petrusgrab in Rom ist. Richtig?
Da gab es überhaupt keinen
Zweifel.
Wenden wir uns nun den literarischen Zeugnissen des Petrusgrabes
zu. Die reichste Quelle überhaupt für das frühe Christentum ist bis heute nichts anderes
als das Neue Testament. Nun ist es so, in der Apostelgeschichte und im Neuen Testament
insgesamt ist nicht davon die Rede, dass Petrus in Rom gewesen sei. In der Apostelgeschichte
gibt es allenfalls einen Hinweis darauf, Lukas deutet an einer Stelle sehr zart an,
dass das so gewesen sein könnte. Hat er es nicht gewusst oder hat er es bewusst offen
halten wollen?
Darüber kann man unendlich viel spekulieren. Ich glaube,
das führt nicht über reine Hypothesen hinaus. Sie haben völlig recht, im Neuen Testament
ist von einem Martyrium des Petrus oder Paulus in Rom selbst nicht die Rede. Wir haben
allerdings im ersten Petrusbrief auch nach neuesten, ausführlichen Forschungen den
Beleg dafür, dass Petrus schon Ende des ersten Jahrhunderts als in Rom anwesend bekannt
war. Das ist der erste Petrusbrief, der also dies zu erkennen gibt. Dann haben wir
ein sehr deutliches Zeugnis über das Martyrium des Petrus, ohne Ortsangabe, im Johannesevangelium,
und zwar im Nachtragskapitel 21, das um 100 von der Forschung datiert wird. Dieses
Zeugnis, wonach Christus, der Auferstandene zu Petrus sagt: „Petrus, Petrus, als du
jung warst, bist du hingegangen, wohin du wolltest. Wenn du alt geworden bist, wirst
du deine Arme ausbreiten, ein anderer wird die gürten und führen, wohin du nicht willst.“
Dieses griechische „die Arme ausbreiten“, das ist in der Antike schon ein Terminus,
ein fester Begriff gewesen für die Kreuzigung. Und damit ist dieser, um 100 datierte
Text, das Johannesevangelium, ein auch aus meiner Sicht sehr starkes Argument für
ein Martyrium des Petrus. In Rom, wird nicht gesagt, aber diese römische Tradition,
wie gesagt mit dem ersten Petrusbrief, beginnt sich schon im Neuen Testament niederzuschlagen,
Ende des ersten Jahrhunderts, und dann gibt es weitere Texte dafür.
Da kommt
dann natürlich für uns heute die Frage auf: Wenn das Martyrium des Petrus so bedeutend
ist für die Christen, warum wird es in den Texten nicht bloß andeutungsweise wiedergegeben,
sondern in aller Klarheit?
Weil die Menschen in der damaligen Zeit nicht
an unsere heutigen Fragen gedacht haben. Die Texte sind ja auch im Neuen Testament
sehr sporadisch niedergeschrieben worden und gesammelt worden. Das kann ein reiner
Zufall der Überlieferung von Texten sein. Ich habe dazu noch meine eigene Theorie,
die an die konkrete Verehrung von Gräbern anknüpft. Denn ein Grab, das verehrt wird,
ist nach der Terminologie der Moderne und Terminologie ein Erinnerungsort. Das heißt
ein physischer Ort in diesem Falle, an dem regelmäßig, im Jahresabstand zum Todestag
eines Verstorbenen, eben des Apostels oder anderer Märtyrer, wo immer, sich die Gemeinde
trifft. Wenn aber eine reale Verehrungspraxis vorliegt, dann ersetzt diese Praxis
Texte. Wenn also der Gläubige der damaligen Zeit weiß, am 29. Juni wird am Vatikan
das Petrusgrab verehrt, gehen sie dort hin und hören aus dem Mund des Bischofs oder
des Vorsitzenden vom Martyrium des Petrus. Da braucht man keine Texte dafür. Das war
sozusagen dann die Praxis. Also eine Verehrungspraxis hat den merkwürdigen Effekt,
dass sie die Verschriftlichung einer Tradition verhindert, weil es eine lebendige
Tradition gibt.
Das ist tatsächlich ein Paradox für uns heute, dass etwas
eine derart stark gelebte Tradition ist, dass man es nicht mal aufzuschreiben braucht,
weil es ohnehin jeder weiß. So zusammengefasst, kann man das sagen?
Genau
so kann man es sagen. Wir haben allerdings auch ein Gegenbeispiel, wo glücklicherweise
ein Text geschrieben wurde, aber das ist ein ganz außergewöhnlicher und einzelner
Fall, der sozusagen die Gegenprobe bildet. Das ist im Martyrium des Polykarp in Smyrna
in der Mitte des zweiten Jahrhunderts. Hier hat die Gemeinde einen Rundbrief geschrieben
über das Martyrium. Dieser Rundbrief ist authentisch und belegt das Martyrium, belegt
die Verehrung, belegt die jährliche Feier am Grab des Märtyrers, ein ganz wichtiger
Text, belegt damit genau das, was ich gesagt habe, dass Gräber Erinnerungsorte sind
mit regelmäßigen Feier, und belegt damit auch, dass solche Feiern notgedrungen Texte
verdrängen. Man braucht keine Texte, wenn man die Praxis hat. Selbst die sogenannten
„Touristen“ der damaligen Zeit, die haben ja nicht gefragt: „Hat Petrus in Rom das
Martyrium erlitten?“, nein, die wussten das und fuhren dort hin, und kamen dort hin.
Es war ja eine Kultur der Mündlichkeit. Wir gehen immer heute aus von Computertechnik,
von viel Papierproduktion, Dokumentation, Archivierung. Klar gab es auch diese Kulturtechniken,
aber im ganz wesentlichen Leben der Gemeinde, war die Mündlichkeit das vorherrschende
Prinzip. Die Praxis, praktizierter Glaube. Das hatte damals eine ganz besondere Bedeutung,
das heißt man musste diese Tradition wirklich mündlich weitergeben.
Polykarp
von Smyrna galt eben aufgrund dieses schriftlichen Zeugnisses, dieses Briefes, von
dem Sie sprechen, für Jahrhunderte als Anfang historisch bewiesener Märtyrerverehrung
unter den Christen. Ist das richtig so?
Die Forschung hat da auch so einen
gewissen oszillierenden Kurs beschritten. Man hat auch diesen Text in Frage gestellt.
Forschung lebt ja auch davon, Texte in Frage zu stellen, letztlich, aber der Konsens
der Forschung ist eindeutig wieder dahin gegangen, dass tatsächlich, wie Sie sagen,
das Polykarp-Martyrium, also der Text über sein Martyrium, um 155 nach Christus der
erste ausdrückliche Text für eine Verehrung von toten Gebeinen ist. Und zwar immer
am Jahrestag des Todes am Grab. Ich persönlich habe allerdings die These eben aufgestellt,
dass wir hier zwar einen festen Punkt haben, dass wir aber von einem noch älteren
Zeugnis ausgehen können. Das ist eben der Brief des Märtyrers Ignatius von Antiochia
an die römischen Christen. Das ist insofern sehr interessant, als ja wir uns für Rom
interessieren: Ignatius aus Antiochia in Syrien ist zum Tod verurteilt, schreibt aber
einen sehr ausführlichen Brief an die Christen in Rom, etwa um das Jahr 110. Ich gehe
davon aus, dass man hier eine Verehrung der Apostelgräber Petrus und Paulus in Rom
um 110 nach Christus bereits herauslesen kann.
An welchem Befund machen
Sie das fest? Betten wir diesen Brief ein wenig ein: Worum geht es da, was ist die
mitgedachte, mitgeschriebene Gegenrede, die Ignatius da formuliert?
Sie
deuten es ja bereits an. Man muss diesen Brief in den historischen Kontext sehr eng
hineinstellen, was auch bisher so nicht von der Forschung gemacht wurde, die sich
sehr intensiv mit diesem Brief beschäftigt hat. Aber meines Erachtens einen ganz entscheidenden
Aspekt übersehen hat. Ignatius ist eine außerordentlich bedeutende Persönlichkeit
aus der Hauptstadt des Ostens, Antiochia, zum Tod verurteilt in Rom. Er soll in Rom
den Löwen vorgeworfen werden. Er ist nun so erfüllt, von dieser seiner Mission, als
Märtyrer für Christus zu sterben, Christus gleich gestaltet zu werden, dass er Angst
hat, die römische Gemeinde versuche dies zu verhindern, und zwar aus Solidarität.
Nun versucht Ignatius alle Argumente heranzuziehen, um in Rom doch den Löwen vorgeworfen
zu werden und das Martyrium zu erleiden. Er bringt eine Reihe von Argumenten, die
man so recht erst dann versteht, wenn man weiß, dass eben diesem Brief eine mündliche
Kommunikation vorausgegangen ist. Eine Kommunikation, die für Ignatius leider nicht
den erhofften Erfolg gebracht hat, im Gegenteil.
Was ist da geschehen?
Die Römer sagen, wir haben schon einen Weg, dich aus dem Martyrium rauszuhauen,
oder zumindest eine Todesart zu ermöglichen, wo du nicht so qualvoll stirbst, dass
du den Löwen vorgeworfen wirst, zumal das immer sehr riskant war. Es gab ja Fälle,
dass Christen dann in letzter Minute doch Angst bekamen vor den Löwen und dann vom
Glauben abgefallen sind in dem Sinne. Die Römer wollten das eben nicht. Ignatius sagt
dann: „Ich möchte Christus gleich gestaltet werden!“ und er kommt immer wieder auf
das Grab zu sprechen. Und das hat die Forschung bisher nicht erkannt, dass es Ignatius
um sein Märtyrergrab ging, das er eben gerade nicht haben will: Die Löwen sollen sein
Grab werden. Das heißt also, er will ganz aufgefressen werden und so Christus gleich
werden.
Warum Christus gleich?
Weil Christus kein Grab hatte!
Das heißt, er war im Grab, aber das Grab war leer! In dem Sinne war sein Leichnam
nicht mehr da, und Ignatius sagt: „Ich will so, wie Christus werden! Der hatte ja
auch keinen Leichnam im Grab und ich will gar kein Grab erst haben!“ Und dann kommt
der entscheidende Satz, dass er den Römern sagt: „Aber ich mache nicht euch Vorschriften,
wie Petrus und Paulus, denn sie sind Apostel.“ Und da hat die Forschung bisher immer
gesagt: Ja, das bedeutet jetzt, er ist ja kein Apostel, und wir können daraus gar
nicht schließen, ob jetzt in Rom das Grab des Petrus und Paulus sei. Aus diesem Satz
„nicht wie die Apostel befehle ich euch…“ sei nicht zu schließen auf Apostelgräber.
Also: die Tatsache, dass die Apostel Petrus und Paulus hier genannt werden,
heißt nicht gleich, dass sie in Rom begraben sind und verehrt werden – zu diesem Schluss
kommt die Forschung bisher…
Ich glaube genau das Gegenteil, denn Ignatius
wollte seine Argumentation ja stark machen. Und er sagt in diesem Satz „nicht wie
Petrus und Paulus befehle ich euch“: Petrus und Paulus haben ihre Gräber in Rom und
sie werden verehrt, und ich stelle nicht die Autorität der Apostel in Frage, dass
diese ihre Gräber haben können. Aber ich will Christus gleich werden, in dem Sinne,
dass ich kein Grab habe. Das heißt, Ignatius will nicht durch seine Stellung, durch
seinen Wunsch die Apostel kritisieren. Das setzt doch voraus, dass die Apostelgräber
bereits zu Beginn des zweiten Jahrhunderts verehrt wurden, als eine Selbstverständlichkeit.
Und ein starkes Argument für die römischen Christen war, dem Ignatius zu sagen: „Nun
stell dich doch nicht so an! Wir wollen ja auch dein Grab haben, wenn du als Märtyrer
stirbst, aber bitte nicht vor die Löwen, wir wollen ja deinen Leichnam bekommen!“
Denn bei einer Todesstrafe vor den Löwen wäre den Christen kein Leichnam übergeben
worden.
Die Römer hätten also kein Grab gehabt und damit keine Möglichkeit,
das Grab zu verehren.
Denn zu der damaligen Zeit war eine Verehrung eines
Märtyrers nicht ohne dessen Gebeine denkbar. In dieser frühen Zeit hat man auf dem
Grab bestanden und auf den toten Gebeinen. Dort hat man sich versammelt. Das ist meine
Interpretation des Römerbriefes und daraus ergibt sich, dass wir ein indirektes Zeugnis,
aber meines Erachtens im historischen Kontext sehr starkes Zeugnis haben für eine
sehr frühe Praxis der Märtyrerverehrung in Rom. Ja, ich wage sogar zu behaupten, dass
wir im Ignatiusbrief überhaupt die älteste Textstelle haben, die uns eine Verehrung
von Märtyrergräbern nahe legt, sodass die Anfänge der Märtyrerverehrung im Westen
sogar in Rom beginnen. Nicht in Kleinasien. Sodass Kleinasien schon der nächste Schritt
ist, zeitlich später. Dass aber die eigentlichen Ursprünge der Märtyrerverehrung in
Palästina liegen, beim Grab Jesu Christi selbst, das ein Märtyrergrab ist, nichts
anderes. Im jüdischen Kontext war das Grab Christi praktisch das erste verehrte Grab
der Christen und damit der Modellfall der Verehrung von Märtyrergräbern.
Kurze
Zwischenfrage: Ist denn dann am Ende nach dieser langen Debatte Ignatius in Rom den
Löwen vorgeworfen worden oder nicht?
Das ist wohl so zu beantworten, dass
er den Löwen vorgeworfen wurde und tatsächlich diesen Tod gestorben ist. Woraus ist
das zu schließen? Zum einen sagt es die kirchliche Tradition, die da sehr früh einsetzt.
Andererseits wissen wir nichts von einer Verehrung des Märtyrers Ignatius in Rom im
zweiten und dritten Jahrhundert. Das heißt, hier trat genau der Fall ein, meines Erachtens,
dass kein Grab da war. Er wurde den Löwen vorgeworfen, es konnte keine Leiche mehr
zur Beerdigung freigegeben werden, es gab kein Märtyrergrab, und die römische Praxis
erforderte ein Märtyrergrab, einen physischen Haftpunkt der Erinnerung. Und das war
nur bei Petrus und Paulus gegeben.
Was aus heutiger Perspektive an diesem
Ignatiusbrief auch so auffallend ist, ist dieses absolute Insistieren auf den eigenen
Märtyrertod. Wie ist denn das einzuordnen? Welche Bedeutung hatte der Märtyrertod
für die frühen Christen?
Das ist tatsächlich sehr auffallend. Ignatius
ist in dieser Weise auch ein Sonderfall. Ein außerordentlich vom Martyrium begeisterter
und eingenommener Bischof. Die tiefste Wurzel ist das, was ich schon gesagt habe,
dass Jesus Christus der Ur-Märtyrer ist. Der Erz-Märtyrer, der erste Märtyrer, der
erste der Entschlafenden. Wir haben in der christlichen Theologie völlig aus dem Blick
bekommen, dass Jesus Christus in der frühesten Kirche als der Ur-Märtyrer vorgestellt
wurde und verehrt wurde. Das ist bei uns völlig aus der Terminologie rausgerutscht.
Wir halten Martyrium für etwas Spätes, als irgendwie in der katholischen Frömmigkeit,
irgendwann mal Entstandenes. Es ist ja genau das Gegenteil der Fall. Schon im Neuen
Testament, in der Apokalypse etwa wird Jesus als der „erste Zeuge“ bezeichnet. Und
Ignatius will wie Jesus sein. Er will wie er sterben. Er will wie er keinen Leichnam
hinterlassen. Er will nicht verehrt werden. Die Gläubigen in Rom sollen die Eucharistie
feiern, sie sollen für ihn beten. Aber er möchte nicht, dass ein Grab da ist, an dem
sie sich versammeln, was sie aber offensichtlich bei Petrus und Paulus tun, sonst
gäbe es ja keinen Anlass für ihn, beunruhigt zu sein. Ignatius will das nicht. Er
ist so demütig. Und hier ist er außergewöhnlich. Und ich glaube auch ein bisschen
herauszufühlen, dass der römischen Gemeinde das gar nicht so ganz geheuer war. Er
ist so ein begeisterter Bischof. meine Güte, was passiert, wenn das schief ging, wenn
der dann doch in der Arena stand und in letzter Minute Angst bekam. Aber, wie gesagt,
offensichtlich hat er das Martyrium doch erlitten und ist damit einer der ganz frühen
und ganz bedeutenden Führergestalten, Bischofsgestalten der Kirche.
Was
brauchte denn aus Sicht der frühen römischen Christen ein Grab, zumal ein Märtyrergrab,
um wirklich verehrenswürdig zu sein: Was musste das haben?
Ich glaube nichts
anderes, als normale andere Gräber auch: die Identifizierbarkeit und die Zugänglichkeit.
Das reichte. Man hat sicher in der ersten Zeit nicht am Grab Eucharistie gefeiert,
das ist kaum vorstellbar. Nicht auszuschließen, aber kaum vorstellbar. Ich glaube,
dass man die Eucharistie in geeigneten Räumen gefeiert hat, und dann davor oder danach
zum Grab gegangen ist. Die ganze Gemeinde, am Todestag. Wenigstens einmal im Jahr,
am Todestag, mit dem Bischof. Und da hat man dann sicherlich noch in der frühen Zeit
Weinspenden dargebracht. Aber nun im Sinne der christlichen Auferstehungshoffnung.
Also, man hat etwas Wein mitgebracht und ausgegossen über dem Grab. Dabei den Namen
des Verstorbenen angerufen. Also etwa: „Petrus, Glück!“ Man hat Glückwünsche ausgesprochen,
oder „Petrus, Friede!“ Solche ganz kurzen Sprüche hat man gesagt. Die stehen ganz
in der antiken römischen Tradition. Aber die Christen haben das so aufgefasst: Der
Tote ist noch lebendig, der Märtyrer lebt in Wirklichkeit und die Trankspende, die
Weinspende ist ein Zeichen dafür, dass er noch lebt. Das waren kurze Riten, die man
da vollziehen konnte, Gebete sprechen. Dann ist man wohl wieder vom Grab weggegangen
und nach Hause.
Es gibt - abgesehen von dem Ignatiusbrief - noch ein weiteres
frühchristliches Zeugnis, das ebenfalls schon recht früh ein Martyrium des Petrus
in Rom und die Grablegung des Petrus in Rom nachweisen könnte. Das ist der erste Clemensbrief.
Was ist das?
Der Clemensbrief ist ein - nach der allgemeinen Forschermeinung
- um 96 verfasstes Schreiben. Diesmal von der römischen Gemeindeleitung. Wir wissen
nicht genau, wer das ist. Aber die römische Christengemeinde schreibt an die Gemeinde
in Korinth, in Kleinasien, einen Brief. Dort war es zu Streitigkeiten gekommen. In
diesem langen Brief wird auch Petrus, und wird auch Paulus erwähnt. Ihr Martyrium
wird erwähnt, wiederum nicht mit der Ortsangabe. Dieser Brief ist in der Forschung
jetzt auch wieder durch diese neuere Diskussion umstritten. Es gibt also die Meinung,
dass dieser Brief später zu datieren sei, und so weiter und so fort…Ich halte mich
aber doch an die Mehrheitsmeinung und auch an die neueren Forschungen von Horacio
Lona, der einen ganzen Kommentar über diesen Brief geschrieben hat und der nach wie
vor davon ausgeht, dass dieser Brief noch Ende des ersten Jahrhunderts geschrieben
wurde. Damit ist er ein sehr starkes Zeugnis…
Ein starkes Zeugnis wofür?
Ja,
wofür eigentlich? Dafür, dass Petrus und Paulus in der römischen Gemeinde höchste
Autorität genießen, auch eben als Tote, weil sie das Martyrium erlitten haben. Da
nun dieser Brief in Rom geschrieben wurde, muss man sich nicht sonderlich wundern,
dass da jetzt nicht drinsteht: „…aber sie sind in Rom gestorben.“ Weil das ja offensichtlich
genau die Autorität von Petrus und Paulus ausmacht, und der römischen Gemeinde ausmacht,
dass sie diese Apostelgräber besitzt und damit argumentiert und ihre Autorität untermauert,
die sie gegenüber der korinthischen Gemeinde ausübt und eben sagt: „Wir berufen uns
auf Petrus und Paulus und wir empfehlen sie als Vorbild für christliches Leben, weil
sie eben geduldig waren, weil sie das Martyrium erlitten haben..“ und offensichtlich
in Rom.
Herr Professor Heid, ab wann ist stichhaltig und einwandfrei eine
Verehrung des Petrusgrabes mit archäologischen Mitteln nachzuweisen?
Da
gibt es auch den Konsens der Forschungsmeinung, der sehr einhellig ist. Der sagt,
wir haben archäologisch das anzunehmende Petrusgrab um 160 nach Christus. Das wäre
also 50 Jahre nach dem Ignatiusbrief, nach meiner Meinung eben dem ersten literarischen
Hinweis auf die Apostelgräber; wir haben für das Petrusgrab, aufgrund einer Münze,
den archäologischen Hinweis auf das Jahr 160. Dieses Grab, das sich unter dem Hauptaltar
von St. Peter befindet, dieses mutmaßliche Petrusgrab, wird dann wiederum literarisch
bezeugt um 200, in dem sogenannten Gaius-Text. Das ist auch nur wieder wenige Jahrzehnte
später, sodass wir mit der größten Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, dass
die architektonische Struktur unter dem Hauptaltar von St. Peter in Rom tatsächlich
das Petrusgrab ist. Oder, anders formuliert, tatsächlich jener Ort ist, der bereits
in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts als das Petrusgrab verehrt wurde. Wir
kommen also mit Sicherheit in die zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts. Mit dem
Ignatiusbrief kommen wir sogar in die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts und da
sind wir ja fast schon eine Generation nach dem Martyrium des Petrus.
Das
wäre dann tatsächlich eine außerordentlich dichte Belegfolge.
Das führt
mich eben auch zu der Meinung, dass wir beim Petrusgrab von einem der bestbezeugten
frühchristlichen Denkmäler überhaupt ausgehen können. Das berührt jedoch nicht die
Frage der Gebeine, der Authentizität der Gebeine. Das ist eine viel zu komplexe Frage.
Die ist davon nicht berührt. Es ist für mich, als Historiker oder auch als Archäologe,
wenn man so will, nicht so wichtig, weil für mich die Erkenntnis entscheidend ist,
dass für die antike Verehrung das Grab entscheidend ist. Das Grab setzt natürlich,
nach der damaligen Praxis, die Gebeine voraus. Das reicht für mich. Das ist für mich
entscheidend. Wenn wir ein Grab haben im zweiten Jahrhundert, dann waren nach der
damaligen Überzeugung auch die Gebeine des Petrus drin. Ohne diese Gebeine hätte,
wie ich schon gesagt habe, eine Verehrung des Petrus nicht eingesetzt, nicht so früh
eingesetzt, erst später. Vielleicht im dritten Jahrhundert. Aber nicht schon im zweiten
oder ersten Jahrhundert. Insofern spielen die Gebeine des Petrus historisch eine entscheidende
Rolle im Zusammenhang des Grabes. Aber die Frage der physischen Knochen, die wir an
der Petrus-Memoria haben, diese Frage ist davon nicht sofort berührt.
Nach
allgemeiner Einschätzung, und darüber gibt es auch Konsens, hat Petrus in Rom, wenn
er da das Martyrium erlitten hat, es entweder 64 oder 67 erlitten. Fassen wir zusammen:
Eine Generation später kann man dann die Verehrung des Petrusgrabes mit literarischen
Zeugnissen nachweisen. Ist es hypothetisch denkbar, dass es das Petrusgrab zwar seit
64 bzw. 67 physisch gab, aber die Verehrung trotzdem erst später einsetzte?
Eine
sehr hilfreiche Frage, weil man sie eigentlich schon direkt beantworten kann, in dem
Sinne: Das hat es nie gegeben, in der gesamten Menschheitsgeschichte, dass ein Grab
da ist und dann irgendwann später beginnt man es zu verehren. Es ist in jedem Fall
in der römischen Antike, in der römischen Kultur, und nur darum geht es bei Petrus,
undenkbar, dass man irgendeine Person, ob sie wichtig war oder unwichtig, beerdigt,
dann vergisst, und dann plötzlich wieder auf die Idee kommt diese Person zu verehren.
Das ist ja auch ganz unlogisch, widerspricht jeder Psychologie: Wenn ich jemanden
ins Grab lege, den ich noch kenne, dann fängt ja die Memoria, die Erinnerungskultur
sofort an. Wir haben nun im Totenkult, im Gräberkult, den hervorragenden Fall, dass
alle Bedingungen erfüllt sind, dass eine Erinnerung auch erhalten blieb. In der Antike,
in der Gesellschaft der mündlichen Kultur, haben wir ein Grab. Die römische antike
Kultur hat die Gräber immer als physischen Referenzpunkt der Erinnerung genommen.
Man ging dort hin, rief den Namen an. Schon die alten Römer haben dann die Heldentaten
ihrer Ahnen am Grab repetiert. Jedes Jahr dieselbe Geschichte. Immer wieder, was ihre
Ahnen großartiges geleistet haben. Für Rom, für das Weltreich, und so weiter und so
fort. Die Christen haben es doch genauso gemacht. Die sind zu den Apostelgräbern gegangen
und sie haben immer wieder memoriert, immer wieder ins Gedächtnis zurückgeholt: Was
haben die Apostel gemacht, was bedeuten sie für uns? Diese jährliche Praxis der Erinnerung,
die war möglich, weil man einen physischen Referenzpunkt hatte. Das heißt das Grab
ist geradezu der klassische Fall, dass sich Erinnerung erhalten konnte. Aber eben
nicht in schriftlicher Form. Weil man ja nicht ans Grab ging, um da irgendwelche Texte
vorzulesen. Man wusste ja alles. Der Bischof in Person kam dort hin. Er, als der Nachfolger
des Apostels garantierte die Authentizität dieses Grabes. Die Leute in der Antike
haben doch nicht gesagt: „Du liegst falsch, das Grab muss irgendwo ganz woanders liegen!
Da ist ja gar kein Beweis dafür, welcher Text sagt uns das denn? Im neuen Testament
steht doch gar nichts!“
So denken wir heute, aber so dachten sicher nicht
- sagen Sie - die Christen, die damals am Grab standen.
Insofern ist das
für mich wieder mal so eine typisch akademische Schnapsidee zu behaupten „ ja, man
hat den Petrus irgendwo begraben. Und dann hat man das erstmal auf sich beruhen lassen,
weil die theologischen Fragestellungen des ersten Jahrhunderts, die haben eigentlich
gar nicht erfordert, dass man sich mit dem Grab beschäftigt. Da kam man erst im zweiten,
dritten Jahrhundert drauf, wegen theologischer Überlegung. Und da hat man dann gesagt
´Ach ja, wir hatten da ja noch so ein Petrusgrab. Gehen wir doch da jetzt hin und
verehren das ab jetzt.´
Nun gibt es ja auch das immer wieder vorgebrachte
Argument der Naherwartung. Es besagt, die Christen lebten mit der Vorstellung, der
Herr würde quasi schon heute Abend wieder zurückkommen, da brauche man nicht noch
groß beispielsweise die Märtyrergräber verehren.
Das ist eine völlig absurde
Vorstellung, wenn man sagt, die Christen haben nicht mehr ihre Betten gemacht und
ihre Schränke geordnet, weil die gesagt haben: Ja, das brauchen wir nicht mehr, weil
Christus kommt ja gleich! Wir brauchen auch keine Gräberverehrung, lassen wir den
Petrus irgendwo liegen. Christus kommt ja sofort jetzt.“ In Wirklichkeit ist genau
das Gegenteil der Fall gewesen. Und das ist in Texten belegt. Die frühen Christen
haben gesagt: „Wenn Christus kommt, kommt er als allererstes zu den Märtyrergräbern.“
Das heißt die Naherwartung, dass Christus sehr bald wiederkommt, hat die Gläubigen
ja geradezu zu den Gräbern der Märtyrer getrieben und das war ja der Grund, weshalb
sie dort beerdigt werden wollten, in der Nähe der Märtyrergräber. Weil sie wussten,
Christus kommt als erstes dort hin. Er ist der erste Märtyrer und wenn er wieder kommt,
wird er zuerst zu seinen Kollegen kommen, zu den Märtyrergräbern. Und wird sie auferwecken.
Und alle, die in diesem Umkreis liegen, wird er mit auferwecken. Das heißt, wer die
Gräber der Märtyrer verehrt, wer womöglich sogar dort bestattet ist, hat die größten
Hoffnungen auf die Auferstehung. Und somit ist das Argument mit der Naherwartung ein
Schuss ins Knie. Diese Naherwartung beweist geradezu eine extrem frühe Märtyrerverehrung,
weil man die Hoffnung auf die Wiederkunft Christi mit den Märtyrergräbern verband.
Wann
hat sich die Vorstellung herausgebildet, dass der Bischof von Rom einen Primat habe
über alle anderen Bischöfe?
Diese Primatsfrage hat sich im zweiten Jahrhundert
immer weiter etabliert. Man kann sie eigentlich auch schon an dem schon erwähnten
ersten Clemensbrief ablesen. Das ist eine Entwicklung, die tatsächlich entscheidend
daran liegt, dass in Rom zwei Apostelgräber sind. Schon Irenäus von Lyon in Gallien
hat in seinem bedeutenden Werk „Adversus Haereses“ um 200 herum die ganze Argumentation
auf den Tisch gelegt und gesagt: „Unser Glaube ist apostolischer Glaube. Wir haben
die Apostelgründungen in Alexandria, in Antiochia und anderweitig in Kleinasien und
in Rom. Aber Rom hat zwei Apostel. Petrus und Paulus.“ Und dann sagt Irenäus eben
„wir sind der Urmeter“ – wenn man so will – „der Rechtgläubigkeit. Wir sind der Maßstab
der Rechtgläubigkeit, weil wir zwei Apostel haben.“ Nicht irgendwelche Potenz-, Machtgelüste
der Päpste spielen da eine Rolle, sondern tatsächlich das Argument der Doppelapostolizität.
Nicht dass die Römer einen besseren Glauben hätten, einen richtigeren Glauben hätten.
Aber weil sie sozusagen doppelt genäht sind, mit zwei Aposteln, sind sie der Urmeter
des Glaubens. Das sagt Irenäus in anderen Worten natürlich. Alle anderen Kirchen der
Ökumene vergleichen ihren Glauben mit dem von Rom und gleichen ihn daran ab. Nicht
weil Rom besser ist, sondern weil wir da eine größere Sicherheit haben aufgrund der
doppelten Apostolizität. Und das ist eine Argumentation, die um 200 ganz klar vorgetragen
wird und die dann in der Folge natürlich hinführt zu der Primatslehre und so weiter
und so fort durch die Jahrhunderte hindurch.
Wenn heute von mancherlei
Seite infrage gestellt wird, dass das Petrusgrab da unten ist, muss man sich natürlich
auch den Kopf darüber zerbrechen „wenn er nicht da unten ist, wo ist er denn sonst?“
Hat denn im Lauf der Geschichte irgendeine andere Gemeinde das Grab des Petrus für
sich beansprucht?
Im Laufe der Geschichte nie. Das ist ein großes Argument
dafür, dass tatsächlich am Grab des Petrus in Rom nie gezweifelt wurde. Der Zweifel,
dass Petrus irgendwo anderweitig beerdigt worden sei, oder die Behauptung, ist erst
in der Neuzeit von Akademikern, also reinen Schreibtischtätern aufgestellt worden,
die dann sagen „ja, Petrus könnte doch in Jerusalem gestorben sein, dort könnte sein
Grab sein.“ Fakt ist tatsächlich, dass in der Antike, im Mittelalter bis in die Neuzeit
hinein weder Jerusalem, noch Korinth, noch Antiochia jemals behauptet haben, das Petrusgrab
zu besitzen.
Herr Professor Heid, Sie sind davon überzeugt, dass das Petrusgrab
da unten ist. Angenommen, Sie würden aufgrund Ihrer Forschung zu dem Schluss kommen,
dass Sie sich nicht mehr so sicher sind. Wie sehr dürfen Sie das als Priester und
Gelehrter?
Als Priester und Gelehrter darf man Fragen stellen und muss
man Fragen stellen. Ich neige dazu, je radikaler gewisse Fragen gestellt werden, umso
mehr macht es auch mir Spaß manchmal die Zweifel zu widerlegen und tiefer zu graben.
Also auch diese ganz rezenten Behauptungen, Petrus sei nie in Rom gewesen, das hat
sehr geholfen, auch mir persönlich, die Texte sich jetzt wirklich nochmals auch im
Original, im Griechischen und sonst wie anzusehen und wirklich der Sache auf die Spur
zu kommen, was es jetzt mit dem Petrusgrab auf sich hat. Das ist meine Aufgabe als
Forscher, als Priester. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass man die Existenz
des Petrusgrabes unter St. Peter, selbst wenn von den Wissenschaftlern die härtesten
Zweifel geäußert werden, nicht notwendig anzweifeln muss. Es wird nie eine Widerlegung
geben, das kann es auch methodisch nicht geben. Es wird nie ein Beweis erbracht werden
können, dass Petrus nicht in Rom gewesen sei. Die ganze Tradition spricht dafür, alle
Indizien der Texte und der Archäologie sprechen dafür. Ich kann mir beim besten Willen
nicht vorstellen, was denn jetzt für Argumente noch hergezaubert werden sollen, um
diesen überwältigenden Beleg für die römische Petrustradition zu widerlegen. (rv
08.02.2012 gs)